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The Midnight Meat Train

The Midnight Meat Train

Ein Film von Ryuhei Kitamura

Komische Dinge passieren momentan in der Filmindustrie:
So kann es zum Beispiel vorkommen, dass eine Produktionsfirma einem ihrer „Babys“ absichtlich ein niedriges Einspielergebnis bescheren will. „Wie jetzt?! Das wär doch völliger Quatsch!“ werden jetzt die meisten Leser denken. Ist es auch – aber leider eine traurige Tatsache:

Im März 2007 begannen die Dreharbeiten zur Adaption der Kurzgeschichte „Der Mitternachts-Fleischzug“ von Clive Barker unter der Regie des Japaners Ryuhei Kitamura („Azumi“) – ein Projekt, auf das sowohl die Fans des britischen Horrorautoren, als auch die des innovativen Bilderstürmers aus Fernost mit großer Vorfreude gewartet haben.

Was ist nun also passiert? In jedem Detail werden das nur die Beteiligten wissen…Fakt ist aber, dass die verantwortliche Produktionsfirma „Lionsgate“ das 15 Millionen US-$ teure Werk nach Fertigstellung absichtlich in genau 100 „Billig-Kinos“ (Etwa 1 US-$ pro Karte!) verfrachtete und damit einen möglichen Erfolg im voraus sabotierte. Man muss ja schließlich kein Genie sein, um zu errechnen, wie viele Tickets unter diesen Konditionen verkauft werden müssten, um überhaupt die Entstehungskosten zu decken.

Scheinbar ist der neue Präsident von „Lionsgate“, mit Namen Joe Drake, kein großer Fan des F
ilms und hat sich sturerweise mal dazu entschlossen, „The Midnight Meat Train“ an den Kassen floppen zu lassen, um eigene Projekte eher ins Rampenlicht zu rücken. So wird die traurige Geschichte des Werkes zumindest von Insidern gedeutet.
Clive Barker, der nach wie vor voll hinter der Umsetzung seiner Story steht, sieht die Situation wieder etwas gelassener und kommentierte sie folgendermaßen:
„[…]People will find it, and whether they find it in midnight shows or they find it on DVD, they’ll find it, and in the end the Joe Drakes of the world will disappear.” Wie wahr.
The Midnight Meat TrainThe Midnight Meat TrainThe Midnight Meat Train
Denn „The Midnight Meat Train“, um jetzt auch mal endlich auf den Film selbst zu sprechen zu kommen, ist in der Tat ein außerordentlich guter Horrorschocker geworden, der sich mit Sicherheit bei normaler Vermarktung zu einem rentablen Erfolg entwickelt hätte.

Im Gegensatz zu anderen Barker-Verfilmungen wie „Hellraiser“ (1987) oder „Candymans Fluch“ (1992) gibt sich der Streifen trotz enormer Spannung nicht durchweg bierernst, sondern besitzt gerade während der harten Splatterszenen auch einige skurrile Einfälle (Ted Raimi hat z.B. einen Kurzauftritt!), die die düstere Story ein wenig auflockern – was jetzt aber nicht bedeuten soll, dass es sich hier um eine Horrorkomödie handelt!

Leon Kauffman (Bradley Cooper, „Unsichtbare Augen“) ist ein erfolgloser Fotograf aus New York City, der mit seinem Job ein klares Ziel vor Augen hat: Er will die riesige Stadt in Momentaufnahmen „einfangen“, so wie es noch niemand vor ihm getan hat!
Zum Glück ist da noch seine Freundin Maya (Leslie Bibb, „Iron Man“), die auch in schlechten Zeiten hinter ihm steht und mit ihrem Job als Kellnerin etwas Geld reinholt.
Denn leider verläuft auch das letzte Gespräch zwischen Leon und der Kunstausstellerin Susan Hoff (Brooke Shields, „Die blaue Lagune“) nicht so gut wie geplant: Sie zeigt sich von dessen bisheriger Arbeit nicht sonderlich beeindruckt und ermuntert ihn, ihr noch schonungslosere Fotos zu beschaffen, die das düstere Moloch besser porträtieren.

Eines Nachts beobachtet Leon in der U-Bahn einige Kids, die eine junge, schöne Frau bedrängen. Nachdem er Fotos gemacht und sich in das Geschehen eingeschaltet hat, verschwindet die Unbekannte vor den Augen ihres Retters in einem Zug.
Kurz darauf liest er in der Zeitung, dass es sich bei der Schönheit um ein Supermodel handelt, das seit jenem Vorfall als vermisst gilt.

Da die Polizei auch nach Vorlage der Fotos kein besonderes Engagement zeigt, verfolgt nun Leon selbst seine Spur – und stößt dabei auf einen mysteriösen Schlächter (Vinnie Jones, „Bullet-Tooth Tony“ aus Guy Ritchies „Snatch“) und dessen dunkles Geheimnis…

Kenner von Barkers Kurzgeschichte, die in dessen „Erstem Buch des Blutes“ enthalten ist, werden sich wahrscheinlich im Vorfeld schon gefragt haben, wie aus den gerade mal 50 Seiten ein abendfüllender Spielfilm entstehen konnte. Nun, natürlich ist der Film noch um einige Handlungsstränge aufgestockt worden, die in erster Linie der Entwicklung der Charaktere dienen. Tatsächlich sind diese Erweiterungen aber weder überflüssig noch langweilig, sondern bereichern das Werk mit einer zusätzlichen Tiefe sowie einigen spannenden Szenen.
The Midnight Meat TrainThe Midnight Meat TrainThe Midnight Meat Train
Abgesehen von möglichen inhaltlichen Veränderungen sind manche Fans des Autors besorgt gewesen, als sie den Namen des Regisseurs zum ersten Mal gelesen haben: Ryuhei Kitamura, der in seiner japanischen Heimat abgedrehte Crossover-Spektakel wie „Versus“ (2000) oder „Alive“ (2002) erschaffen hat, soll nun ausgerechnet diese packende und mysteriöse Short-Story adaptieren. Wie wird das wohl aussehen?! Kung Fu-Kämpfe in der U-Bahn? Mit Samurai-Schwertern zerteilte Körper? Nein, nichts von alledem!
Zwar hat es sich Kitamura nicht nehmen lassen, auch bei seiner ersten Arbeit in den USA zwei Kampfszenen mit einzubauen – allerdings ohne fernöstliche Handgriffe und mit einem offensichtlichen Augenzwinkern an seine Fans...so etwas ist sympathisch! -, hält sich aber sonst überraschend eng an die westliche Story.

Das Resultat kann somit als recht werkgetreue Verfilmung bezeichnet werden, die zwar einen geringeren Gruselfaktor als die Vorlage besitzt, dieses kleine Manko aber durch visuelle Eleganz, gut ausgearbeitete Figuren und ein hohes Maß an Spannung wieder ausbügelt.
Dabei gefallen vor allem die innovativen Kamera-Spielereien, die gelegentlich durch den Einsatz digitaler Effekte unterstützt werden.
Leider wird auch bei den Mordszenen ab und zu auf CGIs zurückgegriffen, was während der blutigen Einlagen aber zum Glück nicht wesentlich ins Gewicht fällt.

Splatterfans kommen zumindest ebenso auf ihre Kosten wie Barker-Jünger – und sogar weniger sanfte Gemüter unter den Mainstream-Kinogängern können ohne dabei seelische Schäden zu riskieren eine Fahrt im „Mitternachts-Fleischzug“ wagen!
Trotz der nicht gerade wenigen Gewaltszenen steht bei dem Film nämlich immer noch die Geschichte im Vordergrund, so dass die Brutalität nicht zur Haupt-Attraktion avanchiert.
Ein reines Schlachtfest würde ohnehin nicht ins mystische Clive Barker-Universum passen, das sich nie um irgendwelche eindimensionalen Psycho-Killer dreht, sondern stets einen Hauch Poesie selbst im gröbsten Gemetzel mitschwingen lässt.

So geht es bei „The Midnight Meat Train“ auch um einen Mann, der von seiner Besessenheit mitgerissen und an einem finsteren Ort in seiner Seele festgehalten wird. Bradley Cooper verleiht diesem Leon Kauffman ein sehr menschliches Gesicht und stellt dessen Charakterentwicklung authentisch dar. Aber auch Leslie Bibb als Leons aufopferungsvolle Freundin und Vinnie Jones als stiller Unhold sorgen mit ihren Performances dafür, dass die Zuschauer auch mit den Figuren mitfiebern können und sie nicht nur als potentielle Metzel-Opfer verkommen.
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Obwohl die Haltung der Produktionsfirma sowohl für Barker als auch für Kitamura sehr frustrierend gewesen sein muss, haben die Beiden dennoch eine gemeinsame künstlerische Basis gefunden und kündigen bereits weitere Projekte an.

Eine Rezension von Bastian G.
(26. August 2008)
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Daten zum Film
The Midnight Meat Train USA 2008
(The Midnight Meat Train)
Regie Ryuhei Kitamura Drehbuch Jeff Buhler, basierend auf der Kurzgeschichte "Der Mitternachts-Fleischzug" von Clive Barker
Produktion Lions Gate Films, Lakeshore Entertainment, Seraphim Films, GreeneStreet Films, Midnight Picture Show Kamera Jonathan Sela
Darsteller Bradley Cooper, Leslie Bibb, Vinnie Jones, Brooke Shields, Roger Bart, Peter Jacobson, Barbara Eve Harris, Tony Curran
Länge 85 min. FSK -
http://www.midnightmeattrainthemovie.com/
Filmmusik Johannes Kobilke & Robb Williamson
Der Film wurde im Rahmen des "Fantasy-Filmfests 2008" in der englischen OV vorgeführt!
Kommentare zu dieser Kritik
Shikantaza sagte am 14.01.2009 um 21:56 Uhr

Ich habe den Film auf dem Fantasy Film Fest gesehen und bin begeistert davon! Es ist eine Schande, daß dieses tolle Werk dermaßen verheizt wird. Über einen Release in Europa (weder Kino noch DVD) ist bis jetzt leider nichts bekannt. Ich finde, es ist neben "Hellraiser" (der erste Teil!) die beste Umsetzung eines Clive-Barker-Stoffes! Die Inszenierung ist super, die Geschichte nicht allzu sehr verändert, die Schauspieler und Schauspielerinnen sind gut und die Splatter- und Gore-Effekte derbe, aber nicht zu sehr im Vordergrund und sie dienen niemals einem Selbstzweck - hervorragender Film!
Shikantaza sagte am 14.01.2009 um 21:59 Uhr

Ich habe den Film auf dem Fantasy Film Fest gesehen und bin begeistert davon! Es ist eine Schande, daß dieses tolle Werk dermaßen verheizt wird. Über einen Release in Europa (weder Kino noch DVD) ist bis jetzt leider nichts bekannt. Ich finde, es ist neben "Hellraiser" (der erste Teil!) die beste Umsetzung eines Clive-Barker-Stoffes! Die Inszenierung ist super, die Geschichte nicht allzu sehr verändert, die Schauspieler und Schauspielerinnen sind gut und die Splatter- und Gore-Effekte derbe, aber nicht zu sehr im Vordergrund und sie dienen niemals einem Selbstzweck - hervorragender Film!
mücke sagte am 22.09.2009 um 09:32 Uhr

Super Film, viel Barker-Felling, viel Spannung, geile Story, welche sich nur teilweise offenbart und sehr viel Blut. Einige Szenen sind dermaßen brutal, dass es schon ins Groteske abgleitet. So schafft der Film es, auch in der dramatischten Situation noch ein ironisches Augenzwinkern zu vermitteln.

Ich bin sehr beeindruckt, auch wenn ich die ganze Zeit das Gefühl hatte, dass gleich der Pinhead (Hellraiser) um die Ecke schaut.
Spanish Jack sagte am 11.11.2009 um 16:26 Uhr

Kitamura hat gezeigt, wo der Hammer in diesem Fall ausnahms-
weise liegt und nicht hängt. Nämlich im Doktortäschchen von
Vinnie Jones. Ein sehr geiler Film, der mich völlig wegge-
blasen hat. Ich bezweifle allerdings, dass weniger sanfte
Mainstream-Kinogänger sich diesen Film überhaupt ansehen wür-
den, wirkt er doch den konventionellen Sehgewohnheiten sehr
entgegen. Definitiv nix für Pussies und auch nicht geeignet für einen romantischen Filmabend mit der Süßen. Trotz humoris-
tischer Brechungen weist der Film eine gnadenlose Endgültig-
keit auf, die ihn für Filmnormalos wahrscheinlich schwer er-
träglich macht. Eine der besten Clive Barker-Verfilmungen bis
dato.
julsop sagte am 16.12.2009 um 20:13 Uhr

Gute Gedanken - Schlechte Ausführung

Der Film beginnt mit einer aufschlussreichen Einleitung über die Hauptperson - Ihre fanatische Verfassung, ihr Verlangen alles zu wissen und auf Fotos festzuhalten. Bekommt jedoch, meiner Meinung nach spätestens als sich alles mehr und mehr aufgeklärt einen negativen Wendepunkt. Die Handlungen besonders Kämpfe wirken unrealistisch, übertrieben und schlecht dargestellt, was den ganzen Film kaputt macht. Blut fließt in so großen Mengen, dass allein jede Person an ihren Wunden verbluten würde. Auch die Hintergrundgeschichte wird zum Ende hin unpräzise, die damit verbundene Fazination geht verloren. Storry`s verlaufen ineinander, Handlungen brechen ab oder werden nicht weiter ausgeführt. Der Film enthält zwar Spannungskurven und eine Anfangs gute Geschichte, die leider abrupt abbricht und ineinander verzerrt. Es ist schade, dass manche Ideen nicht weiter ausgeführt wurden. Der Film wirkt auf mich, als hätte der Regisseur ohne Drehbuch einfach drauflos gedreht und dann plötzlich ist ihm aufgefallen "Oh - Schluss fehlt" - das ist eine harte, aber verdiente Kritik. Fragen nach einem Film sind gut, aber so viele Fragen sind schlecht...

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