„He's back / He's the man behind the mask / And he's out of control” sang Rocklegende
Alice Cooper im Abspann zum sechsten Teil der „Freitag der 13.“-Reihe.
Diese Zeilen würden allerdings auch sehr gut zur Fortsetzung des
„Halloween“-Reboots passen, die nach anfänglichem Hin-und-Her nun doch abermals von Rob Zombie inszeniert worden ist, und den Masken-tragenden Unhold Michael Myers (Tyler Mane) hier aggressiver und blutrünstiger als je zuvor zeigt.
Wir erinnern uns: Nachdem der hünenhafte Killer Myers aus der psychiatrischen Anstalt geflohen war, kehrte er in einer Halloween-Nacht in seine Heimatstadt Haddonfield zurück und ermordete dort die Familie und Freunde der jungen Laurie Strode (Scout Taylor-Compton). Am Rande des Wahnsinns gelang es dem Mädchen mit Hilfe von Myers´ Arzt Sam Loomis (Malcolm McDowell, „Uhrwerk Orange“) das Blutbad zu beenden. Die Bestie war tot. Oder auch nicht.
Auf dem Weg vom Tatort veranstalten die Fahrer des Leichenwagens einen fatalen Unfall, der sie einmal direkt und einmal indirekt das Leben kostet und Michael Myers wieder auf freien Fuß setzt. Doch dieser taucht zunächst in dem Outfit eines Obdachlosen unter und wartet auf das nächste Halloween-Fest in Haddonfield, um nun seinen Plan zu vollenden.
Die schwer angeschlagene Laurie lebt inzwischen bei dem Sheriff der Stadt, Lee Brackett (Brad Dourif, „
Trauma“), der zugleich der Vater ihrer Freundin Annie (Danielle Harris) ist. In den Nächten wird sie oft von Albträumen gequält, die wie Vorboten eines drohenden Unheils auf sie einschlagen – und tatsächlich hat sie Grund zur Sorge, denn Myers ist wieder auf dem Weg zu ihr und hinterlässt eine blutrote Spur hinter sich.
Währenddessen hat auch der bei der ersten Attacke verwundete Loomis sein Buch über seinen Ex-Patienten vollendet und zugleich seine zuvor idealistische Einstellung gegen eiskalte Starallüren eingetauscht. Doch auf seiner Promo-Tour muss er aufgrund der teils heftigen Reaktionen erkennen, dass Ruhm und Geld nicht alles zu sein scheint, und seine wichtigste Aufgabe vielleicht bereits in Haddonfield auf ihn wartet…
Zugegeben: Das, was einem gleich zu Beginn von „Halloween 2“ geboten wird, lässt einen erstmal ungläubig den Kopf schütteln. Durch einen Auszug aus einer wissenschaftlichen Arbeit über die Psychologie von Träumen wird dem Zuschauer die symbolische Bedeutung eines weissen Pferdes erklärt, das unter anderem für den Instinkt und das körperliche Bestreben, emotionale Kräfte, wie Wut und Zerstörung, zu entfesseln, steht. Dass Rob Zombie bereits im ersten Teil einen Versuch gewagt hat, ein wenig in die dunkle Seele seines Monsters einzudringen, ist durchaus ein interessanter Neuansatz für die zuvor qualitativ ins Bodenlose gesunkene Reihe gewesen. Einem in der Fortsetzung aber schon gleich zu Beginn einen vom Pferd zu erzählen, kommt allerdings etwas arg bemüht und schon ein wenig lächerlich daher.
Siggi Freud meets Godzilla? So in etwa.
Doch was soll jetzt der Schmu? – oder: Welche Funktion erfüllt der Gaul? Nun, im Verlauf des Films sieht Myers in Visionen des Öfteren seine tote Mutter (Sheri Moon Zombie) mit einem solchen Pferd auf sich zukommen. Obwohl man sich den Spuk unterm Strich auch völlig hätte schenken können, führt er dennoch manchmal zu zumindest visuell ansprechenden Szenen, so z.B. auf einer nächtlichen Landstraße nach dem erwähnten Unfall.
Auch wenn die soeben genannte Obskurität des Streifens möglicherweise bereits den einen oder anderen potentiellen Zuschauer abgeschreckt hat, darf dennoch im Großen und Ganzen Entwarnung gegeben werden – zumindest Leute, denen schon Zombies erste Neu-Interpretation von
John Carpenters legendärem Schocker zugesagt hat, dürfen hier gerne Augen und Ohren riskieren. Über weite Strecken ist „Halloween 2“ sogar besser als sein Vorgänger…oder sagen wir: Er ist auf jeden Fall eigenständiger und mutiger, was natürlich gleichzeitig bedeutet, dass sich sehr konservativ eingestellte Fans des Stoffes sogar noch schwerer mit dem Werk tun werden. Dies ist nun definitiv nicht mehr das
Halloween von Carpenter, sondern ganz offensichtlich Rob Zombies dreckig-krankes Terrain.
So wird z.B. auch bis zur letzten Szene völlig auf die markanten Synthesizer-Klänge verzichtet, und die düstere Atmosphäre in der Zwischenzeit vom Hauskomponisten des Regisseurs, Tyler Bates („
Watchmen - Die Wächter“), bedrohlich-brodelnd untermalt.
Die Besetzung aus dem ersten Teil ist allerdings größtenteils erhalten geblieben. Interessant ist der Ansatz, den zuvor sympathischen Psychiater Loomis nun als geldgierige und skrupellose Person darzustellen, die in erster Linie versucht, Profit aus der Tragödie zu schlagen. Malcolm McDowell verkörpert diesen Charakter abermals überzeugend, während man leider mit Scout Taylor-Compton als zur nervigen Rock-Göre mutierte Laurie Strode diesmal so gar nicht warm wird.
Während sich andere Remakes gerne mit kleinen Veränderungen zufrieden geben und ansonsten die alte Story nur noch einmal auf (meist grottenschlechte) hippe Weise für die „Generation iPod“ aufwärmen, versucht Rob Zombie hier tatsächlich einen frischen Ansatz – dass dieser an manchen Stellen ins Leere läuft oder auch mal völlig daneben (Michael Myers mag scheinbar gerne Hunde) ist, ist ärgerlich, aber in Anbetracht des ansonsten soliden Materials zu verkraften.
Mit dem von Carpenter selbst verfassten und von Rick Rosenthal 1981 inszenierten „Halloween 2“-Original hat der Film übrigens nur den Titel und das Vorhandensein einer Szene im Krankenhaus gemeinsam.
Abgesehen davon ist auch die Figur des Michael Myers hier ganz anders ausgefallen, als man sie aus der alten Reihe kennt – wenn überhaupt, dann erinnert der aggressive Koloss ein wenig an die Darstellung des Killers aus dem sechsten Teil, „Halloween - Der Fluch des Michael Myers“ (1995). Wenn dieser zuvor eine mysteriöse Gestalt gewesen ist, die im Schatten auf ihre Opfer wartet, dann ist er in diesem Fall eine vor Wut schnaufende Urgewalt. Ein Monster, durch und durch.
Wer schon Probleme mit der Gewaltdarstellung im vergleichsweise harmlosen Vorgänger hatte, sollte einen großen Bogen um den Streifen machen: Myers tötet nicht nur, er
schlachtet!
Ursprünglich sollten ja sogar die aufgrund kreativer Differenzen abgesprungenen „
Inside“-Schöpfer Alexandre Bustillo und Julien Maury Regie führen…man kann wohl nur Vermutungen darüber anstellen, was das Scheusal wohl dann so mit seinen Opfern angestellt hätte...
Ob Zombies explizites Abbilden der Bluttaten unbedingt sein musste, steht auf einem anderen Blatt, zumindest passt es zu seiner Version der Killerfigur.
Außerdem muss man es dem Regisseur zugute halten, dass er trotz reichhaltiger Splattereinlagen durchaus Wert auf die Entwicklung seiner Charaktere und Atmosphäre legt – hier fällt auch vor allem die stimmungsvolle Arbeit des neuen Kameramanns Brandon Trost angenehm auf.
Wir halten also fest: Rob Zombie hat es sich mit „Halloween 2“ gar nicht einfach gemacht und wird es bei engstirnigen Fans des Originals auch erneut nicht einfach haben. Er hat die Möglichkeiten eines Remakes genutzt, um etwas Neues aus dem bekannten Stoff zu kitzeln, was ihm – wenn man offen an den Streifen herantritt – über weite Strecken auch geglückt ist.
Denn warum sollte man auch bitteschön einen neuen Film drehen, in dem man letzten Endes lediglich ein altes Werk in MTV-Optik nacherzählt? Wie lautet nochmal dieser weise Spruch?
„Nur wer wagt, gewinnt!“