Als das Kino sich Anfang der ´50er aufgrund des immer populärer werdenden Fernsehens in einer Krise befand, mussten die Großstudios umdenken und sich etwas Besonderes einfallen lassen, um die Zuschauer von der Mattscheide wieder in die Lichtspielhäuser zu locken.
Hier beginnt die goldene Zeit des 3D-Films (eine Technik, mit der bereits die Gebrüder Lumière bei ihrem Kurzfilm „
L'Arrivee d'un train en gare de la Ciotat“ (1895) experimentiert haben, wobei allerdings erst 1922 mit „The Power Of Love“ der erste längere Film, ausgestattet mit der Methode, seinen Weg auf die Leinwand finden sollte).
Vor allem in den Jahren ´53/´54 ist eine wahre Flut an Werken erschienen, die man mit der entsprechenden Papp-Brille auf der Nase mal
anders erleben konnte. Sogar Alfred Hitchcock hat es sich nicht nehmen lassen, bei seinem Krimi „Bei Anruf Mord“ (1954) in der Richtung herumzutüfteln.
Der nächste kleine 3D-Boom entstand - nachdem das Publikum von der ersten Film-Welle vollkommen übersättigt war - in kleinerem Rahmen erst wieder Anfang der ´80er, als sich besonders Horrorstreifen wie „Und wieder ist Freitag der 13.“ (1982) und „
Der Weiße Hai 3“ (1983) diese Methode zu Nutze gemacht haben, um ihrem Publikum trotz alter Geschichte eine neue Dimension des Schreckens zu verkaufen.
Als dann seit Anfang der ´90er das 3D-Kino mausetot war, sollte es dieses Mal ein ganzes Jahrzehnt dauern, bis die rot-grünen Seh-Aufsätze erneut an den Kinokassen rausgegeben werden.
Mit Kinderfilmen wie Robert Rodriguez´ „Spy Kids 3D“ (2003) ist der erste Schritt gewagt worden, die kleine Kino-Attraktion wieder für die Zuschauer salonfähig zu machen – natürlich mit einer ausgefeilteren Technik, als noch in den Jahrzehnten zuvor.
Soviel zum filmhistorischen Mini-Rückblick.
Inzwischen ist der Zeitpunkt gekommen, an dem auch Streifen für Erwachsene wieder den besonderen Bonus erfahren sollen – und welches Genre bietet sich da mehr an, als der bluttriefende Horrorfilm?!
Natürlich hat die Rückkehr zu dieser Methode noch einen anderen Grund, als das Publikum mit einer neu entwickelten Technik unter dem Namen „Real D“ (nicht zu verwechseln mit dem „Cypress Hill“-MC B-Real) zu begeistern. Schließlich erlebt das Kino momentan wieder - einerseits durch das inflationäre Herunterladen aktueller Filme von Tauschbörsen aus dem Internet, andererseits aufgrund der oft mangelhaften Qualität der Produktionen an sich – eine handfeste Krise, was die zurückbleibenden Besucherzahlen bei vielen groß beworbenen Blockbustern angeht.
Das Hauptinteresse der Studios besteht also natürlich darin, die verlorenen Schafe wieder auf die Weide zu führen…was ja auch gar nicht so verkehrt ist, wenn einem für sein sauer verdientes Geld auch ein gewisser Gegenwert geliefert wird.
Den Anfang der dreidimensionalen Blutbäder wagt nun Patrick Lussier (Schnitttechniker von „
Scream - Schrei!“ und Regisseur von „Wes Cravens Dracula“) mit seinem Remake von George Mihalkas 80´s-Schocker „My Bloody Valentine“ („Blutiger Valentinstag“, 1981), während „
Final Destination 4 (3D)“ und Alexandre Ajas „Piranha“-Neuauflage in Kürze folgen sollen.
Inhaltlich sollte man sicherlich keine großen Ansprüche an „My Bloody Valentine 3D“ stellen – ebenso wie beim Original handelt es sich um einen, zumindest für Genre-Fans, spannend umgesetzten (und vor allem fies-brutalen) „Slasher“, der manchmal dem Geist der alten Schule verdammt nahe kommt.
Auch die Story ist (nahezu) mit der des Vorgängers identisch:
Zehn Jahre nach dem Massaker, das der wahnsinnige Minenarbeiter Harry Warden an einem Valentinstag angerichtet hat, kehrt der Überlebende Tom Hanniger (Jensen Ackles) in seine Heimatstadt zurück.
Seine frühere Freundin Sarah (Jaime King) ist inzwischen mit dem Sheriff Axel Palmer (Kerr Smith) liiert, und von der Rückkehr ihres Ex sichtlich überrascht.
Nach dieser Dekade der Ruhe treibt nun am „Tag der Liebenden“ plötzlich wieder ein Killer in Minenarbeiter-Kluft und mit Spitzhacke bewaffnet sein Unwesen. Der Verdacht fällt natürlich sofort auf den durch das Blutbad für viele Jahre traumatisierten Tom. Doch dieser beteuert seine Unschuld und glaubt, dass die Kugeln, die damals auf Harry Warden abgefeuert worden sind, vielleicht doch nicht tödlich waren, und dieser erneut die herzförmigen Pralinenschachteln mit bluttriefenden Innereien füllt…
Ob einem „My Bloody Valentine 3D“ letztendlich zusagt oder nicht, hängt von den Antworten auf zwei ganz zentrale Fragen ab: Ist das Kino für eine 3D-Vorführung ausgerüstet? Und noch viel wichtiger: Ist der betreffende Zuschauer ein Fan von inhaltlich flachen, aber ansonsten schwer unterhaltsamen Horrorfilmen?
Wenn Beides mit einem
Ja beantwortet werden kann, steht einem spannenden und manchmal recht atmosphärischen Splattervergnügen nichts mehr im Wege.
Da aber gerade hierzulande viele Lichtspielhäuser nicht über die nötige Technik verfügen, werden viele Fans mit der 2D-Version des Films Vorlieb nehmen müssen, was den Spaß zwar schon etwas schmälern wird, sich aber halt auf die Schnelle auch nicht ändern lässt.
So sind natürlich sämtliche Taten des Killers mit teilweise sehr viel Einfallsreichtum entsprechend gestaltet worden, dass sie sich durch die zugehörige Brille zu einem wahren Fest für ausgehungerte „Gore-Hounds“ entwickeln…sehr eindrucksvoll ist zum Beispiel eine Szene zu Beginn, wo Harry Warden einem Protagonisten den Kopf etwa auf Mundhöhe horizontal mit einer Schaufel abtrennt, und anschließend der obere Anteil in Richtung des Publikums herunter rutscht.
Autsch!
Natürlich will der Film in solchen Momenten Gewalt nicht von einem kritischen Standpunkt betrachten, sondern schlicht und ergreifend auf subversive Art unterhalten.
Wer sich genötigt fühlt, zu jedem Film moralische Parolen zu klopfen, sitzt bei „My Bloody Valentine 3D“ definitiv im falschen Kinosaal.
Wenn man sich im direkten Vergleich das diesjährige „
Freitag der 13.“-Remake von Marcus Nispel anschaut, so hat Patrick Lussiers US-Kinohit schon in mancher Hinsicht die Nase vorn.
Abgesehen von dem 3D-Bonus beinhaltet das Werk zwar keine tiefgründigen, aber dafür eindeutig weniger peinliche Charaktere und auch die grimmig-düstere Stimmung erinnert eher an ´80er-Stoff à la „
The Prowler - Die Forke des Todes“ (1981) als an moderne, hippe „Horrorfilme“.
Jensen Ackles und Kerr Smith, die beide mal ihr Gesicht für den TV-Schmalz „Dawson´s Creek“ hergehalten haben, füllen ihre Rollen als Antagonisten recht ordentlich aus, wobei die Identität des Killers am Ende auf sehr spannende Weise hinausgezögert wird. Die Auflösung an sich ist dann leider doch recht lahm, aber immerhin besser, als ob man sich auf die Schnelle einen sprichwörtlichen Hasen aus dem Hut gezaubert hätte.
In einer Nebenrolle gibt es übrigens Tom Atkins zu sehen. Ja, genau – den kennt man als Horrorfan…oder sollte es zumindest aus Werken wie John Carpenters „
The Fog – Nebel des Grauens“ (1980) oder George A. Romeros „Creepshow“ (1982).
Wem das alles trotzdem noch nicht für einen Kinobesuch reicht, bekommt noch eine 10-minütige Nacktszene mit der heißen Schauspielerin Betsy Rue (war schon in „
Nach 7 Tagen ausgeflittert“ zu sehen) obendrauf gelegt. Jetzt zufrieden? Klar, das ist zwar nur für US-Verhältnisse skandalös, aber wir sind ja hier auch nicht im abgesperrten Bereich einer Familienvideothek.
„My Bloody Valentine 3D“ ist ein Film, der Spaß macht (oder den zumindest machen
soll). Nicht mehr, nicht weniger. Vor allem ist dies aber ein Film für
Fans, nicht für
Kritiker.
Und wer ein Kino mit 3D-Ausrüstung erwischt, darf auf die vier Sterne noch gerne einen mehr drauflegen. Es sei denn, derjenige erwartet hier tatsächlich Shakespeare...