Mary Poppins ist die wohl bekannteste Nanny der Welt! Sie entstammt den Büchern der Australierin Pamela L. Travers und hat Menschen aller Generationen glücklich gemacht. Die gleichnamige Musical-Verfilmung ist schon lange ein Klassiker und wurde mit unglaublichen 13 Oscars nominiert. “Mary Poppins” war erfolgreichster Film des Jahres 1965 und ist vor “König der Löwen” und “Findet Nemo” der größte Kassenschlager aller Disney-Produktionen.
Im Hause Banks hängt der Hausfrieden schief: Die beiden Kinder Jane (Karen Dotrice) und Michael (Matthew Garber) sind mal wieder ausgebüchst und das überforderte Kindermädchen hat gekündigt. Ein Fall für Mary Poppins (Julie Andrews). Sie ist hübsch, kann zaubern und kennt die Balance der Kindererziehung zwischen Vergnügen und Ernst. Jane und Michael sind hingerissen von ihr und auch das Hauspersonal und die zerstreute Mutter Banks (Glynis Johns) sind ihr sehr zugetan. Mary Poppins nimmt die beiden Kinder mit in eine Phantasiewelt, führt sie zu entlegenen Ecken der Stadt und besucht aussergewöhnliche Freunde wie den Pflastermaler, Schornsteinfeger und Drachenverkäufer Bert (Dick van Dyke). Vater Banks (David Tomlinson), der bezeichnenderweise in einer großen Bank in London arbeitet, hat für die Spaßseiten des Lebens nicht viel übrig, besonders nicht bei der Erziehung seiner Kinder, die er zu sparsamen und redlichen Menschen heranzüchten will. Ein gemeinsamer Besuch in der Bank endet im Chaos und
Vater Banks verliert seinen Job. Durch den Einfluss Berts, der ihm die Lebenshaltung von Mary Poppins erklärt (ihr Motto: “Wenn ein Löffelchen voll Zucker bittere Medizin versüßt – rutscht sie gleich nochmal so gut”), erkennt Banks die Chance, ein bewussteres und fröhlicheres Leben zu führen. Er sieht die Vernächlässigung seiner Kinder ein und verbringt von nun an mehr Zeit mit ihnen. Nach einigen Tagen hat der Wind sich gedreht: Der Aufbruch für Mary Poppins in eine neue Familie ist gekommen.
Der Film “Mary Poppins” war ein Mammutprojekt der Produktionsstätte Disney. Bereits im Jahre 1938 fanden erste Verhandlungen zu den Buchrechten statt, doch aufgrund von Unstimmigkeiten und Optionsbelegungen anderer Produzenten kam man nicht recht vorwärts. Erst im Jahre 1960, also mehr als 20 Jahre später, kam es zu einem Vertragsabschluss für eine Verfilmung. Dies allerdings unter zwei Prämissen: erstens musste es ein Realfilm sein (was für Disney eine Premiere bedeutete) und zweitens musste das Drehbuch von Autorin Travers genehmigt werden. “Mary Poppins” besticht durch vier Besonderheiten: die erstmalige Verbindung von Real- und Animationsfilm, weltberühmten Songs der Gebrüder Sherman, einer hervorragenden Besetzung und einer wundervollen, phantasiereichen Story.
Eine der berühmtesten Szenen des Films ist der Ausflug in die Örtlichkeit eines Bildes von Straßenmaler Bert. Mary Poppins, die übrigens immer mit vollem Namen angesprochen wird, Bert und die Kinder springen in das Bild hinein und befinden sich inmitten eines schönen Parks, in dem sie Kaffee trinken, Karussell fahren und einen gehetzten Fuchs vor Jägern retten. Das Reizvolle dieser Szene ist die Kopplung des animierten Umfelds mit den realen Darstellern.
Da der Film ein Musical werden sollte, wurden die Brüder Sherman engagiert, die passenden Songs zu schreiben. Die Umsetzung und die musikalische Leitung übernahm Irwin Kostal. Für die Erwachsenen wurde jeweils ein eigenes musikalisches Thema komponiert. Insgesamt arbeiteten die Shermans 32 Songs aus, 14 wurden für den Film gewählt. Die Lieder sind eingängig und melodiös, so dass sie als Ohrwürmer (jahrelang) im Gedächtnis bleiben.
Bei der Besetzung konnte sich Disney gegen die Wünsche von Travers durchsetzen: sie wollte nur englische Schauspieler engagieren. Um ein breiteres Publikum zu erreichen, wurden jedoch auch amerikanische Darsteller gewählt. Die Besetzung der Mary Poppins stellte sich als schwierig heraus. Travers war jedoch mit der Besetzung durch Julie Andrews zufrieden, auch wenn diese viel hübscher aussah als im Buch beschrieben. Für Andrews war es der erste Kinofilm und die anfänglichen Bedenken zur Leinwandpräsenz konnten schnell ausgeräumt werden. Andrews war deshalb die Idealbesetzung, da sie das eigenwillige Kindermädchen verkörpern konnte und gleichzeitig eine glockenhelle Stimme hatte. Ihr Filmpartner Dick van Dyke spielte eine gut verdeckte Doppelrolle, nämlich den jungen Pflastermaler Bert und den greisenhaften Bankdirektor. Dick van Dyke ist ausgebildeter Tänzer und Sänger und war, wie auch Andrews, ein unverbrauchtes Gesicht in der Kinowelt. Am Set verbreitete er stets gute Laune und unternahm alle möglichen Versuche, um die Kinder aufzuheitern.
Die Mary-Poppins-Geschichten der Autorin Travers sind eher eine Aneinanderreihung von phantasievollen Abenteuern. Deshalb musste für den Film ein roter Faden gefunden werden, der die Story zusammenhält und der die Entwicklung der Figuren ermöglicht. Disneys Team nahm angeblich als roten Faden die immerwährende Vernachlässigung der Kinder durch ihre Eltern. Travers hatte sehr eng gesteckte Vorstellungen “ihrer” Mary Poppins und ließ sich einen wesentlichen Einfluss auf die Umsetzung des Films nicht nehmen. Ob dies für einen erfolgreichen Produzenten wie Walt Disney nun hinderlich war oder befruchtend sei dahingestellt, das Ergebnis dieser Zusammenarbeit jedenfalls ist phänomenal und nur schwer zu übertreffen.
“Mary Poppins” kam 1966, 1973 und 1980 erneut in die Kinos, wurde u.a. mit 5 Oscars (u.a. für die Gebrüder Sherman und Julie Andrews) ausgezeichnet und war erfolgreicher als der Konkurrenzfilm “My Fair Lady” – dessen Hauptrolle Andrews aufgrund ihres geringen Bekanntheitsgrads nicht erhalten hatte.
Anmerkungen zur DVD Special Edition:
Diese DVD hat wirklich viel zu bieten: Auf zwei Scheiben lassen sich Zusatzmaterial wie der unbekannte Song “Chimpanzoo”, der Kurzfilm “Eine verblüffend schlaue Katze” aus dem Jahre 2004 (in Anlehnung an die Ausflugsszene im Hauptfilm mit einer gealterten Julie Andrews), ein Audiokommentar, Aufnahmen der Hollywood-Premiere und viele weitere Hintergrundinfos finden, darunter ein Zusammenschnitt über die Entstehung der Songs. Sehr lohnenswert und interessant!