Berufs-Psycho Tom Sizemore auf Monsterjagd im Chicagoer Naturkundemuseum?
Wenn das mal nicht nach billigstem Videotheken-Trash der Kategorie C klingt…
Tatsächlich allerdings handelt es sich bei dem betreffenden Film „Das Relikt“ um eine 40 Millionen US-$ teure Hollywood-Produktion aus dem Hause
Paramount. Und Sizemore spielt darin auch ausnahmsweise mal keine zwielichtige Gestalt, sondern einen FBI-Agenten.
Der von dem Mimen verkörperte Lieutenant Vincent D’Agosta hat in Peter Hyams' Adaption des Bestsellers von Douglas Preston und Lincoln Child alle Hände voll damit zu tun, einen bestialischen Serienkiller dingfest zu machen, welcher zunächst auf einem Schiff für einen Haufen Leichen gesorgt und sich anschließend seinen Weg in Richtung Museum gebahnt hat, wo ein Nachtwächter ganz offensichtlich zu seinen neuen Opfern gehört.
Die größte Auffälligkeit bei den Fällen besteht zunächst in der grausigen Tatsache, dass bei allen Körpern ein Teil des Gehirns entnommen worden ist.
Aufgrund einer anstehenden, geschäftlich lukrativen Ausstellung zum Thema „Aberglaube“, schaltet die Museumsleitung – wie das in Streifen dieser Art ja eigentlich immer so ist – erstmal auf stur, als der besorgte D’Agosta die Eröffnungs-Veranstaltung aus Sicherheitsgründen unterbinden möchte.
Bereitwillige Auskünfte erhalten er und sein Partner Hollingsworth (Clayton Rohner, „Hardcover“) lediglich von der attraktiven Biologin Dr. Margo Green (Penelope Ann Miller, „
Carlito's Way“), die zur Zeit an dem Inhalt einer Kiste aus den Wäldern Brasiliens forscht, welche ihr der Kollege John Whitney hat zukommen lassen.
Natürlich stellt sich der Entschluss der Direktorin Dr. Ann Cuthbert (Linda Hunt, „Dune“), die Ausstellung trotz der vorherigen Warnung stattfinden zu lassen, später als großer Fehler heraus und natürlich steht die Mordserie letztendlich auch direkt in Verbindung mit der botanischen Lieferung aus Südamerika.
Während scheinbar irgendein mysteriöses Wesen Jagd auf die Gäste macht und langsam eine Panik im Museum ausbricht, fördert Margo Green bei ihren Untersuchungen eine schreckliche Wahrheit zu Tage.
Zusammen mit D’Agosta versucht sie das Monster aufzuhalten und die übrigen Besucher lebend aus dem Gebäude zu schaffen…
Der Monsterfilm – oder im Fachjargon:
Creature Feature – gehört wohl zu den kniffeligsten Subgenres im Horrorbereich.
Einerseits könnte man darin versuchen, das Publikum über die gesamte Spielzeit mit der Präsentation einer atemberaubenden Kreatur (oder gleich mehrerer) zu beeindrucken, was aus Budgetgründen eher selten gelingt (als ein positives Beispiel darf wohl Steven Spielbergs Blockbuster „
Jurassic Park“ angeführt werden) und öfters in sparsamen Plastik-Trashfesten resultiert (siehe beispielsweise
hier).
Das Unterfangen kann zumindest sehr leicht peinlich in die Hose gehen.
Auf der anderen Seite gibt es aber auch Klassiker wie Ridley Scotts Raumschiff-Albtraum „
Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt“ (1979), bei welchem das titelgebende Wesen zu Beginn kaum oder nur im Schatten vor der Kamera fungiert und erst gegen Ende den Zuschauern sein hässliches Antlitz offenbart.
In der Tradition von zuletzt genanntem Film steht dann auch Peter Hyams' Reißer „Das Relikt“, dessen gelungenes Ungeheuer übrigens aus der Schmiede von Make-Up-Zauberer Stan Winston („
Edward mit den Scherenhänden“, „
Terminator 2 – Tag der Abrechnung“) stammt.
Abgesehen von dem kurzen Prolog in Südamerika, während welchem man in die magischen Bräuche der dortigen Indianer eingeführt wird, funktioniert das Werk eine Weile lang fast wie ein typischer Thriller über die Jagd auf einen Serienkiller.
Aber auch wenn man als Zuschauer bereits mehr Informationen als die im Film ermittelnden Protagonisten besitzt, bleiben die Hände bis zum Schluss fest in den Kinosessel gekrallt.
Das liegt zu einem Teil an dem sorgfältig aufgebauten Spannungsbogen, der eben nicht darauf aus ist, möglichst schnell die Bestie vor die Kamera zu bekommen oder mit permanenten Schockeffekten zu langweilen, sondern wirklich ein gewisses Maß an Suspense versprüht – schließlich weiss man, dass in den weiten Korridoren und Hallen des Museums ein Monster lauert und man spürt förmlich den knisternden Nervenkitzel, mit dem die Figuren in der Dunkelheit ihrem blutigen Schicksal entgegenirren.
Solange sich die Kreatur verdeckt hält, stellt das Museum selbst fast einen weiteren unheilvollen Charakter im Film dar.
Regisseur und Kameramann Hyams hat dessen Inneres in bedrohlich finsteren Bildern eingefangen, die den wahrscheinlich größten Trumpf des Werkes ausspielen: Eine zum Schneiden dichte Atmosphäre.
Selbst wenn die Story keine bahnbrechenden Neuigkeiten zu bieten hat und auch die Protagonisten sich so verhalten, wie man es aus ähnlichen Produktionen kennt, weiss „Das Relikt“ – vor allem auf der großen Leinwand – durch die starke Inszenierung zu begeistern.
Schade ist lediglich der Umstand, dass gegen Ende doch ein wenig mehr auf das Action-Pedal getreten wird, was vermutlich vielen Zuschauern sogar gefällt, aber den Rezensenten nicht so sehr wie der vorherige, stimmungsvollere Teil begeistert hat.
Zumindest Splatterfans bekommen in den Szenen dann ihre Mindestration Kunstblut geboten, wenn die Kreatur Museumsgäste vor laufender Kamera enthauptet.
Für Genre-Liebhaber ist „Das Relikt“ also eine absolut runde Sache und auch Mainstream-Zuschauer dürften sich hier bestens unterhalten fühlen.
Und wer Tom Sizemore auch gern mal in einer echten Heldenrolle erleben möchte – bitteschön!