Eine ganz bestimmte Generation von Filmfreunden erinnert sich wohl heute noch ziemlich genau an die endlosen 80er- Videonächte, in denen man sich die blutrünstigen Eskapaden eines gewissen Jason Voorhees zu Gemüte führte, meist in recht großen Gruppen, in denen reichlich Alkohol floss. Jason, eine Gallionsfigur des Slasher- Genres wie Michael Myers aus “Halloween” oder Freddy Krueger aus “Nightmare on Elm Street”. Seinen Kultstatus verdankt der hünenhafte Schlächter mit der Eishockeymaske und der Machete allerdings den mittlerweile neun Sequels (das Crossover “Freddy Vs Jason” und das eben im Kino angelaufene Remake mal nicht mit eingerechnet) von “Freitag, der 13.”- nicht dem Original. Hier mordet nämlich noch nicht Jason selbst, sondern das gute Mutterherz. Nicht der einzige Punkt, in dem sich Teil eins von den mannigfaltigen Fortsetzungen unterscheidet. Auch in qualitativer Hinsicht stellt der Erstling einen Sonderstatus im “Friday”- Franchise dar. “Freitag, der 13., Teil 1” ist wohl der einzige Film der Reihe, den man nicht unbedingt als cineastischen Totalausfall bezeichnen muss. Zwar ist die kultische Verehrung, die dem Werk in einigen Fankreisen zukommt, unberechtigt, doch ein grundsolider Horrorthriller mit trashig- unterhaltsamen Einschüben und inszenatorischem Geschick ist Sean S. Cunningham anno 1980 allemal gelungen.
Eine überschaubare Gruppe von Teenagern (darunter auch der damals noch unbekannte Kevin Bacon) will
das Feriencamp Crystal Lake wieder herrichten. Dessen Besitzer Steve (Peter Brouwer) spricht zwar von einem Fluch, der auf dem Herbergsgelände liegen soll, doch das stört die feierfreudigen Jugendlichen wenig. Zumindest zunächst. Denn als die Teenies eine Weile im Camp verkehrt haben, geht plötzlich ein unbekannter Messermörder um, der einen nach dem anderen über die Klinge springen lässt. Angeblich soll hier vor elf Jahren ein kleiner Junge ertrunken sein, weil die Betreuer ihn unbeaufsichtigt gelassen hatten. Dies rächt sich jetzt bitter…
Vom Erfolg des John Carpenter- Klassikers “Halloween” angesteckt, machten sich Regisseur Sean S. Cunningham und Drehbuchautor Victor Miller Anfang der 80er Jahre auf, um das Teenie- Slasher- Genre, welches sich damals auf dem Höhepunkt seiner Existenz befand, auf eine neue Stufe zu hieven. “Freitag, der 13.” ist insofern einer der frühen, stilbildenden Vertreter dieser Filmgattung, als dass er spontan auf den Schlitzer- Zug aufsprang und es verstand, sich auf einträgliche Weise ein Stück des “Halloween”- Kuchens abzuschneiden. Das Konzept des gesichtslosen Killers, welcher seine Identität hinter einer emotionslosen Maske verbirgt, und junge Leute für ihre Unkeuschheit bestraft, war durch Männer wie Carpenter ein beliebtes Leitmotiv im Kino geworden. Die Menschen strömten in Massen in die Filme, dazu wurde das Interesse der Anhänger zusätzlich dadurch geschürt, dass die Zensur die ganzen Slasher- Epigonen zumeist mit Grimm strafte und sie nicht selten nur in arg verschnippelter Fassung auf den Markt ließ (Randnotiz: Teil drei und vier von “Freitag, der 13.” wurden vom Oberlandesgericht sogar beschlagnahmt!). “Friday the 13th” schraubte den Gewaltpegel erstmals in ungeahnte Höhen und hatte keine Scheu, genau da mit der Kamera draufzuhalten, wo Carpenter in “Halloween” den Horror der Phantasie des Zuschauers überließ. Diese ungenierte Herangehensweise von Cunningham ist in der Rückschau betrachtet mit Sicherheit einer der Hauptgründe für den durchschlagenden Erfolg der “Freitag”- Filme.
Doch ist der gute Ruf, den das Werk unter Hardcore- Puristen genoss und immer noch genießt, überhaupt künstlerisch nachvollziehbar? Die Antwort ist ein klares Nein. Wie im artverwandten Fall von Tobe Hoopers “Texas Chainsaw Massacre- Blutgericht in Texas” ist auch “Freitag, der 13.” ein klares Beispiel eines größtenteils medial aufgebauschten Mythos. Beim “Kettensägenmassaker” war die als grenzwertig angekündigte Brutalität für seinen kultigen Ruf verantwortlich, wobei viele den amateurhaften Look von Hoopers Streifen auch heute noch als besonders authentisch und umso verstörender hochloben. Bei “Freitag, der 13.” verhielt es sich ein wenig anders. Klar, der Gewaltfaktor hatte hier wie dort im Vorfeld für Aufsehen gesorgt, doch bei “TCM” war das- nebenbei bemerkt- ziemlich fragwürdig, da auf der Leinwand im Endeffekt nicht halb so viel zu sehen war wie angenommen und der Schrecken lediglich durch das laute Dröhnen der Motorsäge und die scheußlichen Angstschreie der Protagonisten ausgelöst wurde. Doch bei Cunninghams Werk kam noch das gesamte Brimborium um den Titel des Films hinzu. “Freitag, der 13.”, laut weit verbreitetem Aberglaube bekanntlich ein Unglückstag, schürte diesbezüglich natürlich gehörig die Diskussionen. Ähnlich wie beim “Candyman” beispielsweise, wo es als Mutprobe galt, sich vor den Spiegel zu stellen und fünf Mal seinen Namen auszusprechen. Solche Legendenspielchen sind für Fankulte selbstverständlich ein gefundenes Fressen.
Tatsächlich ist der erste “Freitag, der 13.” aber kein vollends missratenes Werk. Anders als bei den ganzen lachhaften Machetenstocher- Orgien der nächsten Filme, die sich immer neue Absurditäten einfallen ließen, um der Reihe einen Kick zu verleihen (ganz unterirdisch: “Jason Takes Manhattan”, der achte Teil der Reihe), kann man beim Original noch ein gesundes Maß an handwerklichem Können beobachten. Die Kamera agiert versiert und schafft mit ihrem leicht verwackelten Stil und ihren unheimlichen Zooms im Wald eine recht bedrohliche Stimmung. Dialoge und Grundgerüst der Handlung sind zwar auf einfachem Niveau, bestechen aber gerade durch ihre simple Struktur und können eines gewissen Trash- Reizes nicht entbehren. Die Mordszenen sind tatsächlich gut inszeniert und können teilweise auch heute noch schockieren. Dazu kommen die Auftritte von B- Movie- Stars wie Betsy Palmer oder Adrienne King, die den Unterhaltungswert weiter steigern- auch Kevin Bacon ist auf der Besetzungsliste vertreten, findet jedoch- Achtung, eine interessante Parallele- genauso den Tod im Bett wie Johnny Depp in dessen Rolle in “Nightmare on Elm Street”. In beiden Fällen geschieht das auf äußerst unappetitliche Art und Weise. Auch nett anzusehen sind diverse einzelne Aufnahmen wie etwa die Schlusssequenz auf dem Boot, mit der Cunningham erst den Grundstein für eine Fortsetzung legte.
Das alles macht “Freitag, der 13., den Ersten” zu einem für sich gesehen keineswegs schlechten Schlitzer- Horror, der aufgrund seines bedeutenden Standes in der Filmgeschichte auf jeden Fall ein mal angesehen werden kann, der zwar offensichtlich an mangelnden Ideen und einer nicht besonders spannenden Geschichte krankt, der aber immerhin konsequent düster gehalten ist und Genrefreunden den einen oder anderen Schmunzler ob seiner trashigen Einfachheit abringen wird, was nicht als negativer Kritikpunkt gemeint ist. Betrachtet man sich die dilettantischen Nachfolger mit ihren unfassbar dümmlichen und hirnrissigen Storys und ebensolchen Darstellern, geht das Original fast noch als gehobenes Grusel- Kino durch. Doch ob “Freitag, der 13.” nun ein Pflichttermin wie John Carpenters “Halloween” oder Wes Cravens “Scream” ist, muss ernsthaft angezweifelt werden…