Abteilung Action: Nachdem wir zuletzt ja von Selbstjustiz in Form von
Punisher: War Zone zu eher komödiantischem Trash von Meister Boll,
Far Cry, gewandert sind, machen wir mal so pi*Daumen an der Schnittstelle beider Filme weiter. „The Tournament“ steht auf dem Programm (welch Überraschung), der eine einigermaßen spannende Geschichte hinter sich hat. Schon bei dem ersten Erscheinen eines frühen Teasers sorgte er für überraschend viel Buzz bei den Fans im Internet, versprach er doch dicke Action, davon reichlich viel, und eine angemessene Geschichte zwischen
Battle Royale und Assassins, unterstützt von einem guten Genre-Cast und natürlich nicht zuletzt als europäische Produktion vielleicht ohne die abgerundeten Ecken eines hochbudgetierten Hollywood-Filmes. Action und Gewalt gibt es ganz wie beim Punisher reichlich, aber leider ist das Endergebnis auch mindestens so hohl wie der durchschnittliche Boll-Heuler; wirklich überzeugen kann „The Tournament“ gerade auf Storyseite nicht, und das bricht ihm überraschenderweise als Daueractionfilm dann auch das Genick.
„The Tournament“ lässt sich irgendwie als eine Art High-Concept-B-Movie einordnen: alle 7 Jahre findet auf der Welt ein Turnier statt, an dem die 30 besten Killer des Globus teilnehmen. Dazu werden sie mit Peil
sendern ausgestattet und in einer Stadt aufeinander gehetzt. Zu gewinnen gibt es neben Ruhm und Ehre noch 10 Millionen Dollar, und selbstverständlich dürfen zwielichtige Reiche sich an Wetten beteiligen und dem ganzen dank Kameras und sonstiger Überwachungstechnik auch noch live beiwohnen. Den letzten Wettbewerb in Brasilien gewann Joshua, der dieses Mal in Großbritannien wieder antritt: jemand ermordete seine Frau, und er möchte Rache an dem Killer nehmen. Ebenfalls dabei ist die chinesische Killerin Lai Lai Zhen, die neben den restlichen 29 Killern noch ein ganz anderes Problem an der Backe hat – ihr Gewissen. Sie trifft nämlich auf den versoffenen Pfarrer MacAvoy, der durch einen dummen Zufall den Peilsender eines Kandidaten verschluckt und nun nichtsahnender Teilnehmer des Tournaments ist. Als kleines Regeldetail bleiben den Teilnehmern dann auch nur 24 Stunden, um sämtliche Kontrahenten auszuschalten. Sonst explodieren alle Überlebenden; die Zeit läuft...
Klingt jetzt wieder viel komplizierter als es dann auch tatsächlich ist. Praktisch gesehen benutzt „The Tournament“ die Prämisse mit dem Killerturnier und ein Nichts von Backstory um ein Actionfeuerwerk zu zünden, dass für den B-Film, dem der Streifen nunmal zuzurechnen ist, wirklich beeindruckend ist. Zugute kommt Scott Manns Werk die Dreharbeiten im Ostblock. Gedreht wurde in Bulgarien, dass aber dank geschickter Tarnung ein akzeptables Double für England abgibt. Davon ungemein profitieren kann natürlich die Action: für die gerade mal knapp 3,6 Millionen Pfund, die die imdb angibt, lässt es der Film richtig krachen. Im Finale, eine lange Verfolgungsjagd mit einem roten Doppeldecker und einem Tanklaster (!) geht enorm viel zu Bruch, Autos fliegen dass es nur eine Freude ist, und alles darüberhinaus auch noch quasi ohne CGI Unterstützung. Auch die sonstige Action kann sich meistens sehen lassen; natürlich beherrschen Schießereien die Szenerie, aber auch Martial Arts Freunde werden bedient. Hierbei darf kein geringerer als Scott Adkins (
Iceman) die Fäuste schwingen. Allerdings nur gegen Kelly Hu; die Szene ist zwar nicht schlecht, aber das Potential Adkins wird relativ verheizt und einfach nicht genutzt, schaut man sich seine anderen Filme an.
Ankreiden würde ich auf Actionseite noch den Filmschnitt und die Kameraarbeit, auch wenn ich damit relativ alleine bin. Zur Kritik lag die deutsche SPIO/JK DVD von Ascot vor (vielen Dank für das Rezensionsexemplar!), die knapp 90 Sekunden an Federn lassen musste. Die Schnitte sind allerdings sehr gut gesetzt, von daher glaube ich nicht, dass der eigentliche Filmschnitt bei der ungeschnittenen Fassung runder ist. Mir persönlich war es manchmal zu hektisch und unübersichtlich (der lange Shootout in der Nacktbar sei hier angesprochen), und die Kamera wackelte mir dann doch eine Spur zu sehr. Schade. Allerdings erreicht die Wackelästhetik nie Hollywood-Dimensionen – im positiven Sinne hier, man erkennt zumindest meistens etwas. Angemessen ist die Härte: kein Wunder, wenn die SPIO Fassung schon geschnitten ist, darf natürlich auch blutig gestorben werden, oft mit Hilfe von CGI. Allerdings mag ich die Stimmung des Films nicht so recht greifen können: auf dem Papier und von der Gewalt her natürlich ein Comic par excellence, nur ist die Umsetzung ziemlich grimmig geraten. Diese absurde Prämisse noch mehr zu überzeichnen und schwarzen Humor einzubauen hätte dem Film meiner Meinung viel besser getan (und zumindest in bundesdeutschen Landen evtl. die Freigabe gerettet, siehe War Zone).
Das klingt nun soweit also alles gut. Nur leider ist das Drehbuch eine absolute Katastrophe, wie sie ein Boll nicht schlimmer hätte „erwischen“ können. Die Idee des Films geht soweit in Ordnung (auch wenn die Details sowas von absurd sind, dass larger-than-life noch untertrieben wäre), nur hakt es tatsächlich so sehr bei den Figuren, dass es mich wirklich gestört hat – selbst mit Hirn aus und Bier auf da war nicht alles im Grünen. Schon bald merkt Lai Lai, dass sich ein Kandidat den Sender herausgeschnitten hat. Wenn sie das schon weiß, und es kein Regelverstoss ist: warum macht sie das nicht auch? Warum fährt sie mit MacAvoy nicht ins Krankenhaus um die Sender loszuwerden? Warum verleiht das Drehbuch den Figuren einen Background, obwohl die meisten eh nur einmal auftauchen und abserviert werden? Und warum ist der Background beim zentralen Personal so unglaublich uninteressant? Da wird versucht ein gewisses Mitgefühl bei den Figuren zu erzeugen, was aber nicht funktioniert – kein Wunder, wie soll man mit einer Killerin mitfühlen, die ihr unschuldiges Opfer, und das war ihr bewusst!, trotzdem tötete. Da schmalzt es manchmal ganz gruselig, der Ausgang ist sowieso recht klar, und völliger Blödsinn ist dann die Tatsache, dass Scott Mann und sein Drehbuch ein huge Mystery um den Auftraggeber einbauen; na, wer wird das wohl sein?
Und völlig unglaubwürdig ist dann der nicht so ganz versteckte Subtext über den Überwachungswahn in Großbritannien. Mehr Holzhammer ging da auch kaum, vor allem weil der Film mit dem Gimmick der Überwachungskameras nicht wirklich etwas anzufangen weiß. Weniger wäre hier mehr gewesen, so wirkt es, als ob Regisseur Mann dem Film auf Biegen und Brechen noch einen Mehrwert und eine Tiefe geben wollte, die er aber schlicht und ergreifend nicht hat.
Was bleibt? Ein gut gemachter Actionfilm, mit netter (B-)Besetzung (Kelly Hu, Ving Rhames, Robert Carlyle) und gesunder Härte. Nur leider ist die Chose über weite Teile so uninspiriert erzählt (Achtung! Wir erklären die Regeln des Spiels und damit auch des Films! Aufwachen!), widerspricht sich manchmal innerhalb von Minuten munter selbst, und versucht abziehbildhafte Charaktere so aufzubauen, dass man mit ihnen mitfühlt – geht wie gesagt völlig in die Hose. Etwas mehr Humor und ein besseres Drehbuch hätten dem Film dann viel besser getan. Aber es ist dann doch schön, was die Briten mit wenig Geld für tolle Action auf den Bildschirm zaubern können. Vier Sterne. Tendenz nach oben, wenn man das Gehirn wirklich völlig ausschalten kann.
Ich konnte es nicht. Aber vielleicht hatte ich auch zu hohe Erwartungen, weil ich mich auf den Film wirklich gefreut hab.