Wer hätte das gedacht?
TV-„Hercules“ Kevin Sorbo überzeugt in P.J. Pettiettes Horrorkomödie „Julia X“ als romantischer Serienkiller und auch die inzwischen reichlich abgenutzte 3D-Technik präsentiert sich hier nochmal von ihrer allerbesten Seite.
In „Julia X“ geht es um Sadisten und Masochisten – und Personen, die unwissentlich zwischen deren reichlich perverse Spielchen geraten.
Internet-Dates sind keine ganz so sichere Sache.
Das muss die schnuckelige Julia (Valerie Azlynn, „The Big Bang Theory“) am eigenen Leib erfahren, als sie sich auf ein Treffen mit einem fremden Verehrer (Sorbo) einlässt, der sich bald als ein berüchtigter Psycho entpuppt, welcher seinen weiblichen Opfern ein Buchstaben-Branding verpasst, bevor er sie schließlich kaltblütig tötet.
Julia ist sein persönliches
X.
Im Versteck des Fremden gelingt der jungen Frau die Flucht.
Und obwohl ihr der Ladykiller dicht auf den Fersen ist, versteht es Julia, sich eindrucksvoll zur Wehr zu setzen.
Der Triebtäter hat sich dieses Mal definitiv das falsche Opfer ausgesucht, denn seine neue Beute dreht den Spieß reichlich selbstbewusst um...
Pettiette, der zuvor ausschließlich als Produzent und Autor von relativ unbekanntem Genre-Schund in Erscheinung getreten ist, hat mit seiner ersten Regiearbeit eine echte Überraschung aus dem Hut gezaubert.
„Julia X“ ist spannend, witzig, sexy, auf seine reichlich abgründige Weise ziemlich charmant – und gefällt außerdem (nicht nur in Bezug auf den verblüffend gelungenen 3D-Einsatz) aufgrund seiner sehr liebevollen Inszenierung und seines Auges für das Skurrile in seiner extremsten Form.
Zu viele Informationen über den schrägen Inhalt des Werkes preiszugeben, würde den Kinospass vermutlich etwas abmildern, weshalb an dieser Stelle auf weitere Spoiler verzichtet werden soll.
Der Film beginnt wie ein typischer Teenie-Slasher, der, abgesehen von seinem schicken Look und den charismatischen Darstellern, zunächst nur die alte Leier von der Flucht der knackigen Heldin vor ihrem mörderischen Verfolger abzuspulen scheint.
Kevin Sorbo ist als
Branding-Killer mit einer Vorliebe für alte Schnulzen auf dem MP3-Player eine ganz eigene Marke, die sich womöglich sogar neben berühmten Leinwand-Schlitzern wie Jason, Freddy oder Michael in Zukunft hätte behaupten können (mit dem Jigsaw-Killer ist es immerhin – vorübergehend? - vorbei) – würde „Julia X“ nicht kurz darauf eine ganz andere Richtung einschlagen und...aber wir wollten ja nicht zu viel verraten.
Nur damit das jetzt niemand falsch versteht:
Der folgende Story-Twist bietet inhaltlich prinzipiell wenig neues, aber versteht trotzdem mit seiner sehr cleveren und humorvollen Umsetzung auf ganzer Linie zu überzeugen.
In Sachen Ausstrahlung steht Valerie Azlynn als Objekt der Begierde ihrem männlichen Gegenpart übrigens in nichts nach - auch wenn der Film natürlich erst seinen bewusst konventionellen Beginn hinter sich lassen muss, bis die Mimin richtig aufdrehen darf.
Die vermutlich amüsantesten Performances gehen aber auf das Konto von Alicia Leigh Willis („General Hospital“) und Joel David Moore („
Hatchet“), die...da schweigen wir uns erneut besser aus!
„Julia X“ erinnert streckenweise angenehm an Sean Byrnes grossartig-verdrehten „
The Loved Ones“ (2009), aber könnte auch ebensogut eine weitere Spielfilm-Ausgabe der
Tales From The Crypt sein.
Der Humor ist hier zumindest ähnlich comichaft-gallig und rabenschwarz.
Anspruchsvolle Unterhaltung sieht selbstverständlich anders aus, nur will P.J. Pettiette mit seinem Film ganz offensichtlich auch nur ein kleines Feuerwerk für Freunde des morbiden Kinos abbrennen.
Andere sollten wohl eher einen Bogen um diese herzhafte Schweinerei machen.
Zuschauer, die selbst durch ein solch surreales und überspitztes Szenario in einen moralischen Konflikt geraten, werden mit dem Werk definitiv ihre Probleme haben:
„Julia X“ lässt für 90 Minuten sämtliche Moral frech links liegen und serviert Gemeinheiten in allen erdenklichen Erscheinungsformen - ohne dabei aber bemüht irgendwelche Grenzen sprengen zu wollen oder ein neues Gore-Level zu etablieren.
Der Film ist letztlich einfach ein frisches, durchweg kurzweiliges Exploitation-Späßchen.
An Kunstblut und so mancher böser physischer Grausamkeit lässt es der Regisseur selbsverständlich nicht mangeln.
Dass deren Ausmaß bei beinharten Splatterfans allerdings mehr als den hohlen Zahn füllen wird, ist unwahrscheinlich.
Mit Sicherheit ist dies kein Werk für Zartbesaitete, aber das Hauptaugenmerk liegt hier dennoch eher auf den herrlich-verkorksten Charakteren und den humoristischen Einlagen, als nur auf einer stumpfen Aneinanderreihung von Metzeleien.
Während das aktuelle 3D-Verfahren ja trotz neuer Möglichkeiten vermehrt eingesetzt wird, um vermeintliche Gegenstände auf das Publikum „zufliegen“ zu lassen, kommt dieser Technik in „Julia X“ ein anderer Nutzen zu:
Das 3D vermittelt den Zuschauern hier tatsächlich ein gewisses Gefühl für Raum und Tiefe – etwas, das man in dieser Form, in einem Film dieser Art, wohl noch nicht erlebt hat.
Ein Erlebnis, das ist „Julia X“ zweifellos.
Vielleicht nicht im Sinne eines großen Abenteuerepos.
Aber ein Erlebnis für all jene, die sich gerne einen Abend lang an einer kleinen und gemeinen Horrorstory mit einem netten Twist, merklich gut aufgelegten Darstellern und einer unerwarteten, inszenatorischen Qualität erfreuen möchten.
Hoffen wir also, dass das Werk hierzulande den Sprung auf die große Leinwand schafft. Denn da gehört es hin. In 3D.