Je t´aime moi non plus:
Aus dem Französischen übersetzt bedeutet das soviel wie „Ich liebe dich- Ich auch nicht.
Wohl jeder kennt das gleichnamige Lied, das Serge Gainsbourgh ursprünglich für Brigitte Bardot schrieb und das schließlich im Duett zusammen mit seiner damaligen Freundin Jane Birkin zum Welthit wurde.
Gainsbourg, der ua. einen zynischen Blick auf das seiner Ansicht nach viel zu häufig und leichtfertig geäußerte „Ich liebe dich“ werfen wollte, landete gleichzeitig einen handfesten Skandal.
Denn nicht nur der eindeutig - zweideutige „skandalöse“ Text auch das orgiastische Stöhnen von Jane Birkin erhitzten die Gemüter im Jahre 1969.
Als Songwriter regte der gute Serge also schon gewaltig auf.
Und ähnlich skandalträchtig ging er auch als avantgardistischer Regisseur vor.
Denn „Je t´aime…“ ist auch der Titel eines bewusst karg inszenierten Filmdramas mit Birkin und Joe Dallesandro aus dem Jahre 1976.
Dallesandro, Warholmuse und Darsteller in zahlreichen Kultstreifen spielte zB in den Warhol/Paul Morrissey Produktion „Flesh For Frankenstein“ und „Trash“.
Zur Story:
Krassky (Dallesandro) und Padovan sind schwule Müllwagenfahrer. Gemeinsam fahren sie durchs Land und gehen ihrer schmutzigen Arbeit nach. Als sie bei einem örtlichen Diner Rast machen, trifft Krassky auf die androgyne Johnny (Jane Birkin), die er zunächst sogar für einen Jungen hä
lt.
Krassky entwickelt trotz seiner sexuellen Orientierung starke Gefühle für das junge Mädchen.
Und auch die naiv wirkende Johnny, die in Krassky eine Chance auf den Ausstieg aus ihrer trostlosen, vom missmutigen und von ständiger Flatulenz geplagten Chef dominierten Welt sieht, verliebt sich Hals über Kopf.
Und das obwohl ihre Liebe eigentlich von Beginn an zum Scheitern verurteilt ist.
Padovan derweil ist rasend vor Eifersucht….
Gainsbourg drehte einen Film der ganz dem damaligen Trend des neuen,zügellosen französischen Kinos der 70er entsprach.
Tabulos, respektlos und mit Konventionen brechend-ähnlich wie sein Kollege Bertrand Blier, nur nicht so witzig.
Für Humor hat Gainsbourg bei seiner Chronik einer Amour Fou nämlich keinen Platz.
Der Film ist eine düstere Meditation über Gainsbourgs liebste Motive „Sex und Tod“ und die Verquickung von Erotik und Gewalt:
Als sich Krassky und Johnny bei einem Tanzabend näher kommen und eng umschlungen zu der Musik des Titel gebenden Stücks tanzen,wird Padovan brutal von einer Rockergang zusammengeschlagen.
Johnny liebt Krassky bis zur Selbstaufgabe und der fühlt sich inmitten seiner Welt aus Abfall scheinbar wohl.
Die im Film gezeigt Welt ist einfach ein trostloser Ort, der von bankrotten Gestalten bevölkert zu sein scheint.
Dazu passend geben sich ein auch ein paar Stars des französischen Kinos in skurrilen Gastrollen die Klinke in die Hand:
Gerard Depardieu in einem Part als Sodomist und Michel Blanc als Autostopper mit äußerst progressiver Frisur.
Als der Film in den Siebzigern herauskam stieß all dies auf wenig Gegenliebe.
Die teils drastisch - verstörenden Bilder sowie die im Film gezeigte Offenherzigkeit waren zuviel für die Kritiker und selbsternannten Moralapostel.
In Großbritannien bspw. landete der Film sogar auf dem Index.
Erwähnenswert ist auch der Soundtrack der zwischen einigen netten Bluesrock - Nummern, einem Banjostück und dem Titelsong in Instrumentalversion hin und her pendelt.
Endlich ist dieses Kleinod nun doch noch auf DVD erschienen und zwar in der Arthaus-Reihe - völlig uncut versteht sich
Klar, heutzutage mag der Film den Zuschauer weniger „schocken“ als dazumal, die teils verstörenden Bilder und wenig appetitlichen Einfälle Gainsbourgs verfehlen ihre Wirkung dennoch nicht.
Fazit: Kein einfacher Film- sondern sperrig und höchst eigenwillig. Exzentrisch wie sein Regisseur und trotz einiger Längen und der (bewusst gewählten) Handlungsarmut sehenswert. Sicherlich kein im eigentlichen Sinne unterhaltsamer Film,dennoch oder gerade deswegen stellt der Film einen kleinen Kultschatz dar, den es sich auch heute noch lohnt zu entdecken.
Credit und Copyright Coverfoto/Coverimage:
Kinowelt Arthaus
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