Anthony Stowe ist der harte Hund im Drogendezernat von New Orleans. Bei einem Undercover-Einsatz gegen den Gangsterboss Callahan kommen zwei Polizisten ums Leben und Stowe stürzt noch weiter ab, als er es ohnehin schon ist. Denn Stowe ermittelt nicht nur im Drogenmillieu, sondern ist selbst heroinsüchtig, säuft und ist auch sonst ein ziemliches Arschloch - er geht rabiat mit Verdächtigen um, er betrügt seine Frau und behandelt auch seine sonstigen Mitmenschen ziemlich mies. Eines Nachts fängt er sich von Callahans Männern eine Kugel im Kopf ein, die ihn fast umbringt. Doch Stowe überlebt, krempelt sein Leben um und will Callahan endgültig zur Strecke bringen - denn dieser war früher einmal sein Partner...
In den seeligen 80ern sprossen die B-Action-Movies aus dem Boden, mit ihnen die eigentümlichen Stars dieser Filme. Neben den üblichen Verdächtigen, die selten aus diesen Billigproduktion heraus kamen, unter ihnen Michael Dudikoff oder auch Chuck Norris, gab es doch ein paar Persönlichkeiten, die es tatsächlich in die A-Klasse oder zumindest gehobene B-Klasse schafften. Die drei großen dieser Zeit sind sicherlich Steven Seagal, der schwedische Riese Dolph Lundgren, sowie "Muscles from Brussels" Jean-Claude van Damme. Gemeinsam ist allen, dass sie in den 80ern durchaus Achtungserfolge für sich verbuchen konnten, dann jedoch untertauchten und in ziemlichen Billigproduktionen sich ihr Abendbrot verdienten. Doch wie so häufig zuletzt erleben auch
diese Helden ein Comeback! Seagal dreht einen miesen Ostblockklopper nach dem anderen (17 Filme seit Exit Wounds 2001!) und erreicht dabei immer wieder neue Untiefen: er spricht sich nichtmal mehr selber und lässt sich selbst in simpelsten Szenen doubeln. Dolph Lundgren dagegen steigert sich dem Vernehmen nach von Film zu Film, führt inzwischen selbst Regie und dreht wohl kleine, aber sehr feine Actionfilme. Van Damme selbst drehte lange Zeit üblen Mist (man erinnere sich mit Grausen an Derailed), stürzte auch persönlich ziemlich ab, doch filmisch fing er sich wieder: nach dem tollen Wake of Death folgt hier unter der Regie von Simon Fellows (der auch schon Second in Command mit ihm drehte) mit "Until Death" der neueste Erguss des Belgiers. Und was für einer!
Until Death präsentiert sich zu Beginn als harter Cop-Reisser, der von einer selten gesehenen Menschenfeindlichkeit geprägt ist. Hier hat jeder Dreck am Stecken, die Welt ist böse und gemein, und mittendrin unser Held, der jedoch kein Stückchen besser ist. Er schwärzt seine eigenen Kollegen beim Chef an, obwohl er öfters die Dienstvorschriften missachtet und von ihnen gedeckt wird, er kommt absichtlich zu spät zu einer Verabredung mit seiner Frau, und lässt eine Nutte sich von einer Anzeige freikaufen - sie übt ihr Gewerbe an ihm aus. Dementsprechend wird Stowe auch mehrere Male von allen Seiten als Arschloch bezeichnet, doch das scheint ihn absolut nicht zu stören. Immerhin ist er sich darüber bewusst, hat aber durchaus auch Erfolg mit seiner Attitüde. Neben dieser düsteren Thematik ist der Film auch sehr brutal. Die eisenharten Shootouts lassen das Blut richtig spritzen, und wenn die Schrotflinte zum Einsatz kommt wirds richtig rot. Inszeniert ist das ganze zu Beginn mit schönen Kameraspielereien, ohne jedoch in vordergründigen Inszenierungstricks zu ersaufen.
Kommen wir nun zu dem größten Problem des Films: der Film wird, bei aller Qualität die er vorweisen kann, Schwierigkeiten haben ein Publikum zu finden. Until Death ist quasi dreigeteilt. Das erste Drittel des Films erinnert in seiner Düsternis und Brutalität am ehesten an Running Scared, ohne jedoch dessen "Hochglanz-Dreck-Look" zu übernehmen, sondern kommt weitaus authentischer und weniger durchgestyled rüber. Natürlich ist die Inszenierung von dem noch recht unerfahrenen Regisseur Simon Fellows noch nicht perfekt, aber die Regie lenkt nicht so ab vom eigentlichen Geschehen wie bei Running Scared. Nach der fast-Hinrichtung von Stowe startet der Film in eine Art Reha-Phase. Der Zuschauer darf sich erholen, genauso wie die Figur Anthony Stowe, der sich so langsam wieder ins Leben zurückkämpft und sich zu einem besseren Menschen ändern möchte. Hier überwiegen immer wieder die dramatischen Elemente, auch wenn zwischendrin oft kurze Sequenzen eingeblendet werden, was Callahan gerade macht. Im letzten Drittel, nach der Genesung von Stowe, verliert sich der Film leider im B-Action-Genre. In Fabrikhallen folgt nun eine lange Actionsequenz, die leider nicht mehr so überzeugen kann wie im ersten Drittel. Woran das liegt vermag ich schwer zu sagen, aber vielleicht auch deshalb, da die Inszenierung irgendwie lahmer und dem Genre angemessener wirkt. Das Problem ist also, dass Fans von eher dramatischen Cop-"Studien" mit der brutalen Action ein Problem haben könnten, während sich Fans von B-Actionfilmen sich in den langsameren Parts wohl ziemlich langweilen werden.
Das beste an dem Film ist sicherlich, und das mag der geneigte Leser kaum glauben, Van Dammes schauspielerische Leistung! Klingt komisch, ist aber so. Im ersten Drittel markiert Van Damme den harten Hund, aber stolpert derart runtergekommen und abgefucked durch den Film, dass man es kaum glauben kann. Dicke Tränensäcke und zerzauste Haare zeugen von dem Absturz der Person Stowe, Van Damme trinkt, fixt und fickt sich - das mit mangelndem Erfolg, selbst dafür ist sich Van Damme nicht zu schade - durch eine Szene nach der anderen. Was sehr klischeehaft klingt, wird durch - man mag es wiederrum kaum glauben - Van Dammes superber Mimik sehr glaubwürdig. Und gerade in seinen gemeinsamen Szenen mit seiner Frau Valerie kann er mit subtilen Reaktionen ungemein überzeugen. Der Mann lernt, ähnlich wie Stallone, noch richtig zu schauspielern und allein für Until Death und Wake of Death muss man ihm eigentlich viel Erfolg und weiterhin gute Drehbücher wünschen. Der Mann kann was!
Sein Gegenpart wird von Stephen Rea gespielt, Oscar-nominiert für The Crying Game. Würde man nun denken, dass so ein schauspielerisches Schwergewicht einen Van Damme an die Wand spielen, ist man auf dem Holzweg, denn Rea ist ihm nicht überlegen. Leider ist hier die Synchronstimme etwas mit Schuld, aber selbst auf Englisch kann ich mir nicht vorstellen, dass er gegen Van Damme wirklich ankommt. Valerie, Stowes Frau, wird von Selina Giles dargestellt, die man aus V wie Vendetta kennen kann. Auch sie überzeugt, allerdings hat man bei der Rolle das Problem, warum sie überhaupt noch mit Stowe verheiratet ist. Regie führte eben Simon Fellows, der u.a. auch Blessed mit Heather Graham inszenierte.
Die DVD ist erneut eine Presse-DVD von e-m-s, deshalb die Logos und Timer im Bild. Synchro ist bis auf Stephen Reas Stimme gut, ansonsten gibt es nicht viel zu sagen, da es ja sowieso eine DVD ist, die man nie kaufen oder leihen kann. e-m-s hat die DVD freundlicherweise zur Verfügung gestellt, danke dafür!
Fazit: Until Death ist ein hervorragend gespieltes, düsteres Cop-Drama, dass Jean-Claude Van Damme auf dem Höhepunkt seiner Schauspielleistung zeigt. Daneben unterhält der Film mit seinen harten Shootouts und der Geschichte um den Cop Anthony Stowe, leider jedoch unter seiner Zerfahrenheit und der Unentschiedenheit bei den Genres. Eine etwas stringentere Dramaturgie, dazu der gute Vorsatz nicht zu viel zu wollen, und wir können uns auf einen wirklich tollen Film von Van Damme und Simon Fellows freuen. Die zwei zusammen können so einiges!