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Wicker Man - Ritual des Bösen

Wicker Man - Ritual des Bösen

Ein Film von Neil LaBute

Armer Nicolas Cage. Anders kann man es nicht sagen. Der großartige Mime, der zweifellos schauspielerisches Können vorweisen kann und dies zuletzt unter anderem mit dem überaus gelungenen „Lord of War“ [2005] eindrucksvoll unter Beweis stellte, bewegt sich bei der Auswahl seiner Filme leider auch des öfteren auf porös-brüchigem Eis, unter dem das eiskalte Wasser anspruchsloser Unterhaltung darauf wartet, ein neues Opfer in Empfang zu nehmen. Rettete Cage jüngst den mittelprächtigen „Ghost Rider“ [2007] noch vor dem filmischen Totalausfall, ist der zuvor entstandene „WICKER MAN“ tragischerweise genau das, was man als Paradebeispiel für anspruchslose und unnütze Filmkost bezeichnen kann. Hier ist das obige Eis definitiv gebrochen.
Traurig, traurig.


Der Film beginnt dabei noch recht spannend mit einer Einstellung, in der Cage als Police Officer Edward Malus eine Familienlimousine anhält, die daraufhin urplötzlich von einem wildgewordenen Lastwagen gerammt wird. Zwar versucht Edward noch zu retten, was zu retten ist, doch der brennende Wagen wird zum todbringenden Gefängnis für die junge Mutter und ihre Tochter: die Explosion tötet beide Insassen. Von Schuldgefühlen geplagt vergräbt sich Edward in einer Welt, deren immer wieder auftauchende Erinnerungsschübe an das schreckliche Erei
gnis ihren Tribut fordern. Die Einnahme von Beruhigungsmitteln kann das aus den Fugen geratene Leben des Officers jedoch nicht im Geringsten wieder in die Spur bringen, die Gesichter der Opfer verfolgen den Gepeinigten bis in seine Träume. Wie aus heiterem Himmel erreicht Edward da plötzlich ein ungestempelter Brief, in dem ihn seine Ex-Verlobte Willow (Kate Beahan) um Hilfe bittet. Aus den Zeilen entnimmt Malus, dass ihre gemeinsame Tochter Rowan verschwunden ist und nur er nach Meinung von Willow in der Lage sein kann, sie wiederzufinden. Hierzu soll er auf die Privatinsel Summersisle kommen und dort die Suche beginnen. Obschon verwundert, nach so langer Zeit wieder von seiner damaligen Verlobten zu hören, obsiegt die starke Liebe eines Vaters zu seiner Tochter und der Wille, sein Kind wieder gesund und munter in den Armen zu halten. Malus nimmt sich der zweiten Chance, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen, an und begibt sich kurzerhand auf die seltsame Insel, deren Einwohner, wie Edward bald erschrocken feststellen muss, neben seltsamen Traditionen auch ein gefährliches und vor allem tödliches Geheimnis hüten.


Was sich beim Lesen noch als spannender Mystery-Thriller verkauft, erweist sich bei genauerer Betrachtung und nach der ersten Sichtung leider als mangelbehaftetes Konstrukt aus einer eigentlich guten Ausgangsidee als Dach und einer dafür umso enttäuschenderen und wackeligen Inszenierung als Fundament, die es nicht schafft, die Spannung über die volle Laufzeit aufrechtzuerhalten. Zwar erweisen sich die ersten Filmminuten noch als durchweg atmosphärisch dicht, was unweigerlich die Erwartung an einen gelungenen und überraschenden Showdown nach sich zieht. Diese Hoffnung wird vor allem durch die recht interessante und übersichtliche Situierung der Geschichte geschürt, da die Kombination „Fremder Protagonist auf fremdem Terrain“ schon in der Vergangenheit so manchen Thriller gerettet hat. Doch unglücklicherweise zerplatzt diese Hoffnung schon nach kurzer Laufzeit wie eine Seifenblase, entwickelt sich das als Psycho-Thriller gestartete Remake-Filmchen eines Kultstreifens aus den 70er Jahren zum unfreiwillig komischen Kindergeburtstag obskurer Gestalten und noch seltsamer Rituale, die nicht gruselig sind, sondern allenfalls Kopfschütteln beim Zuschauer hervorrufen.


Nicolas Gage gibt sein Bestes, seine Rolle mit Leben zu füllen, doch schauspielerisches Können alleine führt nicht zwangsläufig zum Gelingen eines Films. Indie-Regisseur Neil LaBute, der auch das Drehbuch schrieb, versuchte, das Original-Drehbuch in die Jetztzeit zu verfrachten, und nahm hierfür einige Änderungen an der Grundidee vor. So soll der Unfall zu Beginn des Films mit einen Grund für das Handeln Edwards darstellen, wenngleich seine Motivation wohl eher aus anderen, einleuchtenderen Gründen herzurühren scheint. Es geht hier schließlich um seine Tochter! Die Schuldgefühle, die ihn nach dem Unfall plagen, dienen eigentlich nur als Appetizer, das Motto der „zweiten Chance“ als fadenscheiniges Argument für das anschließende Vorgehen. Wäre letzteres zumindest konsequent durchgehalten worden, gäbe es nichts zu meckern. Doch LaBute brennt ein regelrechtes Szenen-Staccato ab, das wenig respektive gar keine Zeit für Charakterzeichnung und -entwicklung lässt. So ermüdet Edwards Suche sehr schnell, da alles irgendwie aus irgendwelchen Gründen geschieht, was unweigerlich den Todesstoß für einen als Gruselthriller angelegten Film bedeutet. Die vielen eingestreuten Rückblenden sind der Spannung auch nicht gerade förderlich, versuchen sie doch krampfhaft, dem Zuschauer immer und immer wieder einzubläuen, dass dies Edwards Motivation darstellt. Seht her! Wisst ihr noch? Holzhammer hier, Holzhammer da. Gähnen beim Betrachter. Eine weniger versteifte Konzentration auf unwichtige Elemente und mehr Ausbauen der anfangs so sorgfältig aufgebauten, dann aber sträflich vernachlässigten Spannung wäre dem Film sehr zugute gekommen.


So ist „WICKER MAN“, der im Deutschen noch den bedeutungsschwangeren Zusatz Ritual des Bösen trägt, trotz guter Ansätze einfach nicht das, was der Trailer (siehe den Link unten) verspricht. In Ermangelung spannungsgeladener Momente verkommt der Thriller zu einer seltsamen Mischung aus Psycho-Drama und Mystery-Film, die vieles sein will, aber letztlich an fehlender Gradlinigkeit krankt. Nicht das Ritual ist hier böse, sondern der Zuschauer, denn bei so viel Potenzial hätte zumindest ein mittelprächtiges Filmchen für Zwischendurch entstehen müssen. Eine starke erste Hälfte, eine durchgehend aufwendige Inszenierung und ein gewohnt souveräner Nicolas Cage stehen einem überaus überraschenden, wenngleich für den Zuschauer nach dem ganzen „Vorspiel“ erlösend wirkenden Ende, unfreiwillig komischen Szenen und ansonsten unmotiviert agierenden Schauspielern gegenüber, was für einen Grusel-Thriller einfach zu wenig ist. Dieser Film ist mit Vorsicht oder am besten gar nicht zu genießen, denn dass Christopher Lee, der Hauptdarsteller des Originals, außer Schmähworten nichts für dieses überflüssige Remake übrig hat, spricht für sich. Zwar war das Original zunächst ein großer finanzieller Flop, und auch das hier besprochene Remake spielte nur einen Bruchteil dessen wieder ein, was es an Produktionskosten verschlang. Ersteres erwarb sich aber nach und nach in Fankreisen einen Namen und wird heutzutage als Kultfilm tituliert – eine Entwicklung, die am Remake vorbeiziehen wird, ohne mit der Wimper zu zucken.

Eine Rezension von Stefan Rackow
(14. Juni 2007)
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Daten zum Film
Wicker Man - Ritual des Bösen USA 2006
(The Wicker Man)
Regie Neil LaBute Drehbuch Neil LaBute, basierend auf dem Original-Drehbuch von Anthony Shaffer
Produktion Warner Bros. Kamera Paul Sarossy
Darsteller Nicolas Cage, Ellen Burstyn, Molly Parker, Christine Willes, Matthew Walker, Zemphira Gosling, Emily Holmes, Christa Campbell, Michael Wiseman, Frances Conroy, Diane Delano, Leelee Sobieski, Erika-Shaye Gair, Kate Beahan, Sophie Hough
Länge 97 Minuten FSK ab 16 Jahren
http://wwws.warnerbros.de/thewickerman/trailer.html
Filmmusik Angelo Badalamenti
Kommentare zu dieser Kritik
Tine sagte am 14.06.2007 um 13:53 Uhr

Alles in allem fand ich den Film nicht schlecht. Das Ende hat Einiges wieder gut gemacht (als Mann kann man allerdings solch ein Ende gar nicht gut finden). Ich mag es wenn die Story zum Ende plötzlich in eine andere Richtung kippt. Der Film war zwischenzeitlich recht merkwürdig, aber nicht langweilig. Den Zusammenhang mit der ersten Szene habe ich nicht ganz verstanden. Aber ich hasse es sowieso, wenn Autos immer urplötzlich ohne Grund explodieren. Wenn man die Geschichte damit beginnen wollte, dass in seinem Dienst ein kleines Mädchen getötet wurde, dann hätte man das durchaus realistischer und weniger actiongeladen gestalten können. So passte das gar nicht.
Stefan R. TEAM sagte am 14.06.2007 um 16:30 Uhr

Und eben dieser Umstand - dass eben nichts so richtig zusammenpassen wollte - gefiel mir nicht. Einen Zusammenhang zwischen Anfang und dem restlichen Film gab es so auch nicht wirklich, wie ich ja geschrieben hab. Der Anfang wird nur genutzt, um zu versuchen, Edwards Handeln einen Grund zu geben. Dieser Grund wird aber später viel realistischer gegeben.

Und das Ende hast du ja schon angesprochen, und wahrscheinlich hast du recht: als Mann KANN man damit nicht zufrieden sein ;) Ist wohl Geschmackssache, aber mir und meiner Begleitung hat der damalige Kinoabend überhaupt keinen Spaß gemacht...
Tine sagte am 14.06.2007 um 16:54 Uhr

Eigentlich schade, denn die Idee, die hinter dem Film steckt, ist gut. Hätte man besser umsetzen können.
Anj TEAM sagte am 14.06.2007 um 19:08 Uhr

Ich kann mich leider nicht mehr sooo gut an den Film erinnern, nur eben daran,dass ich auch ziemlich enttäuscht von ihm war, da ich dier Grundidee wieder mal gut fand und natürlich auch Nicolas Cage. Die Auflösung war blöd, das Ende sowieso und vieles mittendrin rätselhaft und unschlüssig. Aber dennoch weiß ich, dass ich den Film beim Verlassen des Kinos nicht extrem grottig fand.
Stefan R. TEAM sagte am 14.06.2007 um 22:42 Uhr

Wahrscheinlich war es bei mir wirklich das Ende, das den Ausschlag für die schlechte Wertung gegeben hat. Alles erzwungen, weder spannend noch schlüssig - selbst die gelungene Inszenierung konnte da bei mir nicht mehr viel reißen. Naja, das Zauberwort lautet Geschmackssache ;)
Tine sagte am 15.06.2007 um 07:37 Uhr

Bei mir war es genau umgekehrt: das überraschende Ende hat einiges wiedergutgemacht.
Florian TEAM sagte am 09.01.2008 um 22:14 Uhr

Die Auflösung ist der des Originals sehr ähnlich, wenn auch im 70er Film der Protagonist ganz anders charakterisiert ist. Also ehrlich: das Ende mit dem Brandopfer und die gesamte Verschwörung finde ich hervorragend, hier fühle ich als Zuseher so richtig mit dem Reingelegten mit. Vielleicht liegt es aber daran, dass ich mich privat sehr für keltische Kulte, die ja zu einem großen Teil ins Christentum einflossen, interessiere.

Insgesamt ist der Film spannend, solide, allerdings zu schnell geschnitten (siehe die Rückblenden und Shockeffekte). Das Original funktioniert aufgrund seines Musicalcharakters einfach anders, hat eine ganz eigene Ästhetik, die hier zu kurz kommt.
a.miko TEAM sagte am 27.01.2008 um 17:31 Uhr

Das Original hat Musicalcharakter? Wie darf ich mir das denn vorstellen? Ich fand den Film als Remake nicht unbedingt schlecht, aber vielleicht kann ich das auch nur sagen, weil ich das Remake nicht kenne ...
a.miko TEAM sagte am 27.01.2008 um 17:32 Uhr

Ich meinte natürlich, "da ich das Original nicht kenne" ...
Bastian TEAM sagte am 27.01.2008 um 19:02 Uhr

Ich kann den Musical-Anteil nur bestätigen;-) Tja, wie kann man sich das vorstellen?! Der Film ist in der Tat sehr eigen...
Florian TEAM sagte am 27.01.2008 um 22:07 Uhr

Einige der Songs wirken zwar etwas aufgesetzt, meist integrieren sie sich aber wunderbar ins Geschehen ohne kitschig zu werden. Die Musik klingt dabei etwas irisch - das hat unglaublich viel Charme und bildet einen krassen, beschwingenden Gegensatz zum brutalen Opfermord am Protagonisten.
Anj TEAM sagte am 28.01.2008 um 20:31 Uhr

Bin total verblüfft. Kann mir diesen Film echt gar nicht als Musical vorstellen. von wann ist denn das Original? Und kam das damals an? Ich als Musicalfan muss den dann wohl mal gucken...
Stefan R. TEAM sagte am 28.01.2008 um 21:07 Uhr

Der Originalfilm ist von 1973 und war damals - wie ich ganz unten versteckt in der Kritik geschrieben hab ;) - ein großer finanzieller Flopp, entwickelte sich dann aber nach und nach zu einem absoluten Kultfilm. Wohl auch aufgrund seiner "anderen" Inszenierung.

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