(USA, 1988)
"Who are you?"
"Your worst nightmare!"
Tataa!! Doppel-Tataa!! Das ist er.
Der Actionklopper der seligen Achtziger. Das arme Jahrzehnt hatte viel vom Konservatismus der Reagan-Ära abbekommen, und viele Filme legen Zeugnis ab von dieser unsäglichen Allianz zwischen Politik und Actiongenre. Mit Sicherheit bis heute die schimmerndste Perle dieses auf Zelluloid gebannten Irrsinns: John Milius´
Red Dawn (
Die rote Flut, 1984). Da springt der Russe eines Tages einfach so an Fallschirmen vom blauen Himmel herunter und besetzt das Land. Gott sei Dank ist die amerikanische Jugend (in Gestalt von Patrick Swayze und Charlie Sheen) nicht verweichlicht und zieht sich in die Berge zurück, um dort den Partisanenkampf anzutreten. Ronald Reagan soll begeistert gewesen sein. Aber der glaubte ja auch, Bruce Springsteen hätte einen Wahlkampfsong für ihn geschrieben. Und wollte (so will es die Legende) direkt nach Amtsantritt in den War Room geführt werden. Den er in diesem Film von Stanley Kubrick gesehen hatte. (Um Volker Pispers zu zitieren: falls es nicht stimmt, ist es wenigstens sehr schön erfunden.)
Auch Sylvester Stallone zeigte sich für die konservative Revolution recht empfänglich. Der Sohn einer italienischen Einwanderfamilie übernahm nach
Rocky (1976) das Kommando über die Reihe und erschuf den an majestätischer Simplizität kaum
zu übertreffenden vierten Teil, in dem Rocky gegen Dolph Lundgren alias Ivan Drago kämpft. In einer Montage (und derer gibt es in diesem Film nicht wenig) sieht man, wie Drago wie eine Laborratte an Drähten und Pulsmessern hängt, Wissenschaftler messen seine Leistungsfähigkeit und tippen schon mal die Spritze an. Rocky joggt durch die russische Wildniss, hilft einem alten Bauern, seinen Karren aus dem Fluss zu ziehen. Will heißen: Rocky ist der eigentliche Held der Arbeiterklasse.
Nun scheint es aber so zu sein, dass Stallone zu seinen beiden berühmtesten Leinwandhelden recht unterschiedliche Einstellungen hat. Die meisten Rocky-Filme waren von diesem hauchdünnen Sarkasmus durchzogen, so fein, dass man fast nicht mehr „augenzwinkernd“ dazu sagen kann.
Rambo – First Blood (1982) hingegen war ernst und verbissen. Doch dieser erste Teil war großes 80er-Kino. Er nimmt sich fast subtil aus gegen das, was danach kam. Im ersten Teil mimte Stallone einen einsamen, verängstigten Helden, dem der Kampf aufgezwungen wird. Aus dieser Figur wurde in
Rambo II – Der Auftrag (1985) eine Muskel bepackte, um sich ballernde Actiondumpfbacke. Ein Konzept, dem man bis zum aktuellen vierten und letzten Teil
John Rambo (2008) treu blieb.
Rambo III (1988) von Peter MacDonald hat wohl deshalb traurige Berühmtheit erlangt, weil hier das Maß übervoll war. Es gab von allem zu viel: zu viel Schießereien, zu viel Explosionen, zu viel Blut, und vor allem zu viel Rambo. Der hier fast schon wie seine eigene Parodie agiert. Es kommt nicht vor, dass er mehr als zwei Sätze hintereinander spricht. (Und wir reden hier nicht von Thomas Mann-Sätzen…).
Auch die Handlung ist, selbst für einen Actionfilm, erschreckend simpel - und im Grunde kaum vom Vorgängerstreifen zu unterschieden. Sie ist in zwei Sätzen beschreibbar, ohne etwas Wesentliches auslassen zu müssen. Colonel Trautman (Richard Crenna), Rambos Ausbilder, wird bei einer ‚verdeckten Militäraktion’ in Afghanistan von den Sowjets gefangen genommen. Rambo holt ihn raus. That´s it. Zwei Sätze, wie versprochen.
Dabei geht es zu wie bei einem Fußballspiel, bei dem die unterlegene Gastmannschaft nichts zu bestellen hat. In der ersten Halbzeit weilt Rambo in Fernost und hilft Mönchen beim Bau eines Klosters. Trautman und ein anderer zwielichtiger Anzugträger mit Pilotensonnenbrille versuchen, ihn für einen ‚Auftrag’ zu gewinnen. In welchem Land? „Die meisten Leute finden es nicht einmal auf der Landkarte, es heißt Afghanistan.“
Dabei erfährt man nur peripher, worum es dabei wohl geht, es hat aber was mit Unterstützung der Mudschaheddin zu tun, die von den USA von Anfang an im Kampf gegen die sowjetischen Besatzer gestützt wurden. Eine Verflechtung, die sich bis zum 11. September 2001 bitter rechen sollte…
In der zweiten Hälfe wird ordentlich geballert und in die Luft gejagt. Rambo schlägt sich mit Hilfe des Rebellen Hamid (Doudi Shoua) bis zur Grenze durch, um dann seinen Kumpel Trautman aus den Fängen des sadistischen Sowjet-Offiziers Zaysen (Marc de Jonge) zu befreien. Das gelingt ihm nicht beim ersten Mal, also muss er es ein zweites Mal versuchen. Und dann klappt´s. Wir erkennen also, mit welch diffizil-vertracktem Plot wir es zu tun haben.
Zwischendurch muss Rambo eine Wunde selbst verarzten. In dem er das Pulver einer Patrone auf die Verletzung schüttet und sich mit einem brennenden Holzscheit die Wunde damit ausbrennt. Mein lieber Herr Gesangsverein! Aber konsequent ist das schon: wenn man den Körper zur Kampfmaschine stilisiert, darf man bei Systemstörungen nicht zimperlich sein.
Wer sich übrigens im Netz auf Bildersuche begibt wird feststellen, dass von diesem Film in erster Linie zwei Motive existieren. Entweder Rambo schießt, oder Dinge explodieren. (Meistens, weil Rambo vorher geschossen hat.)
Die Dialoge sind bis heute unerreicht. Und sie müssen an dieser Stelle unbedingt noch einmal rekapituliert werden. Also, hier die Top 5:
Platz 5:
(Rambo und Trautman stehen allein in der Wüste vor hundert sowjetischen Soldaten und Panzern)
TRAUTMAN: Was machen wir nun?
RAMBO: … Umzingeln kommt wohl nicht in Frage …
Platz 4:
HAMID: Es heißt: „Gott, schütze uns vor dem Gift der Kobra, den Zähnen des Tigers und den Rache der Afghanen." Wissen Sie was das heißt?
RAMBO: Dass ihr Jungs euch nicht verarschen lasst.
HAMID: … Ja, so was in der Art.
Platz 3:
ZAYSEN: Ein Mann gegen eine ganze Armee? Wer glauben Sie ist dieser Mann? Gott?
TRAUTMAN: Gott vergibt. Er nicht.
Platz 2: Siehe oben.
Man muss sich immer wieder vergegenwärtigen, dass Stallone bei diesen Wortwechseln keine Miene verzieht. Genau genommen gibt es keine Mine zu verziehen, denn mehr als einen Gesichtsausdruck braucht man für die Rolle nicht. Vor allem nicht mit Stallones unförmiger Visage, die in einigen Einstellungen an eine expressionistische Karikatur gemahnt.
Aber nun zu dem anbetungswürdigsten Dialog, für den der ekeldumme Begriff „Kult“ erfunden worden sein müsste:
Platz 1:
HAMID: Was ist das?
RAMBO: Sprengzünder.
HAMID: Und das da?
RAMBO: Ein blaues Licht.
HAMID: Und was macht das?
RAMBO: Es leuchtet blau.
Ohne Worte. Kommunikative Lakonie in ihrer reinsten, vollendeten, perfektionierten Form.
Also, was soll man sagen? Ein Actionfilm, ein Kleinod, ein Denkmal der Schlichtheit und des unfreiwilligen Humors, das ist
Rambo III. Ein Film, der sehr großzügig mit Zeitgeschichte und sehr einseitig mit politischen Relationen umgeht. Ein Film, in dem die Sowjets stinknormale Hubschrauber fliegen, an die jedoch zusätzlich Flügel mit Maschinengewähren und Raketenwerfern montiert wurden – die Teile haben dann eine frappierende Ähnlichkeit mit Klingonenraumschiffen aus Star Trek.
Noch Fragen?!
Ach ja, ein Sache wäre da noch. Als der Film damals in die Kinos kam, war im Abspann zu lesen: „This film is dedicated to the gallant people of Afghanistan.“
1988 ist schon eine ganze Weile her.