So heiter kann die Rache sein! Weil seine Frau auf dem Operationstisch dahinschied, gibt der vermeintlich bei einem Autounfall verbrannte Dr. Phibes den Ärzten die Schuld an ihrem Tod und richtet diese nun nach Vorbild der über Ägypten hereinbrechenden Plagen hin. In seinem biblischen Zorn wird der entstellte Doktor (der in Musik und Theologie promoviert hat!) von einer rätselhaften Assistentin namens Vulvania unterstützt, während die unfähige Polizei den Mordfällen viel zu langsam auf die Schliche kommt.
DAS SCHRECKENSCABINETT DES DR. PHIBES ist eine makabre Komödie, eine schwarze Groteske, die gleichzeitig das Grauenhafte wie das Bizarre als augenzwinkernde Inszenierung eines geradezu melodramatisch hochstilisierten Rachefeldzugs verbindet. Ein artifizielles Art-Deco-Design geht Hand in Hand mit Phibes' kreativen (und freilich absolut realismusentfremdeten) Exekutionen, während Vincent Price unter schwerem Makeup mit übertriebender Grandezza und weitausholender Gestik den Doktor als Gratwanderung zwischen tragischer Gestalt und lächerlichem Gespenst darstellt. Der Witz des Films ist kein offensichtlicher; es gibt keine Pointen, keine humoristischen Spitzen - nur die ironische Inszenierung von Robert Fuest, die die Freude am Makabren mit dem Genuß des Theatralischen feiert.
Phibes' Welt ist das Bild. Sein ganzes Leben, seine komplett
en Handlungen werden zu stilisierten Tableaus: Als schwarzgewandetes Phantom der Oper sitzt er an der rot strahlenden Orgel, bevor er sich als Kapellmeister einer aus Puppen bestehenden Tanzband vergnügt. Seine Assistentin Vulvania - die den ganzen Film über kein Wort spricht - taucht im grandiosen Glamour aus dem Licht auf, bevor die beiden sich dann ans Werk machen. Ihre Mordserie besteht aus ebenso tableau-esken Inszenierungen: Der Doktor, dessen gesamtes Blut fein säuberlich in auf dem Kaminsims arrangierte Flaschen abgezapft wird. Die tot aufgefundene Krankenschwester, deren Gesicht von Heuschrecken zerfressen wurde - die durch ein Loch in der Decke ins Zimmer kamen, das Phibes durch eine durchsichtige Anatomie-Skizze hindurchbohrt! Ein anderes Opfer wird mit dem Kopf einer Einhornstatue säuberlich an einen Wandschirm gepinnt - jeder Moment, jeder Akt ist allein die Zelebrierung des
Bildes, die bizarre und starre Inszenierung einer Momentaufnahme.
Das Thema des Bildes, des Symbols, zieht sich durch den Film und ebenso durch Fuests Regie: Phibes besitzt ein Wachsfigurenkabinett, das den Opfern nachempfunden wurde. Die biblischen Strafen (sinnbildlich für Phibes' Gerechtigkeitssinn) werden durch Anhänger mit hebräischen Schriftzeichen dargestellt; ein Rabbiner erklärt die Plagen anhand einer bebilderten Schriftrolle. Einer der Doktoren erfreut sich zu Hause an einem primitiven Filmprojektor, mit dem er einen Schlangentanz auf eine Leinwand wirft - dessen Tänzerin durch das plötzliche Auftauchen von Vulvania quasi in die Wirklichkeit gebracht wird. Phibes spricht (ohne den Mund zu bewegen!) mit einem überlebensgroßen Abbild seiner Frau. Selbst bei einem von Phibes herbeigeführtes Flugzeugunglück wird die optische Komponente betont, weil der Doktor den Absturz durch ein großes Fernrohr beobachtet. Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen.
Die Geschichte des Doktors und die Motive seines Rachefeldzuges offenbaren sich nach und nach durch die Ermittlungen eines Polizeiinspektors, dessen zuversichtliche Pompösität in schwerem Kontrast zur tatsächlichen Effektivität seiner Truppe steht. Und so kann zwar das letzte Opfer gerettet werden, aber Phibes kann seinen Plan doch zu Ende führen. Und da das SCHRECKENSCABINETT in den Kinos viel Erfolg zeigte, geisterte Price im darauffolgenden Jahr durch eine Fortsetzung. Rache ist eben doch süß.