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von Pascal Laugier




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Oxford Blues

Oxford Blues

Ein Film von Robert Boris

Wie selig uns der junge Rob Lowe da vom Cover anlächelt: Als wär's ein Bravo-Starschnitt. Da sind wir auch eigentlich schon beim Hauptappeal für die Zielgruppe von OXFORD BLUES, einer Coming-of-Age-Komödie von 1984, die bei uns das Kino nie von innen sah und erst 1988 auf Video veröffentlicht wurde - trotz Brat-Pack-Doppelbesetzung Lowe und Ally Sheedy. Aber seien wir ganz ehrlich: Es war nicht so ein Verlust für das Kino.

Der Film, der - wie mir gut unterrichtete Quellen verraten - ein Quasi-Remake des Films A YANK IN OXFORD von 1938 ist, läßt den Amerikaner Nick De Angelo in Oxford studieren, weil dort auch die junge Lady Victoria studiert, die auf den Covers verschiedener Magazine zu sehen ist und in die er sich auch prompt sozusagen fernverliebt hat. Zu Beginn sitzt Nick noch in Las Vegas, wo er als Parkhilfe arbeitet, bis ihn dann eine geschiedene Frau anbaggert und ihm für die Nacht nicht nur das im Casino erspielte Vermögen schenkt, sondern auch ihren Sportwagen. Im Film wird das als großes Glück für Lowe und als großzügige Geste verstanden, mir fallen dafür durchaus auch andere Begriffe ein - aber was macht's schon, wenn sich Nick freut und seinen Kumpel, den Computerhacker, bezahlen kann, um in Oxford zugelassen werden zu können.

In Oxford macht sich Nick schnell bei den vornehmen englischen Studenten unbeliebt und gräbt
flott Lady Victoria an, die bei ihrem ersten Auftreten mit so viel Weichzeichner gefilmt wird, als wär's ein Outtake aus einem John-Derek-Film. Zum Glück ist Nick ein erstklassiger Ruderer, und so findet er dann doch schnell neue Freunde und kann seine Angebetete auch ein wenig beeindrucken - obwohl ja nicht nur die eine Kollegin aus dem Ruderteam, die einzige Person in Oxford, die ebenso aus den Staaten kommt und von Ally Sheedy gespielt wird, das ganze Unterfangen für sinnlos hält. Na? Errät schon jemand den Ausgang der Geschichte?

Genau: OXFORD BLUES funktioniert zunächst mal schwer nach Formel. Da gibt's schnell Animositäten mit den blasierten Studenten und vor allem mit Lady Victorias Verlobten; Nick, der alles auf die leichte Schulter nimmt, muß dann auch noch lernen, Verantwortung zu übernehmen, und freilich hat sich Ally Sheedy schon längst in ihn verschaut und wird doch immer übersehen. Die Story war sicherlich schon 1938 alt. Hier wird sie mit der guten alten Sportdramaturgie verknüpft, wo es zum Schluß natürlich ein sehr wichtiges Match geben wird, das nicht nur die Handlung entscheidend abschließt, sondern auch den Charakter formt. Vorher, ganz Achtziger, gibt es eine Trainingssequenz zu epischem Synthpop, und eigentlich fehlt nur, daß Schweinehälften geprügelt werden.

Oxford BluesOxford BluesOxford Blues
Mal abgesehen von der althergebrachten Geschichte gibt es durchaus weitere Probleme. Eines davon ist die Inszenierung: Manche Sequenzen sind so einfach aufgelöst, daß es schnell klar wird, daß kaschiert werden soll, daß es nicht immer vollständige Sets oder genug Licht gab. Schönstes Beispiel: Lowe, Sheedy und ein weiterer Student sitzen in einer Bar und reden. Wie wird das gezeigt? Eine Einstellung auf ein Haus von außen, mit Gasthausschild vorne dran, und dann eine enge Einstellung auf die drei, wie sie vor einer Holzwand sitzen. Nicht mal der Tisch ist im Bild, dafür hört man auf der Tonspur Musik, Billardtische, Gläserklirren. Draußen in den Rudersequenzen gibt's einige sehr schöne Aufnahmen von verschiedenen Lichtstimmungen, aber die retten den Film auch nicht ganz aus dem Sparlook.

Ebenso problematisch: Der ganze Anfang mit Nicks durch den Liebesdienst verdientes Geld, und sein ganzes Auftreten zu Beginn, das ihn schlichtweg unsympathisch erscheinen läßt - großspurig, lauthalsig, unfreundlich. Das mag vielleicht Absicht sein, um dann zeigen zu können, wie er erwachsener wird, aber es verstärkt nur das Problem, daß der Film zu keinem Zeitpunkt glaubhaft verklickern kann, warum sich Lady Victoria für ihn interessiert oder sogar nach dem Austausch von fünf Sätzen für ihn erwärmen kann. Aber vielleicht sammelt die ja heimlich Bravo-Starschnitte.

Erwähnen wir fairerweise die positiven Seiten des Unterfangens. Erfreulich ist hauptsächlich einmal, daß der Film seine Figuren und die Geschichte ernst nimmt - selbst die elitären Studenten sind nicht so dicke Karikaturen, wie sie hätten sein können. Man beachte, wie Nicks Widersacher gezeichnet ist: Seine Beschwerden über Nicks Verhalten haben durchaus Grundlage, seine Spitzen gegen Nicks Auftreten durchaus Witz, und sein Verhalten später im Film zeugt von Charakter. Auch Victoria hätte locker als versnobte Hochnäsige oder als dummes Blondchen geschrieben werden können - stattdessen ist sie eine Frau, die einen Standpunkt gegenüber ihren Freunden vertritt und letzten Endes herausfinden muß, was sie wirklich will.

Und weil in der Story auch der eine oder andere Witz abfällt ("Wir sprechen die gleiche Sprache", erklärt Rob Lowe einem Engländer - der erwidert: "Ja, aber manche quälen sie nicht so wie andere") und in Nebenrollen feine englische Darsteller gesehen werden können (nebst Julian Sands und einem ganz jungen Cary Elwes), kann OXFORD BLUES im Prinzip schlechtweg unter "gut gemeint" einsortiert werden. Na, das ist doch schon gleich ein Schlußwort.

Eine Rezension von Christian Genzel
(27. November 2009)
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Daten zum Film
Oxford Blues UK 1984
Regie Robert Boris Drehbuch Robert Boris
Produktion Baltic Industrial Finance / Winkast Film Productions Kamera John Stanier
Darsteller Rob Lowe, Ally Sheedy, Amanda Pays, Julian Sands, Michael Gough, Aubrey Morris, Cary Elwes
Länge 94 FSK 12
Filmmusik John Du Prez
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