In seinen dunklen Augen irrlichtert ein Feuer. Es spiegelt sich beinah in der Scherbe in seiner Hand. Von seinem Gesicht tropft Blut.
Doch Dorian Grays (Ben Barnes) Geschichte beginnt ein Jahr zuvor: Nach dem Tod seines Großvaters kehrt er nach London zurück. Zurück in das Haus eines Mannes, den er zuletzt als kleiner Junge sah. Es ist ein düsteres Haus, an das er noch dunklere Erinnerungen hat.
Dorian macht alsbald die Bekanntschaft des Malers Basil Hallward (Ben chaplin). Das Auge des Künstlers ist geblendet von der naiven Schönheit und Jugend, die er für die Ewigkeit festhalten will. Doch Dorians Unschuld bekommt erste Risse, als er dem charismatischen Lord Henry Wotton (Colin Firth) vorgestellt wird, der ihn fortan unter seine Fittiche nimmt. Er führt Dorian gleichsam in die höchsten wie die niedrigsten Kreise Londons ein.
Einer seiner Wege als Begleiter von Lord Henrys nächtlichen Streifzügen führt Dorian in die Spelunken Whitechapels, wo er sich auf den ersten Blick in die ärmliche Schauspielerin Sybil Vane (Rachel Hurd-Wood) verliebt. Er überzeugt sie von der Tiefe seiner Gefühle und möchte sie zur Frau nehmen. Doch bald wird klar, dass Dorian sein Versprechen nicht wird halten können.
Dorian lernt schnell, dass ihm seine Schönheit jegliche Tür öffnet. Mit Lord Henry an seiner Seite taucht er ein in eine Welt aus Zigaretten, Opium und Gin, in der Lust und Rausch wichtiger sind als Gedanken an Rechtschaffenheit oder Moral. Sein Charme stellt bald jeden in den Schatten, und als Maler Basil schließlich Dorians Porträt enthüllt, ist auch der junge Mann selbst geblendet vom eigenen Anblick. Doch seine Freude wird getrübt durch Lord Henrys Bemerkung, dass er - Dorian - im Gegensatz zu seinem Bildnis altern würde. Die Antwort auf die vermeintlich rhetorische Frage, ob er seine Seele verkaufen würde für ewige Jugend und Schönheit, fällt nicht schwer.
Dorians Wunsch scheint in Erfüllung zu gehen: Er wirk unverwundbar, ja geradezu vollkommen. Kein Kratzer und keine Narbe verunziert seinen Körper. Gleichzeitig zeigen sich beunruhigende Veränderungen an Basils Porträt: Mit jeder von begangenen Sünde wird es hässlicher. Damit niemand sein Geheimnis entdeckt, schließt Dorian das Bildnis auf dem Dachboden ein. Doch als Basil eine Ausstellung mit dem Porträt als Herzstück plant und Dorian es nicht herausrücken will, schöpft der Maler Verdacht.
Dorian verlässt die Stadt und kehrt erst 25 Jahre später zurück. Für ihn scheint die Zeit stehen geblieben - im Gegensatz zu seinen alten Freunden. Als er die Bekanntschaft von Lord Henrys Tochter Emily (Rebecca Hall) macht, ist Dorian fasziniert. Doch seine Vergangenheit ist nur äußerlich spurlos an ihm vorüber gegangen.
Nach "Ein perfekter Ehemann" (An Ideal Husband, 1999) und "Ernst sein ist alles" (About the Importance of Being Earnest, 2002) verfilmt Regisseur Oliver Parker mit "Dorian Gray" bereits den dritten Klassiker von Oscar Wilde. Obwohl Parker in einigen gruseligeren Sequenzen an seine filmischen Anfänge an der Seite von Clive Barker (Hellraiser - Das Tor zur Hölle) anknüpft, stehen bei einem Werk von Oscar Wilde - völlig zu Recht - verbale Zweideutigkeiten und Wortwitz im Mittelpunkt. Wer bei "Das Bildnis des Dorian Gray" kurzweilige Action erwartet, ist bestimmt falsch. Mit einer Laufzeit von fast zwei Stunden stellt Parker die Geduld des Publikums allerdings etwas auf die Probe. Als gäbe die Romanvorlage nicht genug an Dramatik her, fügte Drehbuchautor Toby Finlay zusätzliche Erzählelemente - etwa die Figur der Emily Wotton - ein.
Oliver Parkers Verfilmung konzentriert sich stark auf die zugegebenermaßen recht gelungene Optik, die "Gruselelemente" hätte man sich allerdings sparen können - sie stören. Colin Firth spielt seinen Partner schlicht an die Wand, denn Ben Barnes macht im Wesentlichen das, was er gut kann: hübsch sein. Nur in einigen wenigen Momenten bringt er die Tiefe seiner Figur wirklich zum Ausdruck. Was den Film dennoch sehenswert macht, sind zum Einen Oscar Wildes Dialoge, die teilweise wörtlich aus dem Roman übernommen wurden (unbedingt im Original anschauen!), zum anderen die Zeitlosigkeit des Themas. Der Dandy Oscar Wilde erhob Schönheit zum Mythos, fast schon zur Religion. Dabei ist die Sehnsucht nach Jugend und gutem Aussehen heute vielleicht aktueller als zu Beginn des 20. Jahrhunderts: Botox, Essstörungen, Schönheits-OPs. Zeit, dass uns jemand daran erinnert: "Some things are more precious, because they don't last."