Neil Marshall hat nach seinem beachtenswerten Erstling
Dog Soldiers und dem allseits gefeierten Horrorerfolg
The Descent für sein neuestes Projekt ein stattliches Budget von 30 Millionen Dollar zusammentragen können. Was also tun? Richtig: Die Sau rauslassen!
Doomsday ist ein überbordendes Sammelsurium verschiedenster Genrezutaten und Filmzitate geworden, die in den unzähligen Explosionen, Blutspritzern und Schnittgewittern geradezu unterzugehen drohen.
Alles beginnt mit einem Virus, das in Schottland ausbricht. Zwar verwandelt es die Bevölkerung nicht in
Zombies, verbreitet sich aber dennoch in kürzester Zeit und endet selbstverständlich tödlich. Also wird Schottland kurzerhand eingemauert. Schluss, aus, vorbei. Bis mit einem Mal mitten in London einige Menschen die gleichen Symptome zeigen wie die armen Schotten einige Jahrzehnte zuvor - Zu Hülf! Diese kommt in der nicht zu verachtenden Gestalt der Eden Sinclair (Rhona Mitra), einer Elitesoldatin, die rein zufällig in Schottland geboren wurde. Jetzt soll sie mit einem Spezialkommando eben dorthin zurück, um nach einem Gegenmittel zu suchen; Satellitenbilder haben eine beachtliche Zahl von offensichtlich immunen Überlebenden innerhalb der Mauern gezeigt, es besteht also Hoffnung.
Dass der Marsch durch das apokalyptische Szenario aus Ruinen, rostzerfressenen Stahlskeletten und der alles zurückobernden Natur kein Zuckerschlecken wird, sollte klar sein. Die überlebenden Schotten erweisen sich nämlich als alles andere als friedlich; offensichtlich haben sie sich ihre Unabhängigkeit vom Vereinten Königreich anders vorgestellt und tun nun ihren Unmut kund, indem sie sich ohne viel Aufhebens auf unsere Helden stürzen. Die setzen sich zwar nach Kräften zur Wehr und sorgen mit schwerem Geschütz für einiges Blutvergießen, aber ohne Erfolg: Bald befinden sich die Überlebenden in den Händen von durchgeknallten Gothic-Punk-Kannibalen, die sich schon mal die Finger lecken. In einer Arena, die Reminiszenzen an
Mad Max - Jenseits der Donnerkuppel wachruft, wird zu den anfeuernden Rufen des Oberbösewichts Menschensteak zubereitet. Lecker!
Die Protagonistin entscheidet sich gegen einen längeren Aufenthalt bei den ungastlichen Freaks und bricht aus. Sie schlägt sich nun in bester
Klapperschlange-Manier (ihr fehlt nebenbei auch ein Auge) durch die lebensfeindliche Endzeit-Umgebung und kann schließlich gar ins schottische Hochland gelangen. Leider warten dort nur ganz und gar nicht edle Ritter auf sie - inklusive Rüstung, Pferd, Burg und allem was dazugehört. Ab ins Mittelalter!
In einer atemlosen Hatz schleift Marshall den Zuschauer und die gebeutelte, aber natürlich stets die Oberhand behaltende Protagonistin durch verschiedenste Szenerien, die zwar durch eine Geschichte zusammengehalten werden, dennoch aber teils nicht recht miteinander harmonieren wollen.
Marshall ist ein Filmfan, soviel ist klar. Seine Begeisterung bemerkt man in jeder Minute, nur bringt sie
Doomsday leider ins Stolpern, wenn der Regisseur - wie so häufig in diesem Film - zu viel will. Der Ritterpart beispielsweise wirkt, als hätte Marshall eigentlich noch einen eigenen Mittelalterfilm drehen wollen und sich kurzerhand entschlossen, diesen in auf ein Minimum gekürzter Form doch noch in
Doomsday unterzubringen. Die Idee ist sicherlich interessant, doch fügt sie sich nicht in den Rest ein, der eher an Carpenters Endzeitvision und die
Mad Max-Filme angelehnt ist.
Eine andere Krankheit, an der Marshalls Film leidet, ist ausgerechnet seine Professionalität, genauer gesagt Glätte. Gerade in den mäßigen Dialogen, aber auch einigen Actionszenen macht der eigentlich recht einfallsreiche und findige Regisseur nichts anderes als Schema F herunterzuspielen - sehr gekonnt zwar, aber doch zu wohlbekannt, um das streckenweise hohe Niveau halten zu können.
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Doomsday genau das, was es sein will: Die Quintessenz der Endzeitaction, ohne Längen, ohne Füllmaterial. Eine Hommage mit Augenzwinkern, ohne dabei plump oder billig zu wirken. Gerade die verrückten Einfälle und Details (wie ein abgetrennter Kopf, der mit aufgerissenen Augen genau auf die Kamera zurast) machen Spaß - hätte Marshall sich etwas mehr Eigenständigkeit dieser Art zugetraut, hätte
Doomsday mehr sein können als nur gute Unterhaltung.
Ach ja: Auf die Bentleywerbung (diejenigen, die den Film gesehen haben, werden wissen, was ich meine) hätte Marshall doch lieber verzichten sollen. Nur weil man Product Placement so richtig dreist anstatt versteckt betreibt, wird es dadurch nicht besser (s.
Evolution).