They're not bad guys. Just bad thieves.
Manch einer wird nie die Faszination derer begreifen können, die wahrhaftig in der Lage sind, sich im bildgewordenen Schaffen großer Künstler zu verlieren. Denn wenn einfache, per Hand gezeichnete Linien plötzlich imposante Landschaften formen und vereinzelte, dezente Farbkleckser eine ganz bestimmte Atmosphäre generieren, dann trennt sich mitunter die Spreu vom Weizen. Bereits Goethe wusste in Bezug auf die Kunst, dass es dem Kenner obliegt, das einfach Schöne zu schätzen, der breiten Menge hingegen eher Verziertes zuspricht. Und daran hat sich bis heute nichts geändert.
Nicht anders ist es nämlich zu erklären, dass für Museums-Aufseher Roger Barlow (Christopher Walken) von heute auf morgen eine kleine Welt zusammenbricht, als ihm offenbar wird, dass das von ihm so vergötterte Gemälde
The Lonely Maiden im Rahmen eines Exponate-Tauschs mit einem dänischen Partnermuseum skandinavischen Avantgarde-Stücken Platz machen soll. Das kann und will er nicht gutheißen, doch was ist er als Einzelner schon auszurichten in der Lage? Erst als Roger bemerkt, dass er in seinem Kummer nicht allein ist, keimt Hoffnung in dem alternden Kunstfan, denn Gästebetreuer Charles (Morgan Freeman) findet ebenfalls keinen Gefallen an dem geplanten Tausch, soll doch auch sein Lieblingsgemälde schon bald die lange Reise ins viel zu weit entfernte Dänemark antreten. Aber wie dies verhinder
n? Hastig entwickeln Roger und Charles einen tollkühnen Plan, bei dem sie unerwartete Hilfe von Nachtwächter George (William H. Macy) erhalten, dem die Reisepläne seiner geliebten Skulptur eines nackten Mannes wahrlich missfallen. Kurzum: das Trio beschließt, die Kunstwerke noch vor dem Abtransport nach Dänemark zu entwenden und gegen Fälschungen auszutauschen. Dumm nur, dass Rogers Ehefrau Rose (Marcia Gay Harden) keinen blassen Schimmer von den Plänen ihres Göttergatten hat und den angehenden Möchtegern-Gaunern dadurch mehr als nur einmal Steine in den sowieso schon holprigen Weg legt...
Eine durchaus süße Idee: drei zum Teil schon recht betagte, dafür umso sympathischere Herren planen den ganz großen Coup, der sich fast zum Fiasko entwickelt. Klingt – abgesehen von der Teilnehmerzahl – bekannt? Nun, einige Parallelen zu den raffiniert-lässigen Abenteuern rund um
Danny Ocean und seine namhaften Spießgesellen lassen sich zwar nicht leugnen, können aber keineswegs als Hauptinspirationsquelle für
„BRUCHREIF“ („
The Maiden Heist“) herhalten. Denn nur, weil hier wie dort ein Raubzug durchgeführt wird, müssen Äpfel nicht gleich zu Birnen werden. Denn genaugenommen erzählt uns Regisseur
Peter Hewitt („Garfield“ [2004]) vorliegend die teils tragische, aber immer augenzwinkernde Geschichte dreier Männer, die für die Liebe zur Kunst, die Teil ihres Lebens geworden ist, alles in ihrer Macht Stehende unternehmen würden. Man könnte die Verbissenheit, mit der hier hinter Bildern und Skulpturen hergejagt wird, allzu einfach einer altersbedingten Borniertheit zuschreiben, doch der charmante Film ist schlau genug, diesen Fehlschluss gar nicht erst zuzulassen. Wer nämlich ein derartig altgedientes Star-Ensemble für einen
heist-Film auffährt, sollte tunlichst darauf bedacht sein, selbiges nicht zugunsten einer effektreichen, adrenalinfördernden Inszenierung zu verheizen.
„BRUCHREIF“ wird ohne Zweifel getragen durch die tolle Darstellerriege, die der einfachen, aber stringent erzählten Geschichte aus der Feder von
Michael LeSieur („Ich, du und der Andere“ [2006]) den nötigen Pfiff verleiht, um knappe 90 Minuten hindurch gut zu unterhalten. Es ist hierbei durchaus bezeichnend, dass sich die drei älteren Männer, denen man eher das Heben eines Bruchs als dessen tatsächliche, strafrechtlich relevante Begehung zutraut, von Anfang an zu den Sympathieträgern zählen können, wo es doch ein Leichtes wäre,
über sie, anstatt
mit ihnen zu lachen. Dann entblößt sich ein
William H. Macy („
Born to be Wild“ [2007]) halt gerne vor seiner geliebten Skulptur (die im übrigen auch keine Scham hat, unbekleidet in der Gegend herumzustehen) und erkundigt sich ein sichtlich besorgter Katzenliebhaber
Morgan Freeman („
Erbarmungslos“ [1992]) über den Zustand „seines“ Gemäldes, das nun einmal, wie man ja wissen müsse, sehr empfindlich sei: all dies sind schlicht liebenswerte, überzeichnete Macken in einem harmlosen Film, der den ansonsten fast schon pedantisch lässigen Soderbergh-Vehikeln einen erfrischend leiseren und kleinen Kollegen zur Seite stellt. Wer braucht schon Hightech, wenn ein Plan genauso gut mithilfe von Mensch-ärgere-dich-nicht-Figuren ausgetüftelt werden kann, die in Stop-Motion durch ein Museum wanken, das aus aufgetürmten Büchern besteht?
Wirkliches Glanzlicht ist aber – auch wenn uns das DVD-Cover etwas anderes suggerieren möchte – ein wieder einmal großartiger
Christopher Walken („
The Dead Zone“ [1983]), der selten zuvor derart zerbrechlich, schüchtern und unter der Fuchtel seiner – von
Marcia Gay Harden („
Der Nebel“ [2007]) hinreißend interpretierten – Ehefrau stehend wirkte. Auf der anderen Seite ist er fest entschlossen, alles für seinen geheimen Schatz zu tun. Alleine die Traumsequenz, in der Walken in bester
John McClane-Manier „seine“
lonely Maiden gegen Unheil verteidigt und den Tagtraum mit einem süffisanten Grinsen beschließt, zeigt dies in überaus amüsanter Form. Immer feinfühlig inszeniert, immer abseits wandelnd von schenkelklopfendem Klamauk.
Leider bleibt
„BRUCHREIF“ trotz aller Pluspunkte der ganz große Wurf verwehrt, da er ironischerweise gerade zum Ende hin einbricht. Da wird ein Problem allen Logikregeln zum Trotz auf schier unglaubwürdige Art und Weise aus der Welt geschafft, dass plötzlich die vorher aufgetretenen Probleme mit einem Paukenschlag relativiert scheinen. Vielleicht ist dies eine Marginalie in einem ansonst handwerklich soliden Film über die Schönheit von Kunst. Vielleicht. Möglicherweise liegt das Gelingen des Films, um auf Goethes Zitat zurückzukommen, aber auch schlicht und ergreifend im Auge des Betrachters, das vereinzelt Kenner schafft – und zuweilen die breite Masse straft.