Gamera ist mal wieder verschwunden, und auch Legion wurde von der Erde vertrieben. Doch die Gyaos tauchen plötzlich wieder auf, diesmal in viel größerer Masse als je zuvor. Doch Gamera schläft nicht lange, sondern erwacht erneut und attackiert die Gyaos mitten in Shibuya. Die Japaner haben neben der Zerstörung auch tausende von Toten zu beklagen und Gamera soll ein für allemal zerstört werden. Gleichzeitig stößt ein junges Mädchen auf den Schrein von Ryuseicho, der ein seltsames Wesen birgt. Ihre Eltern starben 1995 beim Kampf von Gamera und Gyaos, und sie kennt nur ein Ziel: Rache an Gamera! Mit dem Wesen Iris hat Gamera neben den Gyaos einen neuen Feind...
Verantwortlich für die Gamera-Reihe zeichnen sich die japanischen Daiei Studios. Die Toho schuf mit ihrem "
Godzilla" einen Blockbuster, und natürlich wollten viele weitere Produktionsfirmen ein Stück vom Kuchen haben. Am meisten Erfolg mit Nachahmerproduktionen und Franchises hatte dann auch die "Daiei Motion Picture Company", oder kurz Daiei Studios. Daiei wurde schon 1942 gegründet, und erschuf einige der populärsten Franchises der japanischen Filmgeschichte, darunter Gamera, Daimajin und Zaitochi. Gamera stand in direkter Konkurrenz zu Godzilla, doch nach dem relativ straighten ersten Film, entwickelte sich die Serie zu einer Filmreihe für Kinder, in denen Gamera unterstützt mit lachhaft schlechten Effekten der Freund aller japanische
n Kinder wurde, eine Entwicklung, der sich auch Godzilla nicht komplett verschließen konnte. Mit Daimajin erschuf Daiei eine der vielleicht ungewöhnlichsten Kaiju Figuren überhaupt. Daimajin ist eine riesige Steinstatue in Form eines Samurais, und die Trilogie, die 1966 entstand und je ein Jahr später im Kino lief, spielt im mittelalterlichen Japan. Zaitochi wiederrum ist die Geschichte eines blinden Samurais, der ja zuletzt mit dem Film von Takeshi Kitano auch westlichen Zuschauern ein Begriff wurde. Daiei ging 1971 pleite, wurde jedoch neu aufgebaut und später gekauft, und firmiert heute offiziell unter dem Namen Kadokawa Herald Pictures, Inc.
"Gamera 3: Revenge of Iris" ist, soviel sei schonmal vorausschickend gesagt, ein absolut superber Film und darüber hinaus mit Sicherheit einer der besten Kaijus überhaupt, wenn nicht sogar der Beste! Erneut lässt sich Regisseur Shusuke Kaneko viel Zeit mit dem menschlichen Drama, und lässt Gamera erst nach 24 Minuten auftauchen, immerhin 6 Minuten früher als bei den beiden Vorgängern. Aber wie Gamera auftaucht! Normalerweise wird bei Kaijus vor Zerstörungsszenen das Szenario klar abgesteckt, die Gefahr etabliert und sich nähernd gezeigt. Doch Kaneko und sein Team gehen hier einen völlig anderen Weg, der den Ton des folgendes Geschehens klar und deutlich zeigt, und in seiner Wucht im Genre vielleicht unerreichbar ist. Mitten in zwischenmenschlichen Szenen nähern sich wie aus dem Nichts die Gyaos und auch Gamera taucht plötzlich auf. Was folgt ist eine Szenerie von Zerstörung und Chaos, wie es im Genre bisher nicht gekannt war. Dazu aber später mehr. Doch diese mächtige erste Monstersequenz setzt die Standards für das noch folgende Geschehen: "Gamera 3: Revenge of Iris" ist sehr düster, sehr brutal und spielt fast ausschliesslich bei Nacht und Regen. Der Film ist vielleicht einer der reifesten Kaijus überhaupt, wirkt eigentlich nie lächerlich, und ist definitiv nichts für Kinder. Und somit ist der Film auch eine unbedingte Empfehlung für alle, selbst für Leute, die sich bei Erwähnung von Gamera oder Godzilla kopfschüttelnd und lachend abwenden.
Neben Gamera und dem Wiederauftauchen der Gyaos führt der Film noch eine neue Bedrohung ein, die ich persönlich für eine der besten überhaupt im ganzen Genre halte: Iris. Iris ist unglaublich toll designt, und auch die Entstehung und das ganze Konzept dahinter ist für das komplette Kaijugenre absolut innovativ und tiefgründig.
Minor Spoilers ahead! Die junge Ayana erlebte 1995 mit, wie ihre Eltern und ihre Katze Iris im Kampf von Gamera und Gyaos umkamen. Natürlich hasst sie Gamera dafür, bis sie auf einen Schrein stößt, der ein seltsames Ei enthält. Der Schrein von Ryuseicho beinhaltet wahrscheinlich (die Theorie des Films bleibt in der Mystik verankert), den Wächter des Südens, einen Phoenix, während Gamera der Wächter des Nordens ist. Die Wächter sind jedoch untereinander verfeindet, so dass Ayana die seltsame Kreatur nach ihrer Katze nennt, und eine symbiotische Verbindung mit ihr eingeht, um Gamera endgültig zu vernichten. Dies unterscheidet also Iris von zahlreichen anderen Monstern: Iris dient nur der persönlichen Rache an Gamera, ohne der Menschheit an sich böses zu wollen. Dies führt auch dazu, dass die Monsterkämpfe weniger Aufhänger für eine Geschichte sind, wie in den Vorgängern, sondern dass die Monster tatsächlich wichtiger Teil der Geschichte sind. Über Gamera selbst erfahren wir, dass Gamera Mana verbraucht, die Kraft des Lebens auf der Erde. Daher setzt sie auch die mächtige Attacke aus dem letzten Film nur selten ein. Darüberhinaus zeigt man uns schon gleich zu Beginn einen Unterwasserfriedhof von vielen weiteren Gameras, so dass der Film die Brücke über alle drei Filme erfolgreich schlagen kann, und eine interessante Hintergrundmythologie für die ganze Trilogie etablieren kann.
Neben diesem innovativen Widersacher von Gamera, dessen Motive endlich mal völlig klar und realistisch sind, sorgt der Film auch noch in einem anderen Punkt für Realismus: die Gewalt. Wo "
Gamera: Guardian of the Universe" und "
Gamera 2: Advent of Legion" schon überraschend unbarmherzig mit den Monstern umgesprungen sind, legt Gamera 3 noch einmal eine Schippe drauf. Nicht nur Gamera und Iris schenken sich nichts und lassen so manchen Körperteile auf der Strecke, auch die Menschen werden diesmal nicht verschont. Durch die plötzliche Attacke auf Shibuya löst das kreative Team hinter dem Film einen interessanten Mechanismus beim Zuschauer aus. Monster-Mayhem in Tokyo ist plötzlich nicht mehr cool und man freut sich nicht mehr unbändig über kaputt gegangene Modellhäuser, sondern hier herrschen wirklich Gewalt, Tod, Zerstörung und Chaos vor. Menschen werden von den Explosion in die Luft geschleudert, erschlagen und zertrampelt, und wenn die Nachrichten dann am nächsten Tag von knapp 20.000 Toten sprechen, ist es mit dem Spaß endgültig vorbei. Unterstützt wird das Ganze noch von der gelungenen Kameraarbeit, die uns gerade in den Monsterszenen immer wieder auf das Augenlevel von Menschen bringt, und nicht etwa, wie es sonst in solchen Filmen üblich ist, als unbeteiligter Beobachter das Geschehen zeigt. Hier wird szenenweise auf Cloverfield vorgegriffen und dem Kreaturen eine Mächtigkeit und Gewalt verpasst, dass es wirklich einschüchtert und fesselt. Schlicht und ergreifend: Großartig!
Zu Bemängeln gibt es diesmal eigentlich sehr wenig. Die Spezialeffekte sind besser den je und müssen sich auch hinter keine Hollywood-Produktion verstecken. Und immerhin, wir reden von einem japanischen Monsterfilm aus dem Jahre 1999! Higuchi und sein Team setzen in den Monsterszenen auf klassische Man-in-Suit Modelle, und überzeugen mit absolut detaillierten Modellen. Der Showdown ist dann erneut eine neue Idee, während im ersten Teil in einer Stadt und Ölraffinierie gekämpft wurde, im zweiten Teil in einer eher ländlichen Gegend die Entscheidung ausgetragen wurde, präsentiert uns Gamera 3 tatsächlich das Innere eines Gebäudes als Arena, namentlich der Bahnhof von Kyoto. Und das funktioniert! Die Shibuyaszene ist wie gesagt vielleicht die beste Szene des Genres, und auch die Flugszenen können endlich restlos überzeugen, da Higuchi und sein Team hier auf perfekte CGI zurückgreifen konnten. Wenn man sich einen Luftkampf von zwei F15, Iris und Gamera mit der Technik des ersten Films vorstellt, dann schüttelts einen, aber hier überzeugt das Ergebnis auf ganzer Linie. Überhaupt gelingen dem Team sehr viele tolle Bilder. Ein bisschen Kritik kann man eventuell wieder beim Drehbuch anbringen, da so manche Figur überflüssig oder fragwürdig ist. Die Rolle des Pärchens Kurata Shin'ya und Asakura Mito ist mir nicht ganz klar geworden, und auch die Entwicklung von Iris geht vielleicht einen Tick zu rasant. Aber das sind Details die den Genuss dieses Films nicht weiter stören. Die restlichen Menschen integrieren sich gut in den Film, und gerade das Drama um Ayana und ihre Familie kann regelrecht fesseln und berühren.
Ayana wird von Ai Maeda verkörpert. Zum Zeitpunkt des Films war sie gerade 16 Jahre alt, kann aber die Wut und den Schmerz überzeugend transportieren. Weitere Bekanntheit verdiente sie sich durch "
Battle Royale" und "Battle Royale 2", sowie auch durch "Azumi 2". Selbstverständlich hatte sie Cameos in weiteren Filmen von Shusuke Kaneko. Für die Spezialeffekte bei allen drei Teilen war Shinji Higuchi verantwortlich, der jetzt auch Regisseur ist und mit "Lorelei" und "The Sinking of Japan" zwei effektlastige Großproduktionen vorlegte. Er arbeitete auch schon bei Godzillafilmen mit und auch beim Donnie Yen Endzeit-Wuxia "The Princess Blade". Und, wenn man sich so manches Bild von Gamera 3 anschaut, ist es wenig verwunderlich, dass er auch seine Finger bei "Neon Genesis Evangelion" im Spiel hatte.
Auch dieser Film hat es natürlich/leider nicht in Deutschland auf DVD geschafft. Natürlich liegt er in der Trilogy-Box vor, und überzeugt mit gutem Bild, das gerade bei den vielen Dunkelheiten einen satten Schwarzwert bietet, und mit den orang-roten Flammen einen schönen Kontrast zustande bringt. Die Snychro ist diesmal professionell gelungen, und auch Extras gibt es wieder reichlich. Zum einen natürlich kleinere Bonusgeschichten wie Behind-the-Scenes etc, sowie das letzte Drittel des Interviews mit Shinji Higuchi. Größter Gag der DVD ist aber der Audiokommentar, der weder von den Produzenten, noch den Regisseuren oder der Effektcrew gesprochen wird, sondern die Monster themselves kommentieren das Geschehen auf dem Bildschirm - und wecken damit auch wohlige Erinnerungen an selige MST3K-Zeiten.
Fazit: "Gamera 3: Revenge of Iris" ist nicht nur einer der besten Kaijus überhaupt, sonder darüber hinaus auch noch ein ausserordentlich gelungener Film für jedermann über 16 Jahren. Perfekte Spezialeffekte paaren sich mit einer packenden Geschichte um Rache und Vergebung, wodurch sich wieder die Frage aufwirft, warum so viel Mist in Deutschland veröffentlich wird, aber gerade so etwas nicht.