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Project X

Project X

Ein Film von Nima Nourizadeh

SpĂ€testens seit im Sommer vergangenen Jahres eine 16-jĂ€hrige SchĂŒlerin aus Hamburg ĂŒber ein soziales Netzwerk ihre engsten Freunde und Bekannten zu ihrer Geburtstagsparty einladen wollte, dabei aber vergaß, ein HĂ€kchen hinter der Option „Nicht öffentlich“ zu machen, woraufhin Hundertschaften an ungebetenen Fremden in Richtung Wohnhaus des MĂ€dchens pilgerten, macht auch hierzulande der unwortartige Begriff der „Facebook-Partys“ die Runde. In „Project X“, der sinnverdrossenen Teenager-Comedy-Orgie des Iraners Nima Nourizadeh, wird diesem PhĂ€nomen reichlich unsubtil versucht auf den Grund zu gehen, wobei der Massenauflauf hier kein Malheur, sondern bewusst von den Protagonisten inszeniert ist. Der Found-Footage-Ansatz, mit dem zuletzt in „Chronicle“ dem Superhelden-Genre ĂŒberraschend neue Aspekte abgewonnen werden konnten, wird hier nun in gewohnt semidokumentarischer Digicam-Manier fĂŒr das Teeniefilm-Genre bemĂŒht – das steigert anfangs immens die IntensitĂ€t, wirkt aber im spĂ€teren Verlauf zunehmend wie eine einstudierte Masche.

Obgleich die Eltern dem Geburtstagskind Thomas (Thomas Mann II) und seinen beiden Außernseiter-Kumpels Costa (Oliver Cooper) und JB (Jonathan Daniel Brown) ans Herz gelegt haben, nicht mehr als fĂŒnf Leute einzuladen, planen die drei anerkennungssĂŒchtigen JungmĂ€nner die ganz große Sause. Dass die Nachricht von der mit dem Konsum von Spirituosen und Gras angeheiterten Party sich wie ein Lauffeuer ĂŒber di
e elektronischen Medien verbreitet, war so gedacht. Dass schlussendlich aber annĂ€hernd ein ganzes Dorf in der sturmfreien Bude aufkreuzt, konnte man so nicht unbedingt erahnen. Die Geburtstagsfeier lĂ€uft völlig aus dem Ruder, und so klagen bald nicht nur die Nachbarn ĂŒber die LĂ€rmzumutung, sondern es kreisen am Ende gar die Polizeihubschrauber ĂŒber dem großflĂ€chigen Garten von Thomas` Eltern


Project XProject XProject X
„Project X“ ist intendiert als Film fĂŒr eine eingeschworene Zielgruppengemeinde, die – anders als es der Film zu propagieren versucht – Outsider konsequent außen vor lĂ€sst. Theoretisch ist der Zugang, den Nourizadeh zum filmischen Parkett seiner Genre-Ahnen John Hughes („The Breakfast Club“) und Cameron Crowe („Say Anything“) wĂ€hlt, mutig. VordergrĂŒndig illustriert der iranische Regisseur eine dekadent-abgestumpfte Jugend, die ihren Kompass verloren hat und ihr Heil im Überschreiten von Grenzen sucht. Dabei kupfert er zunĂ€chst mit cleverer Übersicht bei den ĂŒblichen VerdĂ€chtigen des Genres ab, nur um sie im nĂ€chsten Moment durch das Treten in Plot-FettnĂ€pfchen zu verraten. Die Darsteller sind Laien, die ihre wirklichen Namen in den Film ĂŒbernehmen. Dem Dickerchen JB, der beim ResĂŒmieren seiner imaginĂ€ren „Sexkapaden“ im Tonfall eines Oberlehrers spricht und uns den Unterschied zwischen den Penetrationsmethoden „Maschinengewehr“ und „Freundliche Schere“ detailgenau erklĂ€rt, wurden bis zum Tag X, der alles verĂ€ndern soll, kreativste Beleidigungen an den Kopf geworfen. Thomas ist die Sorte Typ, den man an seiner Schule höchstens vom Hörensagen kennt, und ist in seinen „besten weiblichen Kumpel“ Kirby verknallt – weshalb er von seinen Kumpanen verspottet wird: „Kirby ist eine von uns. Das hat keinen Reiz. Du musst dich an die ranmachen, die du niemals gekriegt hĂ€ttest“. Und Costa ist ein debil-aufschneiderischer Schmierfink im Pullunder, der die Nerd-Klischees in einer ganz unbekömmlichen Kombination mit dem Schaumlöffel gegessen hat.

In den Szenen der (vergeblichen) elterlichen Überwachung von außerhalb, den TrĂ€umereien ĂŒber barbusige Vollweiber, die sich im Pool die Kante geben (Nourizadeh verzichtet auf die Heuchelei prĂŒder Sexklamotten, die schon beim Verbalisieren schmutziger Tatsachen ins Stottern geraten) oder dem Zur-Schau-Stellen seiner legeren Indifferenz angesichts der AuswĂŒchse, die das Treiben nimmt, entwickelt „Project X“ bisweilen einen unmittelbaren Fun-Faktor, der selbst den unfreiwillig zum Westcoast-Hip-Hop- und House-Sound durch die Luft schwebenden Köter im Film in Ekstase versetzt. Und doch muss sich Nourizadeh immer wieder in schallendem „Hangover“-Humor ergehen, wenn der Film lĂ€ngst zur kaleidoskopischen Darstellung eines Miniatur-Katastrophenfilm-Szenarios hinmutiert ist, dem einfach das zĂŒndende Moment zu einer Realsatire fehlt, die in ihrem Endresultat wohl nur ungleich zynischer ausgefallen wĂ€re. Derbe Höhepunkte sind ein außer Kontrolle geratener Dealer, den man seines Gartenzwergs beraubt hat, und ein in den Ofen gestoßener KleinwĂŒchsiger. „Project X“ ist ein zwar vogelwilder, aber an Tiefgang armer Found Footage-Teenie-Actionfilm-Hybrid, der der GefĂŒhlsechtheit, Situationskomik und dem spleenigen Charme etwa eines Superbad deutlich hinterher hinkt – und sich als formale Konventionen scheuende Alternative gar dem zeitgleich laufenden vierten „American Pie“-Klamauk geschlagen geben muss.

Eine Rezension von Christopher Michels
(01. Juli 2012)
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Daten zum Film
Project X USA 2012
(Project X)
Regie Nima Nourizadeh Drehbuch Matt Drake, Michael Bacall
Produktion Silver Pictures, Green Hat Films Kamera Ken Seng
Darsteller Thomas Mann (II), Oliver Cooper, Jonathan Daniel Brown, Dax Flame, Kirby Bliss Blanton
Länge 88 Minuten FSK ab 16
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