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Country Strong

Country Strong

Ein Film von Shana Feste

Schon mehrfach wurde die Filmwelt Zeuge von Darstellungen über Persönlichkeiten, welcher Form auch immer. Es geht gern um Maler („Klimt“ [2006], „Mein Mann Picasso“ [1996]), Präsidenten („JFK – Tatort Dallas“ [1999], „Frost/Nixon“ [2009]) oder eben auch Musiker. Das fing an z.B. bei „Great Balls of Fire“ (1989), in dem Dennis Quaid Jerry Lee Lewis eine Leinwandverkörperung gab.
Dass Country-Musik nicht erst seit Johnny Cash allgemein akzeptiert ist, bewies z.B. schon Sissy Spacek in „Nashville Lady“ (1980), in dem sie die Country-Sängerin Loretta Lynn darstellte. Eine richtige Renaissance erlebte dieses Subgenre allerdings im Jahre 2005, als „Walk the Line“ von James Mangold in die Kinos kam und Publikum wie Kritiker gleichermaßen beeindruckte. Mangolds Film ist ganz klar ein Meisterwerk und zum absoluten Pflichtfilm machen ihn die darstellerischen und vor allem gesanglichen Leistungen der Hauptdarsteller Joaquin Phoenix und Reese Witherspoon, die für den Film sämtliche Songs auf tollem Niveau selbst sangen. Nicht umsonst war der Soundtrack des Films eins der meistverkauften Alben im Jahre 2005.

Natürlich muss es sich bei solchen musikalischen Filmproduktionen nicht immer um Anlehnungen an oder Darstellungen von realen Persönlichkeiten handeln, wie bereits Jeff Bridges in seiner Oscar-prämierten Rolle als abgehalfterter Country-Barde Bad Blake in „Crazy Heart“ (2009) bewies, dessen Figur zwar sicherlich an jem
anden angelehnt war, der aber kein reales Vorbild zu Grunde lag.
Ebenso verhält es sich mit Kelly Canter, dem fiktiven Star in Shana Festes („Zeit der Trauer“, 2009) Musikdrama „Country Strong“. Es handelt sich hierbei nicht um eine real existierende Person, obwohl Parallelen zu ähnlich lebenden Größen des Musikbusiness natürlich nicht zu übersehen sind.

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Country-Star Kelly Canter (Gwyneth Paltrow) hat ein Jahr in der Entzugsklinik verbracht, um von ihrer Alkoholsucht wegzukommen und ihre tief liegenden Probleme zu verarbeiten. Unterstützt wurde sie dabei vom dort arbeitenden Beau Hutton (Garrett Hedlund), ebenfalls ein Country-Sänger, der allerdings nicht auf Ruhm aus ist, sondern einfach nur darauf, Musik für Menschen zu machen, die sie auch hören wollen. Kellys Ehe mit ihrem Mann und Manager James (Country-Sänger Tim McGraw) beschränkt sich unglücklicherweise zum Großteil aufs Geschäft, für Zeit zu zweit bleibt da kein Raum mehr, weshalb Kelly Nähe beim gutmütigen, ehrlichen und aufrichtigen Beau sucht. Als sie aus der Klinik von James entgegen Beaus Rat herausgeholt wird, damit sie ihre neue Tour starten kann, besteht sie darauf, dass Beau mit seiner Band im Vorprogramm spielt. James jedoch hat bereits andere Pläne, da er die junge Chiles Stanton (Leighton Meester) bereits für das Vorprogramm auserkoren hat. Nachdem sich Beau und Chiles während eines Auftritts kennen lernen konnten, besteht Kelly weiterhin auf Beau als Vorband und so kommt es, dass alle zusammen auf Tour gehen. Problematisch wird das ganze Unterfangen, als sich langsam herausstellt, dass Kelly noch nicht wieder bereit für eine Tour ist. Es folgt ein katastrophaler Auftritt, den sie durch zu viele Tabletten vollkommen in den Sand setzt und der bereits kurz nach dem Vorprogramm und noch während Kellys erstem Song abgebrochen wird. Fortan wächst der Druck, denn sämtliche Geldgeber fangen an, sich zu weigern, zusätzlich wächst Kellys Eifersucht auf Chiles. Ganz nebenbei allerdings findet der gutmütige Beau zu seinem Glück…

Dass Gwyneth Paltrow singen kann, hat sie schon in einem anderen Film bewiesen. In „Trampaare – Duets“ (2000), den ihr Vater Bruce Paltrow inszenierte, gab sie eine Kostprobe ihrer gesanglichen Qualitäten, welche sie in „Country Strong“ dermaßen überzeugend zur Schau stellt, dass ihr im Anschluss an den Film einige Plattenverträge angeboten wurden.
In diesem Film begegnen wir einer Paltrow, die weit weg ist von ihrem Mädchen-Image, welches sie bisweilen pflegte. Ihre Darstellung im Film ist sehr glaubwürdig und wird nur noch übertroffen von ihren unglaublich guten Gesangsdarbietungen.
Die eigens für den Film von echten Country-Sängern geschriebenen Songs haben es wirklich in sich und stehen bereits existierenden Liedern in keiner Weise nach. Sei es nun Paltrows Titelsong „Country Strong“ oder aber auch die reinen Country-Songs, die Garrett Hedlund in seiner Rolle als Beau absolut großartig vorträgt, wirklich jeder Ton im Film sitzt, macht Spaß und lässt den Film neben seiner omnipräsenten Dramatik zu einem unglaublich schönen Erlebnis werden.

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Die Besetzung ist einer der großen Pluspunkte des Films. Neben Gwyneth Paltrow ist es aber vor allem Garrett Hedlund, der eine der größten Attraktionen des Films ist. Er spielt lebensecht, sympathisch, singt astrein und füllt seine Rolle mit so viel Leben und Echtheit, dass es ein Spaß ist, seinem Charakter Beau bei all seinen Tätigkeiten beizuwohnen. Sänger Tim McGraw, der mit Absicht in diesem Film nicht singen, sondern nur schauspielen wollte (obgleich er zusammen mit Gwyneth Paltrow einen Song aufnahm, der im Abspann gespielt wird), liefert ebenso eine überzeugende Leistung als James Canter ab, den er differenziert und professionell darstellt. Leighton Meester belächelt man anfangs noch, so ist ihre Rolle auch angelegt, aber mit fortschreitender Laufzeit mausert sich ihre Figur Chiles zum ernstzunehmenden Charakter.

All die guten Darsteller allerdings könnten kaum etwas gegen ein schlechtes Drehbuch ausrichten, welches „Country Strong“ glücklicherweise nicht besitzt. Es ist eine weitere Stärke des Films. Völlig im Gegensatz dazu, wie man es eventuell erwarten könnte, ist das Drehbuch nicht völlig auf den Charakter von Kelly fokussiert und lässt alles andere aus den Augen, sondern nutzt ihre Geschichte für die narrative Struktur, die zwar dem Hauptstrang folgt, allerdings nebenher auch gelungen Seitenwege einschlägt, um die Nebenrollen zu beleuchten. Keiner der vier Charaktere wird hier außen vor gelassen. Die Nebenrollen sind nicht nur super besetzt, sie werden auch vom Drehbuch, das ebenfalls Regisseurin Shana Feste verfasste, gebührend charakterisiert. Keine Rolle kommt zu kurz. Neben Kelly werden auch James, Chiles und vor allem Beau sehr genau portraitiert, wodurch es für den Zuschauer einerseits ein Leichtes ist, sich mit den Figuren anzufreunden und mit ihnen mitzufühlen. Andererseits kommt es so zu keinem Leerlauf in der Geschichte, denn durch diese hervorragende Ausarbeitung der Nebenfiguren, die wirklich toll mit Leben gefüllt wurden, ist der Zuschauer am Werdegang jedes einzelnen Charakters interessiert und ist nicht gelangweilt, wenn die Story sich mal eine Weile lang nicht um Kelly dreht.
Natürlich wird der ein oder andere dem Film klischeehafte Charaktere und Vorhersehbarkeit vorwerfen wollen, allerdings müsste man schon ein besonders penibler Erbsenzähler sein, um sich bei einem so schönen Film unbedingt Schwachpunkte herauszusuchen und diese so zu überbewerten. Lässt man sich einfach auf diesen Film ein, so ist die subjektive Empfehlung an dieser Stelle, KANN man eigentlich gar nichts falsch machen.

Natürlich ist bei einem solchen Film, wie bereits angesprochen, auch die Musik absolut wichtig und davon wird in „Country Strong“ wirklich sowohl qualitativ als auch quantitativ eine Menge geboten. Es ist eine Freude, die immer wieder im Film untergebrachten Live-Performances zu bewundern und sich von der Musik einwickeln zu lassen. Hier wurden keine Mühen gescheut: sämtliche Darsteller erhielten Gesangs- und Instrumentenunterricht und für die großen Auftritte in prall gefüllten Konzerthallen wurden ganze Auftritte choreographiert und allerlei technische Spielereien, wie riesige Bildschirmwände hinter den Musikern auf der Bühne, realisiert.

Lob verdient auch die Kameraführung bzw. die stilistische Ausrichtung des Film, denn auf ganz normale Art und Weisen werden Emotionen eingefangen und transportiert, ohne dass dazu auf stressige Stilmittel gesetzt werden musste, die den trotz der Dramatik überwiegend harmonischen Fluss des Films gestört hätten, wie z.B. Wackelkameras oder dergleichen. Der Film ist wunderschön, ruhig und auch ohne solche künstlerischen Spielereien, die in anderen Fällen zwar überzeugend sein können, hier allerdings nicht ins Konzept gepasst hätten, absolut effektiv. So ist es z.B. angenehm, dass einige Elemente wie z.B. der Moment bei Chiles erstem, unsicherem Auftritt in der reinen Country-Bar, nicht mit dem Holzhammer intensiviert wurden. Es ist wirklich eine reine Country-Bar, in der die Leute vom Land hingehen, um, wie Beau es später beschreibt, „einfach nur gute Musik zu hören, während sie ihr Bier trinken“. Da passt Beau mit seinem Arbeiterhemd, einer Jeans, ungezähmtem Bart und Cowboy-Hut wunderbar rein. Chiles allerdings trägt ein silbernes Kleid, welches an sich zwar hübsch ist, womit sie aber so gar nicht in dieses Country-Ambiente passt, sondern eher auf einem Ball oder einer Gala besser aufgehoben wäre, was absolut ihre noch vorhandenen Unsicherheiten in dieser Szene unterstreicht. In diesem Kleid wirkt sie dort so dermaßen unpassend, dass es wirklich offensichtlich ist und nicht noch einmal extra betont werden muss durch zusätzliche Kamerafahrten oder unnötig eingebaute Dialoge, die niemanden weitergebracht hätten. Ein Fakt, der auch im Bonusmaterial der Blu-Ray bzw. DVD Erwähnung findet.

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Nun ist natürlich nichts perfekt und jeder noch so gute Film kann irgendwo ein wenig kritisiert werden. Es ist allerdings keine reine Kritik, die man hier anbringen kann, es ist einfach eine Sache der Auslegung. Kelly ist eigentlich ein Wrack und bekommt nach der Reha nicht mehr viel auf die Reihe und trotzdem ist ihr im letzten Drittel des Films (hier sei allerdings gesagt, dass es nicht das Ende ist, hier wird also nicht gespoilert) ein gigantischer Auftritt gegönnt. Man mag sich hier darüber mokieren, dass dies z.B. mit Jeff Bridges’ Figur in „Crazy Heart“ anders gelöst wurde, denn diese erfährt auch am Ende, nach erneuten Höhenflügen und Abstürzen trotz Läuterung kein wirkliches Happy End. Damit sei nicht gesagt, dass „Country Strong“ ein reines solches bietet, allerdings haben wir das z.B. auch in genanntem Film sowie im eingangs erwähnten, ebenfalls hervorragenden „Walk the Line“ ein wenig differenzierter gesehen.

Wer sich daran allerdings wirklich stört, den kann man wahrscheinlich gar nicht glücklich machen in Leben. „Country Strong“ ist ein durchweg unterhaltsamer, überaus schöner, toll gespielter, überragend gesungener und mit sicherer Hand überzeugend inszenierter Film, der nicht nur stellenweise in den Musiksequenzen Highlights bietet, sondern durchsetzt ist mit schönen Szenen unterschiedlicher Ausrichtungen. So überzeugen die Szenen, in denen Star Kelly Canter am Boden ist, so wärmen die wunderschönen Gesangseinlagen die Seele, hier sei besonders das Duett von Chiles und Beau erwähnt, und so lassen die ausführlichen und erfreulicherweise wenig klischeehaften Charaktere ein uneingeschränktes Mitfiebern zu.

Um es kurz zu sagen: Ein kleiner, starker und herzerwärmender Film, nach dessen Ansehen man ein wenig glücklicher sein darf.

Eine Rezension von Sebastian Walther
(05. November 2011)
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Daten zum Film
Country Strong USA 2010
(Country Strong)
Regie Shana Feste Drehbuch Shana Feste
Produktion Sony Kamera John Bailey
Darsteller Gwyneth Paltrow, Tim McGraw, Garrett Hedlund, Leighton Meester
Länge 117 Minuten FSK 12
http://www.country-strong.de/index.html
Filmmusik Michael Brooke
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