„Are you drunk, Mulder?“
„I was until about 20 minutes ago.“
„Was that before or after you decided to come here?“
Wohl niemand hätte damit gerechnet, dass die Serie mit dem mysteriösen Namen „The X-Files“, die 1993 das erste Mal über den Bildschirm flimmerte und der Welt das so ungleiche FBI-Ermittlerpärchen Dana Katherine Scully (Gillian Anderson) und Fox William Mulder (David Duchovny) näherbrachte, ein derartiger Erfolg werden würde. X-Files, auf deutsch: die X–Akten, sind jene Fälle beim FBI, die bisher unter
ungelöst gelagert werden, da die jeweiligen Umstände des Falles nicht hinreichend genau aufgeklärt werden konnten. So soll der Gründer des FBI J. Edgar Hoover persönlich im Jahre 1946 den ersten ungelösten Fall angelegt haben. Wahrheit? Lüge?
Wahrheit und Lüge waren 9 Jahre bis zur Einstellung von „
Akte X“ im Jahre 2002 Aufhänger für viele Verschwörungs- oder Mythologie-Episoden, in denen eine drohende und von der Regierung vertuschte Kolonisierung durch Ausserirdische, mit denen die Regierung gemeinsame Sache machte, thematisiert und bis zur Schmerzgrenze breitgetreten wurde. Der rote Faden schien den Machern dabei leider schon sehr früh abhanden gekommen zu sein. Spannend inszeniert und erzählt waren diese Folgen jedoch immer
, aber die wirklichen Highlights fanden sich unter den sogenannten
Monster of the week–Episoden (MOTW), die – im Gegensatz zu den Verschwörungsfolgen, die schon mal Zwei- oder Dreiteiler waren und sich wie ein roter Faden durch die gesamte Serie zogen – in sich abgeschlossen waren und Geschichten von Monstern, Menschen, monsterhaften Menschen oder menschelnden Monstern erzählten. Zum Teil sehr ekelig, teils lustig, teils erschreckend realistisch vermittelten alle 201 Episoden der Serie einen unwiderstehlichen Charme, denn so ziemlich jeder hat sich bestimmt schon einmal gefragt, was denn „da draußen“ auf uns wartet. Sind wir die einzigen intelligenten Lebewesen, die nach Leben auf anderen Planeten suchen, oder suchen andere Lebewesen irgendwo in einer weit, weit entfernten Galaxis schon viel länger danach und finden irgendwann
uns? Wer weiß das schon? Die Wahrheit ist irgendwo da draußen.
Bei dem in den USA anhaltenden Erfolg war es nur eine Frage der Zeit, bis man zum Zeitpunkt der 5. Staffel 1998 entschied, einen Kinofilm über die unheimlichen Fälle des FBI auf die Leinwand zu bringen, der als Bindeglied zwischen der laufenden und der daran anschließenden 6. Staffel fungieren sollte.
Chris Carter, Schöpfer und Autor der Serie, schrieb daraufhin mit seinem langjährigen und Mythologie-erprobten Freund und Autor
Frank Spotnitz das Drehbuch zu
„AKTE X - DER FILM“ mit dem Untertitel
„Fight the Future“. Fans der Serie sollten hier endlich die Antworten auf die Fragen erhalten, die die Serie bisher bezüglich der Mythologie aufgeworfen hatte, während Neueinsteiger gleichermaßen in die Serie finden sollten. Das Resultat wird diesem Anspruch auch fast gerecht, wenngleich der Autor dieser Zeilen als langjähriger Fan der Serie eingestehen muss, dass wohl nur die X-Philes, das heißt die Hardcore-Fans, die jede Folge rückwärts aufsagen können und genau wissen, wann Mulder Scully wie angeredet und/oder was er in Folge 143 getragen hat, an dem Film so
richtig Gefallen finden werden. Alle anderen sehen in ihm wohl „nur“ einen soliden Science-Fiction-Mystery-Thriller. Mysteriös.
Die Geschichte zu
„Fight the Future“ rankt sich auch um die eingangs erwähnte Mytholgie, weshalb der Fan schon weiß, was ihn in den kommenden zwei Stunden erwartet. Mulder und Scully sind, nachdem die X-Akten in Staffel 5 offiziell geschlossen wurden, in anderen Abteilungen tätig und werden bei einem ihrer Einsätze Zeuge eines Bombenattentats in einem Bürogebäude, dem mehrere Menschen zum Opfer fallen. Später stellt sich raus: zwei der Toten waren schon tot, bevor das Gebäude in die Luft flog. Verbergen die Leichen etwa ein Geheimnis, das vertuscht werden sollte? Die Antwort ist natürlich „Ja“, denn die Toten waren mit dem sogenannten
Schwarzen Öl infiziert, einem Virus, das die Aliens, die schon lange „unter uns“ weilen, dazu nutzen, ihre Kolonisierungspläne in die Tat umzusetzen. Fox „Hundeblick“ Mulder und Dana „Dafür gibt es eine logische Erklärung“ Scully machen sich daran, ihre Ermittlungen aufzunehmen.
Was folgt, sind zwei Stunden, in denen sich Chris Carter und sein Team ordentlich austoben und alle Zutaten auf die Leinwand zaubern, die Fans an der Serie so mochten. Nur größer und teurer. So ist es auch kein Wunder, dass sich Mulder und Scully im Kinofilm sehr nahe kommen, denn viele Fans erwarteten nichts sehnlicher. Dass die Sache irgendeinen Haken, genauer gesagt: einen Stachel hat, soll hier nur beiläufig erwähnt werden. Und so geben sich im weiteren Verlauf der Ermittlungen reichlich Gaststars die Klinke in die Hand (
Armin Mueller-Stahl,
Martin Landau), alle bekannten Gesichter aus der Serie sind vertreten, den Raucher (William B. Davis) stören auch im Film die teuren Zigarettenpreise nicht, so dass eigentlich alles wie immer ist. Etliche Fragen werden beantwortet, aber mindestens genauso viele wieder aufgeworfen, um diese dann in Staffel 6 zu behandeln. Oder auch nicht. Der rote Faden halt.
„AKTE X - DER FILM“ ist im Grunde eine nur teurere zweistündige Episode, wie sie auch in einer regulären Staffel hätte vorkommen können. Dass dies aber in diesem Fall nicht schlimm ist, sondern nur konsequent, ergibt sich aus dem Umstand, dass der Film sich nahtlos einreiht in die bisher erzählte Geschichte und somit mit der letzten Folge von Staffel 5 (
Das Ende) und Episode 1 der Staffel 6 (
Der Anfang) eine in sich schlüssige Einheit bildet. Fans erhalten das, was sie lieben, nämlich Mystery, Mulder und Scully. Unkundige bekommen demgegenüber eine spannende, etwas wirre Geschichte um Aliens und Verschwörung präsentiert. So sind beide Seiten glücklich gestimmt, wenngleich mit
„Fight the Future“ das Highlight um die vollmundig angekündigte
komplette Enthüllung der Verschwörung leider ausbleibt. Jetzt bleibt den Fans nur, den zweiten Kinofilm herbei zu sehnen, der – schon seit Jahren im Gespräch – bisher noch keine konkreten Formen angenommen hat. Ob er 2008 kommt?
I want to believe!
Die ganze Wahrheit über den nun doch tatsächlich gedrehten zweiten Kinofilm „
Akte X: Jenseits der Wahrheit“
(„The X-Files: I want to believe“) [2008] findet sich ab dem 24.7.2008 natürlich in aller Ausführlichkeit auf
Mann beisst Film.