Das schöne an Filmen, die für einen Appel und Ei gemacht sind, ist ja quasi folgendes: die Beteiligten können sich kaum hinter technischen Spielereien und ihren großen Namen verbergen, sondern müssen sich viel mehr darauf verlassen, was gute Low-Budget von schlechten Low-Budget-Filmen unterscheidet – Talent. Gerade auf dem Horrorsektor gibt es inzwischen zahlreiche Produktionen die gerade einmal als besseres Heimvideo gesehen werden können, aber sich nur in der Menge des Gekröses unterscheiden; wirklich gut sind die meisten davon nicht. Selbst anhand der Cover kann man kaum erkennen, ob die Filme nun Filme im eigentlichen Sinne oder eben Amateurschmodder sind. Und dann kommt da doch mal wieder ein kleiner aber wiederrum sehr feiner Film mit dem etwas sperrigen Titel „Die-ner (get it?)“ daher, der dem geneigten Zuschauer viel Freude machen kann, mit Einfallsreichtum überzeugt, aber natürlich auch nicht perfekt ist.
In Patrick Horvaths Erstling vermischen sich verschiedenste Genre zu einem obskuren Cocktail für den verständigen Filmfan; Zombiehorror irgendwo zwischen B-Movie und bewusstem Blödsinn, natürlich mit einer dicken Portion Rodriguez bzw. Tarantino und ihrem modern classic „
From Dusk till Dawn“. Denn auch hier vermischt sich eine Killergeschichte mit Horrorgestalten, allerdings in Form von Zombies statt Vampiren. Der Drifter Ken strandet in einem Dinner an einer t
ypisch amerikanischen Landstraße im Nirgendwo. Aus purer Lust, und weil er es halt kann, bringt Ken dann auch völlig unmotiviert die Kellnerin Rose und den Koch Fred um und sperrt die Leichen in die Kühlkammer. Schon bald finden sich die nächsten potentiellen Opfer ein: die zerstrittenen Eheleute Rob und Kathy wollen eigentlich nur einen Kaffee und eine Kleinigkeit zu essen, doch Ken, der sich als Angestellter ausgibt, wird schnell zudringlich. Glücklicherweise kommt dann noch Sheriff Duke herbei, der den beiden erst einmal das Leben rettet. Allerdings wird er auch schnell misstrauisch, da Ken ihn nicht wirklich überzeugt. Glücklicherweise taumelt dann aber der enorm blasse Fred wieder durch die Küche, der ja eigentlich tot sein sollte...
Ein psychopathischer Gangster der sich mit Geiseln in einer Raststätte voller Zombies befindet? Sicherlich, „Die-ner“ ist in der Grundgeschichte ein nicht sonderlich originelles FDTD Ripoff. Was aber auch gar nicht schlimm ist; denn für einen Indie-Film mit einem Budget von knapp 100.000 Dollar überzeugt „Die-ner“ als krude Horrorgroteske, die sich eben nicht auf Gedärme und Geschmacklosigkeiten verlassen muss, sondern vor allem durch den tiefschwarzen Humor und gewitzte Inszenierung überzeugen kann. Denn die wenigen Effekte die der Film auffährt sind dabei nicht besonders überzeugend und vor allem auch leicht durchschaubar. Dafür reißt die Hauptfigur, Ken, so einiges wieder heraus und macht den Film schwer unterhaltsam. Denn Ken ist nicht wirklich der 08/15 lakonische Gauner der im Fahrwasser von Tarantinos
Pulp Fiction auf einmal sämtliche B-Filme dieser Welt bevölkerte, sondern viel mehr ein genuiner Psychopath, der aber gerade durch seinen pragmatischen Sadismus für einige Schmunzler sorgen kann; dadurch läuft der Film auch kaum in Gefahr das Interesse der Zuschauer zu verlieren, da die Figur Ken gut genug funktioniert, jenseits eines sadistischen Misanthropen, mit dem sich die Zuschauer ja wohl kaum identifizieren würden.
Aufgrund diesen sadistischen Pragmatismus schneidet Ken seinen gefesselten Geiseln auch mal einen Finger ab, mit dem Versprechen, ihnen diesen bei Kooperation zurückzugeben – in einem Film voller Zombies natürlich, Wortspiel ahead, gefundenes Fressen für diese. Auch als er den völlig nervösen Rob dazu bringt, einem Zombie versuchsweise einen Nagel in den Schädel zu hauen, wird die angespannte Szenerie von dem lakonischen Kommentar unterbrochen, der gute möge doch nicht mit einem harten Schlag den Nagel hineinhämmern, sondern ihn lieber durch stetiges Klopfen ihn langsam versenken. Das klingt aber alles brutaler als es eigentlich ist, da der Film erstens nie wirklich zeigefreudig ist, und zweitens die Szenerie ohnehin vielmehr an einen extrem schwarzhumorigen Comic erinnert – und dadurch wieder ein enormes Grindhousefeeling erreicht, auch wenn ihm hier zu einem vollständigen Triumph der Schmuddel abgeht. Der Witz ergibt sich dabei nicht nur aus den Dialogen und Aktionen, sondern auch aus der eigentlichen Regie und dem Schnitt, da häufig mittels Schwarzbilder in neue Szenen übergeblendet wird, und schon in diesen Schnitten eine Komik existiert, die dem Zuschauer auf die leise Art ein Schmunzeln ins Gesicht treibt. Göttlich Kens Gesichtsausdruck, wenn Duke den Koch begrüßt, der ja eigentlich tot in der Kühlkammer liegen sollte!
Trotz der schwer unterhaltsamen Geschichte und Inszenierung, den witzigen Charakteren und dem grimmigen Humor, schleichen sich, trotz der knappen Länge von 75 Minuten mit Abspann leider auch ein zwei Längen ein. Diese stören den Fluss des Films zwar nicht unbedingt, allerdings wirken sie fast etwas selbstverliebt, da Regisseur Horvath auch das Drehbuch schrieb, und man in diesen wenigen Szenen dein Eindruck bekommen könnte, er will damit mehr sich selbst inszenieren. Dabei hat er das eigentlich nicht nötig: die Regie ist überraschend ruhig, die Kameraeinstellungen unkonventionell und gerade der Anfang fast schon art-housig; hätte ich von einem billigen Indie-Zombiestreifen so nicht erwartet, Respekt. Aber auch auf der technischen Seite gibt es Abzüge in der B-Note: so vertrauen die Macher ihren Spezialeffekten überhaupt nicht, und das auch zu recht. Wo deutsche Amateurfilmer im teutonischen Wald-und-Wiesen-Splatter ihr ganzes Talent und Geschick normalerweise in das blutige Gekröse stecken (Hallo, Olaf I.), sind die wenigen Tricks bei „Die-ner“ ziemlich durchsichtig, gerade die Szene mit dem Nagel kann hier kaum überzeugen, und auch der abgetrennte Kopf wird von der Kamera nie so eingefangen, dass die Illusion funktionieren würde.
Alles in allem ist „Die-ner“ aber eine sehr gelungene schwarze Horrorkomödie mit Zombies, einem unterhaltsamen Killer, vielen herrlichen Einfällen, jeder Menge Panzertape und ausreichend kurzer Laufzeit, um bei Nichtgefallen nicht der verschwendeten Lebenszeit hinterherweinen zu müssen. Falls der irgendwann mal erscheint, dann spreche ich hiermit einen Tipp aus! Und natürlich auch an dieser Stelle wieder vielen herzlichen Dank an das Team und vor allem an Seth Martin für die Screener-DVD!