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Die fantastische Welt von Oz

Die fantastische Welt von Oz

Ein Film von Sam Raimi


„You stood by me when other monkeys would have flown away.“


Drei Jahre ist es her, dass Tim Burton für Disney mit „Alice im Wunderland“ seine spezielle Version eines Quasi-Sequels zum gleichnamigen Kinderbuch- und Zeichentrickklassiker auf Film bannte. Oder war es vielleicht doch eher andersrum? Denn abgesehen von Burtons Dauerbesucher Johnny Depp und einigen wenigen Skurrilitäten, konnte der erfolgreiche Blockbuster damals wenig vorweisen, das an frühere Burton-Großtaten erinnern ließ. Der Einfluss des Mäusekonzerns war unübersehbar und der Film am Ende nur die farbenfrohe, weichgespülte Enttäuschung einer großartigen Vision, die trotz alledem weltweit 1 Milliarde US-Dollar einspielte.


Im Jahre 2013 bereiste Disney mit dem Wunderland Oz nun erneut altbekanntes Terrain. Jetziger Reiseführer jedoch: Sam Raimi, der zuerst die Teufel tanzen ließ, um dann allen Spinnenphobikern mit seiner Marvel-Krabbler-Trilogie („Spider-Man“ [2002], „Spider-Man 2“ [2004], „Spider-Man 3“ [2007]) gehörig einzuheizen. Und damals wie heute stand zu befürchten, dass es das unerwartete Prequel zum Klassiker
-Meisterwerk „Der Zauberer von Oz“ [1939] unter der Federführung des Comic-Giganten dem Burton-Vehikel gleichtun und allzu kindgerecht-harmlos geraten könnte. Trotz des sehr berühmten Namens hinter der Kamera. Doch insoweit sei bereits Entwarnung gegeben: Auch wenn sich sicherlich viele Parallelen zum „Alice“-Film ziehen lassen und die Altersfreigabe allzu familientauglich mit frei ab 6 Jahren lockt, ist „DIE FANTASTISCHE WELT VON OZ“ („Oz the Great and Powerful“) immer noch ein Stück weit Raimi. Sollen wir die Reise antreten?

Die fantastische Welt von OzDie fantastische Welt von OzDie fantastische Welt von Oz

Bitteschön: Ein eher mittelloser Zirkusmagier namens Oscar Diggs (James Franco), der sich bisher mit Illusionen und Taschenspielertricks mehr schlecht als recht über Wasser halten konnte, wird unversehens mittels eines gigantischen Wirbelsturms in das fabelhafte Land Oz transportiert. Dort hat die Magie, wie Oscar schließlich erkennen darf, einst ein glückliches Zuhause gefunden. Noch besser: Die Bewohner von Oz halten ihn aufgrund einer uralten Prophezeiung für einen wahren Zauberer, ihren Erlöser. Denn seit Längerem liegt der gewohnte Frieden in Oz im Argen. Ein wenig zu schnell springt Oscar, geblendet von Gold und immensen Reichtümern, auf den lukrativen Deal an, das Gleichgewicht wiederherzustellen, nicht ahnend, dass die bösen Mächte im Hintergrund bereits den nächsten Schritt planen. Zu allem Überfluss muss Oscar auch noch erkennen, dass Zaubertricks im Kampf gegen böse Hexen und fliegende Affen vielleicht nicht unbedingt großen Nutzwert besitzen. Oder doch...?

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Keine Frage: Auch der Rezensent war seinerzeit, als er Tim Burtons arg disney-fizierte „Alice im Wunderland“-Fassung sah, gelinde gesagt maßlos enttäuscht über die offensichtlich verschenkten Möglichkeiten des Großprojekts. Einfallsreichtum, Witz und der typische Verve eines Burton-Films blieben angesichts unzähliger (noch dazu schlechter) CGI-Effekte völlig auf der Strecke, und das zuckersüße Happy-End wollte erst recht nicht zum Meister der skurrilen Unterhaltung passen. Böse Erinnerungen an das überaus affige „Planet der Affen“-Reboot von 2001 wurden geweckt, bei dem Burton sich schon nicht ausleben durfte. Beziehungsweise: Er konnte sich nicht ausleben, erwies sich das Projekt doch jederzeit als die streng nach Schema F abgedrehte Auftragsarbeit, die sie dann am Ende auch sein sollte. Wenn ein Meister sich nicht entfalten kann, bleibt das Ergebnis eben medioker.


Umso erstaunlicher ist es da doch, dass Sam Raimi bei der Inszenierung seines ersten Disney-Abenteuers anscheinend von Anfang an mehr Freiraum eingeräumt wurde. Nicht anders ist es zu erklären, dass der Film für eine FSK 6-Freigabe dann doch überraschend düster geraten ist und sich vereinzelt gar einige Verweise auf Raimis frühere Arbeiten ausfindig machen lassen, die für ein junges Publikum ja nur bedingt geeignet sind. Das Wunderland, das hier präsentiert wird, ist natürlich nichtsdestotrotz immer noch zum größten Teil quietsch bunt und äußerst poppig ausgestaltet, und auch, wenn die Bilder ihre offensichtliche Herkunft aus dem Rechner niemals verhehlen können, so warten die Digitalkünstler um Sony Pictures Imageworks nach den Ausfällen im Burton-Wunderland endlich wieder mit einigen gelungenen Einstellungen und Animationen auf. Ein kleines, wundervoll zum Leben erwecktes Porzellanmädchen sei hier nur exemplarisch angeführt. Auch das vom ehemaligen „Scrubs“-Star Zach Braff vertonte fliegende Äffchen, das unseren ungewollten Helden Oscar auf dem Pfad zur eigenen Bestimmung begleitet, ist tricktechnisch mehr als solide umgesetzt und sorgt mehrfach für so manchen Schmunzler.


Ansonsten erinnert vieles zwar optisch an Tim Burtons Millardenerfolg, darüber hinaus kann Sam Raimi aber mit einer gesunden Portion Verspieltheit, sympathischen Darstellern mit im Grunde nur kleinen Schönheitsfehlern in der Figurenzeichnung und einer – wohlweislich im enggesteckten Rahmen des Möglichen gehaltenen – erwachseneren Geschichte als sein filmischer Konkurrent auftrumpfen. Ein Beispiel gefällig? Der Anfang des Films ist mehrere Minuten lang komplett schwarz-weiß und zudem im kinountypischen 4:3-Format gehalten. Erst mit Oscars Ankunft in Oz kehrt neben fantastischem Leben auch ordentlich Farbe in den Film ein, der sich von einem Moment auf den nächsten ins klassische, breitwandausfüllende 16:9-Format ausdehnt. Dies ist ein wirklich schöner Effekt, der zum einen gekonnt den Unterschied zwischen im Film gezeigter „Realität“ und der fantastischen Welt von Oz beschreibt, zum anderen gleichzeitig einen visionären Regisseur voll in seinem Element aufgehen lässt. Raimi ist hier mehr als nur einmal der Bildermagier, den man erwartet, und zaubert mit Unterstützung unzähliger Rechenmaschinen teils erstaunliche Bilderwelten vor die Kamera, die auch in 3D ihre Wirkung entfalten. Im Gegensatz zum „Alice“-Film wurde hier das Budget von angeblich über 200 Millionen US-Dollar an genau der richtigen Stelle investiert.

Die fantastische Welt von OzDie fantastische Welt von OzDie fantastische Welt von Oz

Auch die Darsteller scheinen ihren Spaß beim Dreh gehabt zu haben. So sind, ohne zu viel verraten zu wollen, Rachel Weisz („Die Mumie“ [1999]) und Mila Kunis („Black Swan“ [2010]) zwei wunderbar gecastete Hexen, deren unterschiedliche Figurenzeichnung durchaus als gelungen zu bezeichnen ist. Nicht anders verhält es sich bei Michelle Williams („Blue Valentine“ [2010]), die mit ihrer gewohnt zurückhaltenden Aura stets einen Hauch von Geheimnisvollem verbreitet und damit perfekt in die ihr zugedachte Rolle passt. Einzig James Francos („127 Hours“ [2011]) Wandlung innerhalb des Films ist nicht immer nachvollziehbar und wirkt an mancher Stelle doch arg sprunghaft. Aber sei's drum: Dies ist eben Oz, das Pendant zur Traumfabrik Hollywood, wenn man so will, in dem die Uhren halt ein wenig anders ticken. Von daher sollte man nicht zu hart mit dem kindgerechten Film ins Gericht gehen, bietet er doch fast ausnahmslos fantastische Unterhaltung, in der Logik genau genommen gar nicht so wichtig ist. Oder wann hat man zuletzt fliegende Affen gesehen? Erfreuen wir uns also einfach am digitalisierten Bilderreigen, der munter in allen nur erdenklichen Regenbogenfarben strahlt, dabei seine Charaktere aber niemals vergisst.


Fazit: Sam Raimis „DIE FANTASTISCHE WELT VON OZ“ ist trotz einiger Mängel in der Figurenzeichnung letztlich das, was Tim Burtons „Alice im Wunderland“ so gerne gewesen wäre: ein knackig-buntes, effektreiches Fantasy-Spektakel, das dennoch deutlich die individuelle Handschrift des Regisseurs erkennen lässt. Kurzum: solide Unterhaltung, an der sowohl die Kleinen wie auch Großen dank gelungener Genre-Zitate ihren Spaß haben sollten.


Cover & Szenenbilder: © 2012 Disney Enterprises, Inc. & © Disney Enterprises, Inc. All Rights Reserved.


Eine Rezension von Stefan Rackow
(22. März 2014)
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Daten zum Film
Die fantastische Welt von Oz USA 2013
(Oz the Great and Powerful)
Regie Sam Raimi Drehbuch Mitchell Kapner und David Lindsay-Abaire
Produktion Roth Films / Walt Disney Pictures Kamera Peter Deming
Darsteller James Franco, Mila Kunis, Michelle Williams, Rachel Weisz, Abigail Spencer, Zach Braff, Joey King, Tony Cox, Bill Cobbs, Bruce Campbell
Länge 128 Minuten FSK ab 6 Jahren
http://disney.go.com/thewizard/
Filmmusik Danny Elfman
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