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Gesandter des Grauens

Gesandter des Grauens

Ein Film von Roger Corman

Primitiv verfilmter Gruselunflug lächerlichsten Ausmaßes“, so rät die katholische Filmkritik wenig überraschend von Roger Cormans „Gesandter des Grauens“ aka „Not of this Earth“ nicht sonderlich schmeichelhaft ab. Dass Corman in diesem Werk – welches angeblich in nur 10 Tagen entstand – sein ganzes Können der Kategorie „Ich habe zwar kein Geld, aber einen tollen Streifen dreh ich trotzdem!“ unter Beweis stellt, ist ebenso selbstverständlich, wie dass wir uns den Film nach der dicken Empfehlung der katholischen Filmkritik selbstverfreilich mit dem größten Vergnügen anschauen! Vorhang auf zu „Corman and Friends“, mit Paul Birch in der Rolle seiner Lebens, und einem Streifen, der inzwischen schon ganze zwei offizielle Remakes bekommen hat!

Einem wahrlich ungewöhnlichen Fall sieht sich Dr. Rochelle in seiner Praxis gegenüber: der etwas seltsame Mr. Johnson spricht bei Schwester Nadine Storey vor, um eine Bluttransfusion zu bekommen – allerdings weigert er sich vehement, vorher sein Blut testen zu lassen, um etwa die Blutgruppe zu ermitteln. Nach einigem Hin und Her lässt Johnson sein Blut doch untersuchen, pflanzt aber Dr. Rochelle vorher telepathisch den Befehl ein, dass er mit niemandem darüber sprechen darf. Schließlich engagiert er noch Nadine für 200$ die Woche bei ihm und seinem Diener Jeremy einzuziehen und auf seine Gesundheit zu achten. Schnell werden zwei Dinge klar: die mysteriösen Mordfälle in der Gegen
d hängen mit dem seltsamen Herren hinter einer Sonnenbrille zusammen; und so richtig von unserer Welt scheint Mr. Johnson dann auch nicht zu sein...

Natürlich ist „Gesandter des Grauens“ einer von vielen Corman-Schnellschüssen der 50er Jahre. Allein ab 1955 (als er das erste Mal Regie führte) bis 1957 (das Jahr, in dem auch der vorliegende Film entstand) führte er sage und schreibe 17 Mal Regie! Das meiste davon waren Genrefilme knapper Laufzeit, die als Double-Features in die Autokinos kamen – so war „Gesandter des Grauens“ der Ergänzungsfilm zu „Attack of the Crab Monsters“, die mit dem Slogan „Terrorama! Double Horror Sensation!“ beworben wurden. Insofern ist das auch eine exzellente Vorführung des ökonomischen Filmemachens durch Sparfuchs Corman. Man nehme gute Darsteller aus der zweiten Reihe (günstig), bereits vorhandene Sets anderer Produktion (günstig), drehe schnell (günstig) und setze wenig auf Spezialeffekte bzw. nur solche, die man auch stemmen kann, nicht aufwändig sind und gut aussehen (günstig) – voilà, fertig ist ein Streifen für die Autokinos, der gut gemacht ist und aufgrund seiner günstigen Machart sicherlich Gewinn abwerfen wird. Klar, der Film ist nun im eigentlichen Sinne kein großes Kino, und selbst als Klassiker kann man ihn wohl nicht so richtig werden (da gibt’s auf dem Sektor einfach anderes), aber: selbst nach über 50 Jahren macht der Film noch jede Menge Spaß!

Schon in der ersten Szene macht der Film keinen großen Hehl daraus, dass mit Mr. Johnson etwas nicht stimmt, und zeigt ihn gleich bei einem Mord. Daher wird auch in dieser Kritik durchaus gespoilert, wer also nichts über die Handlung wissen möchte, möge nun das Lesen aufhören.
Paul Birch als Mr. Johnson stiehlt natürlich dem Rest des Casts die komplette Schau. Sein außerirdischer Vampir mit Hut und dunkler Sonnenbrille kann in seiner stoischen Ruhe wirklich auch heute noch beängstigend sein; gerade hier funktioniert die Figur am besten, wenn er gegen Ende etwas mehr Gas gibt, verliert er leider ziemlich an furchteinflößender Ausstrahlung. Interessant hierbei ist, dass der Herr nicht etwa „einfach so“ ein böses Alien ist, dass die Welt vernichten will, sondern um den Erhalt der eigenen Rasse kämpft und tatsächlich so etwas wie ein Versuchskaninchen darstellt; durch die Dialoge mit seinem Heimatplaneten erhält der Film noch auf geschickte Weise einen gewissen Scale der Dinge hinter dem Geschehen, ohne teure Spezialeffekte auffahren zu müssen. Dass es letztendlich auf die Unterjochung der Menschheit hinausläuft ist eine Sache; eine andere ist aber, dass unsere Helden schulterzuckend ebenso eine ganze Welt dem Untergang weihen, indem sie Johnson vernichten. Nett!

Übrigens sei hier auch angemerkt, dass das Finden der Verbindung von Johnson und der anderen Frau im letzten Drittel des Films – weil beide die gleiche Sonnenbrille tragen – mit „krude“ noch äußerst schmeichelhaft umschrieben wäre. Ebenso krude sind auch die Fähigkeiten, die Mr. Johnson hat oder eben auch nicht hat. Seine Fähigkeit, andere Menschen zu kontrollieren, scheint nur etwa nur manchmal gegeben zu sein; verwundert war ich aber, dass der Plotpoint mit den schrillen Geräuschen tatsächlich wichtig wurde, das hätte ich fast nicht erwartet. Auch was er da mit diesem fliegenden Vieh bezweckt (der einzige richtige Spezialeffekt, und der geht gleich in die Hose...), war mir nicht ganz ersichtlich. Und ebenso verwunderlich, aber im positiven Sinne überraschend, ist dann die eigentliche Hauptrolle der Guten! Nicht etwa Dr. Rochelle wird zum Leading Man und schwingt sich im letzten Drittel zum Retter der Menschheit auf, sondern der Kriminelle Jeremy und Krankenschwester Nadine sowie ihr Freund bei der Polizei sind die eigentlichen Helden. Das hätte ich nicht erwartet! In einer Nebenrolle darf übrigens Dick Miller (Das Vermächtnis des Professor Bondi) sein kurzes Leben als Staubsaugervertreter aushauchen.

Bei der Inszenierung und Regie herrscht gehobener Corman-Standard: der Streifen ist mit einem gewissen Verve gemacht, es passiert eigentlich immer was, und auch der Trashfaktor befindet sich regelmäßig in unterhaltsamen Leveln, ohne die ganze Sache der Lächerlichkeit preiszugeben. Überhaupt ist „Gesandter des Grauens“ äußerst geschickt gemacht, sei es in Inszenierung oder auch Ausstattung, so dass man ihm sein sehr niedriges Budget quasi nicht anmerkt. Einzig so mancher Speed-Up im Finale ist etwas unverständlich, aber was solls. Dass Corman auch mit typischen Low-Budget-Problemen zu kämpfen hatte, ist klar; deutlich weniger bekannt ist aber, dass er ein Problem hatte, dem sich auch schon Ed Wood gegenüber sah: Hauptdarsteller Paul Birch „brach“ nach einigen Drehtagen einfach weg (Streitpunkt zwischen ihm und Corman war sein Alkoholproblem), so dass Corman mit einem Stand-In improvisieren musste. Sicherlich, das Kostüm aus Hut und Sonnenbrille half dabei – trotzdem wird deutlich, wieviel geschickter sich Corman im Gegensatz zu Wood der Sache annahm, so dass man das im fertigen Film quasi nicht bemerkt. Mich hat auch nur der Audiokommentar von Mike Siegel darauf hingewiesen.

Der Audiokommentar befindet sich nämlich auf der neu erschienenen, deutschen DVD aus dem Hause Subkultur. Das Label mausert sich so langsam zum neuen Liebhaberlabel (auch wenn es sich zugegebenermaßen an Anolis orientiert, aber das ist ja nichts schlechtes), und präsentiert den Film in restaurierter Fassung sowie mit der alten deutschen Kinosynchronisation. Dem Bild und dem Ton merkt man das Alter natürlich an, aber mich persönlich stört das gar nicht, da für mich dieses leicht Kratzige bei so einem Film irgendwie dazugehört. Die DVD ist auf 500 Stück limitiert, nummeriert und befindet sich in einem sehr schönen Schuber; außerdem eröffnet sie die „Drive-In Classics“ Reihe, die natürlich nach Möglichkeit hier vollständig rezensiert werden wird.
Wer noch ein Exemplar des Films irgendwo bekommt, sollte unbedingt zuschlagen!

Bleibt also noch ein kurzes Fazit anzuhängen: „Gesandter des Grauens“ ist ein kleiner aber feiner Streifen des frühen Cormans, der Paul Birch als Bösewicht in Topform zeigt und nicht zuletzt aufgrund der DVD Sammlerwert besitzt. Zwar kein Klassiker, aber schwer unterhaltsam!

Eine Rezension von David Kugler
(06. Februar 2011)
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Daten zum Film
Gesandter des Grauens USA 1957
(Not of this Earth)
Regie Roger Corman Drehbuch Charles B. Griffith
Produktion Los Altos Productions Kamera John J. Mescall
Darsteller Paul Birch, Beverly Garland, Morgan Jones, William Roerick, Jonathan Haze, Dick Miller
Länge 64:26 FSK 16
Filmmusik Ronald Stein
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