Um es gleich vorauszuschicken: Dieser Film ist gar nicht so übel! Der Trailer ist unglücklich geraten und lässt eine bloße Aneinanderreihung von Slapstick-Einlagen vermuten. Doch Überraschung: “Mr. Bean macht Ferien” ist als Roadmovie mit durchdachter Handlung und sehr sympathischen Charakteren angelegt. Die Gags erreichen zwar gelegentlich die Grenze zur Peinlichkeit, doch alles in allem ist dieser Film sehens- und liebenswert. Mr. Bean macht seine Sache gut!
Mr. Bean (Rowan Atkinson) gewinnt bei einer Verlosung seiner englischen Kirchengemeinde eine Reise ans Meer – in die Filmstadt Cannes. Sein Weg führt ihn über Paris. Da er auf trottelige Weise seinen Zug verpasst hat, vertreibt er sich die Wartezeit in einem Gourmet-Restaurant, in dem er sich mit Austern und Langusten herumschlagen muss. Mr. Bean dokumentiert – modern wie er ist – sein Abenteuer auf Video. Vor dem Zug nach Cannes bittet er einen Passagier, dies für ihn zu übernehmen, doch verlieren sie dabei so viel Zeit, dass nur noch Mr. Bean den Sprung auf den Zug schafft. Im Abteil ist das Geschrei groß: der Sohn des hilfsbereiten Menschen muss die Fahrt alleine antreten. Von nun an fühlt sich Mr. Bean für den jungen Russen Stepan (Max Baldry) verantwortlich. Trotz Sprachbarrieren klappt die Kommunikation recht gut.
Dummerweise hat Mr. Bean seinen Geldbeutel, die Fahrkarte und den Pass am Bahnsteig vergessen, so dass sie den Zug verlassen und irgendwo Geld auftreiben m
ssen. Als Straßentänzer inszenieren sie eine tragische Opernszene und werden mit viel Kleingeld belohnt. Als sie sich davon etwas zu essen und Busfahrkarten kaufen können, verliert Mr. Bean auch noch das Ticket. Er jagt ihm hinterher und lässt Stepan allein. Von hier an trennen sich ihre Wege vorerst. Mr. Bean findet sich am Filmset des selbstgefälligen Regisseurs Carson Clay (Willem Dafoe) wieder und wird von der französischen Schauspielerin Sabine (Emma de Caunes), die auf eine Filmpremiere eingeladen ist, im Mini nach Cannes mitgenommen. An einer Raststätte treffen sie Stepan wieder, der bei einer Musik-Band mitfahren konnte. Nun sind sie zu Dritt im Mini. Keiner spricht die Sprache des anderen und doch kommen sie endlich am Ziel an.
Sabine hat es eilig, denn sie möchte die Premiere des Films auf keinen Fall verpassen: sie hat auch eine Rolle darin. Mr. Bean und Stepan schmuggeln sich als Sabines Großmutter und Tochter hinter die Kulissen des Festivals. Der Film, der Sabine zum Star machen soll, ist von Regisseur Clay und einfach sterbenslangweilig. Als Sabines Szene gezeigt wird, ist sie enttäuscht, weil sie auf wenige Sekunden gekürzt wurde. Mr. Bean schließt sich deshalb im Vorführraum ein und lässt seine Videoaufnahmen mit Sabine über die Leinwand flimmern. Diese Bilder ergeben mit dem Off-Text des Clay-Films eine hübsche Kombination – und das Publikum ist vom Ergebnis begeistert. Clay, der sein Meisterwerk von Mr. Bean verpfuscht sieht, muss sich dem Beifall unterwerfen. Sabine bekommt großen Applaus. Stepans Vater, der als Beteiligter der Festspiele natürlich im Raum sitzt, findet seinen Sohn wieder. Und Mr. Bean? Der darf endlich ans Meer!
“Mr. Bean macht Ferien” ist überraschend sehenswert. Die Story hat Schwung und ist rund erzählt. Nicht alle Einfälle sind neu und originell, aber in dieser Mischung gekonnt. Je weiter die Story fortschreitet, desto seltener gibt es pure Klamauk-Szenen. Stattdessen setzt der Film hier auf Wendungen in der Handlung, die den Film vorantreiben und trotzdem Lacher einbringen. Atkinson trumpft mit den üblichen Gesten und der bekannten Mr. Bean-Mimik, die dem Zuschauer manchmal auch zuviel wird (irgendwann kommt einfach der Zeitpunkt, bei dem man sich fragt, warum sich dieser Mann so hässlich macht oder anders: weniger ist mehr), aber im Grunde ist es ja genau das, was der Zuschauer sich erwartet. Mr. Bean eben.
Mr. Bean erhält auf seiner Reise sehr sympathische Unterstützung durch die Figur des Stepan (ein wirklich süßer Bub) und der Sabine (ein neues, frisches Gesicht – einfach zauberhaft). Die Entwicklung der Männerfreundschaft ist das Beste am Film. Ein russischer Junge und ein erwachsener Engländer, die sich nicht verstehen und sich anfangs auch nicht leiden können, werden zu Freunden und gehen durch dick und dünn. Die Rolle der Sabine lockert die Geschichte auf und statt Eifersucht, verstehen sich Stepan und Sabine auf Anhieb (sie denkt, er sei der Sohn, er denkt, sie sei die Verlobte). Willem Dafoe spielt zwar nur am Rande, aber es ist ein Vergnügen ihm zuzusehen, wie er den selbstverliebten Künstler gibt: Er nimmt in seiner Nebenrolle die Filmszene durch und durch auf den Arm.
Mr. Bean ist die berühmteste Rolle des Schauspielers Rowan Atkinson und wurde durch die gleichnamige Fernsehserie der 1990er Jahre in Slapstick-Art bekannt. Vermutlich genießt Mr. Bean längst Kult-Status, auch wenn es in den letzten Jahren recht still um ihn geworden ist. “Mr. Bean macht Ferien” kann als Comeback betrachtet werden, ist es aber nur bedingt, da Rowan Atkinson kein weiteres Mal in diese Rolle schlüpfen möchte. Dieser Film kann mit einer Besucherzahl von rund 700.000 am Start-Wochenende in Deutschland zwar nicht an den Erfolg von 1997 mit “Mr. Bean - Der ultimative Katastrophenfilm” (rund 1,1 Mio. Zuschauer) anknüpfen, wäre aber dennoch ein guter und gelungener Abschied von Mr. Bean.