Inzwischen dürften vermutlich alle gut informierten Kinogänger von dem neuesten Sensationserfolg aus Übersee gehört haben.
Dieser heisst „Paranormal Activity“, ist eigentlich bereits im Jahr 2007 entstanden und hat lediglich 11,000$ an Entstehungskosten verschlungen. Das soeben genannte Budget hat der Streifen bereits am Eröffnungswochenende im September 2009 um das Siebenfache wieder eingespielt – keine schlechte Leistung, vor allem in Anbetracht des limitierten Starts auf 12 Leinwänden! Inzwischen darf sich der von Regieneuling Oren Peli inszenierte Film damit rühmen, den sechsten Teil der lukrativen „Saw“-Reihe an den US-Kinokassen hinter sich gelassen zu haben und sogar von der Hollywood-Ikone Steven Spielberg („
Jurassic Park“, „
München“) als äußerst furchteinflössende Erfahrung beworben zu werden.
Also was hat es nun tatsächlich auf sich mit
„dem Film, über den jeder redet“ (aus der Werbung)? Dass um „Paranormal Activity“ ein regelrechter – Pardon! –
Hype entstanden ist, lässt sich definitiv nicht leugnen. Doch wird das Werk den immer lauter werdenden Lobeshymnen gerecht, oder lässt sich die Euphorie des Publikums wie zuvor bei dem guten, aber sicher nicht bahnbrech
enden, „
District 9“ (2009) vermehrt auf die clevere Vermarktung und die schwachen Konkurrenzproduktionen schieben?
Bevor wir nun aber versuchen, dieser Frage auf den Grund zu gehen, sollen zunächst einmal ein paar Worte über den Inhalt des Films verloren werden:
Das Paar Katie (Katie Featherston) und Micah (Micah Sloat) bezieht ein neues Haus in einem ruhigen amerikanischen Vorstädtchen. Katie, die bereits seit langer Zeit nachts Zeuge von unheimlichen Vorfällen, wie z.B. unerklärlichen Geräuschen und Stimmen, ist, sucht nun in ihrer Verzweiflung bei einem Experten des Übernatürlichen (Mark Fredrichs) Hilfe. Dieser kann in dem Haus eine gefährliche Kraft ausmachen und rät den Beiden, vor dem Geist oder Dämon auf der Hut zu sein und lieber einen seiner Kollegen zu konsultieren. Natürlich zweifelt der rationale aber dennoch neugierige Micah dessen Fähigkeiten an, und möchte lieber auf eigene Faust die Ursache der nächtlichen Störungen erforschen. Mit Hilfe einer Videokamera hält er die zunächst eigenartigen, aber für ihn noch nicht alarmierenden, Ereignisse fest, um sie am darauf folgenden Tag zu analysieren.
Tatsächlich scheint das körperlose Etwas im Haus von Nacht zu Nacht stärker zu werden, und als das Pärchen es schließlich schafft, den Hintergrund einer auf unerklärliche Weise auf einem
Ouija-Brett hinterlassenen Nachricht zu entschlüsseln, scheint es schon zu spät zu sein – das Unheil nimmt seinen Lauf…
Wie bereits beim Megaerfolg „
The Blair Witch Project“ (1999) wird auch in „Paranormal Activity“ das Geschehen lediglich durch eine subjektive Kamera eingefangen. Nur gelegentliche Schriftzüge geben den Tag und die Uhrzeit an, ansonsten wird der Zuschauer – wie auch die Protagonisten selbst – durch die Aufzeichnungen langsam Zeuge der grausigen Ereignisse, die sich im weiteren Verlauf immer weiter zuspitzen und das Paar an den Rand des Wahnsinns treiben.
Um nun wieder auf die zuvor gestellte Frage einzugehen: Wird „Paranormal Activity“ also seinem Ruf als
der grandiose Horrorschocker gerecht? Der Rezensent antwortet hier mit einem
Nein…und einem
Ja! Doch wie darf man diese duale Einschätzung jetzt verstehen?
Nun, wer erwartet, den von Übersee herüberschwappenden
Hype in vollem Umfang auf der Leinwand wiederzufinden, dürfte nach dem Kinobesuch ein wenig enttäuscht sein: Wir haben es hier mit einem weitgehend subtilen, gerade auf auditiver Ebene sehr effektiven und durchaus gruseligen Film zu tun, der recht überzeugend das Konzept von Daniel Myricks und Eduardo Sánchez´ erwähntem Meisterwerk fortführt, aber dabei trotz hoher Spannungsdichte nicht wirklich zum Original aufschließen kann. Was „Paranormal Activity“ im direkten Vergleich fehlt, ist eine packendere und ausgefeiltere Mythologie hinter dem Gezeigten – etwas, das allein durch dessen Kenntnis beim Publikum schon die Nackenhaare vor dem nächsten Knarren oder Klopfen aufzustellen vermag.
Im Prinzip ist Oren Pelis Erstling eine Art
Real-Version von Klassikern wie „Poltergeist“ (1982) und „
Der Exorzist“ (1973), die – wie bereits die Sternchenwertung erkennen lässt – sehr gut funktioniert, aber in Zukunft wohl keine besondere Stellung im Horrorgenre einnehmen wird.
Angenehm fallen in der
Low-Budget-Produktion vor allem die beiden natürlichen Hauptfiguren auf, die hier nicht von irgendwelchen aalglatten Hollywood-Schönlingen verkörpert werden, sondern von ganz gewöhnlich aussehenden Menschen, mit denen man sich in der Notlage viel besser identifizieren kann. Die Panik der Protagonisten überträgt sich deshalb sehr schnell auf das Publikum und sorgt bestimmt bei so manchem für kalte Schweißperlen auf der Stirn.
Außerdem ist positiv anzumerken, dass der Film, trotz anfänglich zurückhaltender Schockmomente, nie Langeweile beim Zuschauer aufkommen lässt, und es im letzten Drittel auf vortreffliche Weise versteht, diesem das nackte Grauen ins Gesicht zu zaubern –
Versprochen!
Für pubertäre Kids, die Blut und Gedärme von der Leinwand tropfen sehen wollen, ist „Paranormal Activity“ freilich nicht geeignet, Freunde des gepflegten Gruselkinos kommen dagegen voll auf ihre Kosten…die Erwartungen auf einen Meilenstein sollte man vor dem Anschauen allerdings über Bord werfen.
Ärgerlich ist nur mal wieder die Tatsache, dass qualitativ sogar etwas bessere Streifen wie die
Fake-Killerdokumentation „
The Poughkeepsie Tapes“ (2007) oder der australische Schocker „Lake Mungo“ (2008) wegen mangelndem Marketing oder fehlendem
Release ein Schattendasein führen und der Erfolg eines Films leider von seiner Verfügbarkeit abhängt.
Dennoch ist der Siegeszug von „Paranormal Activity“ wohlverdient, wenn auch die Zahlen ohne eine gewisse, populäre Unterstützung bestimmt nicht ganz so phänomenal ausgesehen hätten.
Ohne jetzt weiter viele Worte über das
Wenn und
Aber zu verlieren und
Hype hin oder her:
Gruselfreunde werden wohl ihre Freude an dem Werk haben.