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Die Bestie aus dem Weltraum

Die Bestie aus dem Weltraum

Ein Film von Nathan Juran

Filme wie „Das Ding aus einer anderen Welt“ (1951), „Shock“ (1955), „XX unbekannt“ (1956) oder „Blob, Schrecken ohne Namen“ (1958) belegen, dass in den 50er Jahren die extraterrestrische Bedrohung voll in Mode war. Nicht nur Atombombe, radioaktive Verstrahlung und damit einhergehende Mutationen werden von Hollywood bzw. Hammer für das Auftauchen von Monstren verantwortlich gemacht, sondern auch der Flug in die unendlichen Weiten des Alls (wobei es köstlich ist zu bestaunen, wie sich die Macher zwölf Jahre vor der ersten Mondlandung Raketenflüge vorstellten) und das Greifen der Menschen zu den Sternen (hier die Venus) können großes Unglück auslösen.

Wie man von einem Film dieses Kalibers nicht anders erwarten darf, erzählt auch „Die Bestie aus dem Weltraum“ eine flache und einfache Story:
Eine US-amerikanische Rakete, die erfolgreich von ihrem ersten Flug ins All und der Landung auf der Venus zurückkehrt, gerät in einen Meteoritenschauer und legt vor der Küste Siziliens eine gewaltige Bruchlandung hin. Bei dem Absturz wird eine gallertige Substanz freigesetzt, die ans Ufer eines malerischen Fischerdörfchens gespült wird und dem kleinen Pepe in die Hände fällt. Doch schon bald schlüpft aus dem ekeligen Gelee eine seltsame Alien-Kreatur, die innerhalb weniger Stunden zu haushoher Größe heranwächst und die italienische Insel unsicher macht. Schließlich beschließt die US-Army das Wesen gefangen zu nehmen und es zwecks
wissenschaftlicher Testreihen in den zoologischen Garten Roms zu verfrachten.

Auffallend idyllisch ist der Einstieg ins Geschehen, der das Dörfchen auf Sizilien zeigt und das harte Fischerleben extrem idealisiert. Die Fischer führen ein einfaches, aber gemütliches Leben, helfen alle zusammen und es scheint nur Frieden und Harmonie zu geben – man bedient sich hier des Klischees der italienischen Großfamilie so sehr, dass es schon weh tut – wenn auch die Dorfbewohner sehr einfältig und geistig minderbemittelt dargestellt werden, und somit der Kontrast zu den hoch gebildeten, technisierten und klugen Amerikanern um so deutlicher hervortritt. Probleme wie Mafia, Elend und Korruption werden selbstverständlich nicht thematisiert, und die Polizei ist lediglich ‚Freund und Helfer’ und um nichts anderes als das Wohl der Bürger besorgt.
Das sind romantische Vorstellungen vom Leben in Süditalien, die wohl rein gar nichts mit der verarmten Realität der Südhälfte des Stiefels, die bis heute wirtschaftlich unterentwickelt ist, gemein hat. Wie gut, dass man aus Kostengründen in Schwarz-Weiß drehte und nicht im farbenprächtigen Technicolor. So haftet dem Ganzen zumindest noch ein Hauch von Düsternis und Bedrohung an.
Negativ werten sollte man heute diese Darstellung dennoch nicht. Der restaurative Tenor ist nun einmal ein Charakteristikum jener Filmepoche, das man einfach als gegeben hinnehmen muss.
Die Bestie aus dem WeltraumDie Bestie aus dem WeltraumDie Bestie aus dem Weltraum
Unter den Charakteren befinden sich die üblichen Verdächtigen, wie der adrette Colonell Robert Calder, allwissend, beherrscht, immer einen kühlen Kopf bewahrend und damit vollkommen austauschbar, ist sein Typ doch bereits in sämtlichen anderen Monster-Movies aufgetreten, sowie die angehende Ärztin Marisa Leonardo, wieder einmal in ihrem energischen Verhalten glaubwürdig von der wunderbaren und ausdruckstarken Joan Taylor gemimt (zumindest dann wenn es ihr das Drehbuch gestattet). Leider ist ihre Rolle zu eindimensional und beschränkt sich auf das brave Frauenideal ihrer Zeit. So darf die hübsche Medizinerin zusammen mit ihrem Onkel per Wohnwagen durch Italien reisen, hysterisch kreischen, einige Male aufreizend lächeln, und mit Col. Calder vorerst noch sehr widerspenstig und ruppig flirten. Daraus entwickelt sich die obligatorische breiige Liebesromanze, die jedoch, von süßlicher Musik untermalt und dann und wann mit einer Prise Humor aufgelockert, insgesamt bloß einen sekundären Status einnimmt und – hier darf man das Script einmal loben – wenig Zeit beansprucht.
Unter den handelnden Akteuren nervt wohl am meisten der italienische Fischerjunge Pepe, der ständig davon schwafelt ein texanischer Cowboy sein zu wollen und mit solch großen Augen zu den Amerikanern emporblickt, dass man schon befürchtet, diese würden im gleich aus den Höhlen platzen. Insgesamt wirkt diese hölzerne Figur wie das ideale Kind, das sich nicht wie ein kleiner Junge verhält, sondern just so, wie Erwachsenen sich ein Traum-Kind vorstellen.

Das Finale ist ein einziger großer und gewaltiger Showdown vor der kolossalen Bühne der Hauptstadt Italiens. Hier jagt eine Actionsequenz die andere, es wird viel herumgeballert und das Viech darf nach der Verwüstung des Forum Romanums sogar aufs Kolosseum, das Wahrzeichen Roms, klettern und wird schließlich von den amerikanischen Soldaten abgeschossen, die nicht zimperlich sind (Mussolini als Verehrer des antiken Roms würde sich wohl gleich ein Dutzend mal im Grabe umdrehen) und das halbe Denkmal mit Panzerfaust sowie schwerer Munition zertrümmern.
Das Problematischste am Script ist die Vernachlässigung der Protagonisten, die irgendwo im oben beschriebenen Riesenspektakel versinken, in der zweiten Hälfte des Films. Der Zuseher findet kaum noch Bezugspunkte, und der anfängliche, gut aufgebaute Spannungsbogen geht verloren bzw. wird gebrochen. Dramaturgisch gesehen hat man hier sehr gepatzt, sodass das Filmchen als zu wenig aufregend und mitreißend nicht lange im Gedächtnis verharren wird.

Doch nun zu dem, was „Die Bestie aus dem Weltraum“ am meisten auszeichnet: die SPEZIALEFFEKTE. Abermals ist der kreative Ray Harryhausen, König der Stop-Motion, für die imponierenden FX verantwortlich und überrascht durch geradezu verblüffend verfeinerte und hochkomplexe Animationen. Am eindrucksvollsten ist dabei der Zweikampf zwischen Ymir (dies ist der eigentliche Name des Wesens, wenn es auch im ganzen Streifen nie so genannt wird) und jenem bedauernswerten Elefanten, der in einem offensichtlichen Anfall von Blutrausch so dämlich ist der Kreatur den Krieg zu erklären und sie durch halb Rom jagt. Aber auch die Menschen, die dem Alien zum Opfer fallen, werden immer wieder animiert und verleihen dem Geschehen bezaubernden Puppenspielflair.
Wie gut, dass man sich für Harryhausen, der auch heute noch im Genre hoch verehrt wird (Preisfrage: in welchem Animationsfilm wird eine Bar „Harryhausen’s“ genannt?) und als Statist - er füttert den Elefanten - einen kurzen Gastauftritt hat, entschieden und nicht lediglich einen Mensch in ein Alienkostüm gesteckt hat. So entsteht jener faszinierende und charakteristische Eindruck, den nur die Technik der Stop-Motion bewirken kann.
Ymir selbst ist in seinem Aussehen nicht sonderlich unheimlich. Er ist auch nicht böse, sondern möchte lediglich in der ihm fremden Umgebung seine Lieblingsspeise Schwefel fressen und in Frieden gelassen werden. Wieder einmal ist es der Mensch, der den eigentlichen Fehler begeht, indem er das Geschöpf nicht nur gefangen nimmt und von der Venus auf die Erde deportiert, sondern es auch bekriegt, verletzt und ihm Schmerzen zufügt. Insofern ist es nicht weiter verwunderlich, dass die humanoide Kreatur mit ihrem Menschen-Torso, ihren traurigen Augen und ängstlichen Schreien, die sich aus dem akustisch verfremdeten Trompeten eines Elefanten zusammensetzen, das Mitleid des Publikums erregt, anstatt Angst und Schrecken zu verbreiten.
Die Modelle sind im Vergleich zu vielen anderen B-Movies jener Dekade sehr beeindruckend. Das Highlight sind hierbei die Zerstörung der antiken Ausgrabungen und die berühmte Szene am Kolosseum.
Bekritteln muss man noch, dass die Zahl der Todesopfer sehr gering ausfällt und alles recht unblutig – sieht man einmal von dem wunderschön maskierten Astronauten, der verstrahlt sein soll, ab – glimpflich und gewaltfrei verläuft, auch mitunter ein Grund, warum sich keine knisternde Spannung und Schockmomente einstellen wollen.

FAZIT: „Die Bestie aus dem Weltraum“ ist in Sachen FX und Spektakel ein würdiger Vertreter des Monstergenres der 50er Jahre und kann aufgrund seiner ausgefeilten Stop-Motion-Ästhetik voll und ganz überzeugen. Hier gibt es in der Tat sehr viel Monster und Action en masse zu sehen.
Große Abstriche ergeben sich leider aufgrund des Drehbuchs, das den Spannungsbogen nicht aufrecht zu erhalten vermag und Dramatik sowie Atmosphäre vermissen lässt. Die kunterbunte Mischung aus idyllischem Italien-Bild, das an einen Werbefilm für einen Urlaub am Stiefel denken lässt, Romantik, Gekreische und Gewehrsalven machen die Story holprig und unausgegoren, weshalb der Film zwar nicht schlecht, aber bloß mittlerer Durchschnitt ist.
Immerhin ist das Movie aufgrund seiner restaurativen Züge, die nach dem 2. Weltkrieg und der Feindschaft zwischen den Alliierten und dem Mussolini-Italien wahrscheinlich notwendig waren, aus zeitdokumentarischen Aspekten hochinteressant, obwohl die Darstellung Italiens, das sich in einer schlimmen Situation befindet und sich nur mit Hilfe der US-amerikanischen Armee vom Unheil, welches die USA indirekt zu verantworten haben, zu befreien vermag, sehr naiv und plakativ ausfällt.
Die Bestie aus dem WeltraumDie Bestie aus dem WeltraumDie Bestie aus dem Weltraum


Eine Rezension von Florian Friedrich
(06. April 2007)
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Daten zum Film
Die Bestie aus dem Weltraum USA 1957
(20 Million Miles to Earth)
Regie Nathan Juran Drehbuch Charlotte Knight, Christopher Knopf, Robert Creighton Williams
Produktion Charles H. Schneer
Darsteller William Hopper, Joan Taylor, Frank Puglia, John Zaremba, Bart Braverman, Tito Vuolo
Länge 82 min FSK 12
Filmmusik Mischa Bakaleinikoff
Kommentare zu dieser Kritik
Damocles TEAM sagte am 25.08.2010 um 20:09 Uhr

Ganz wunderbar!
Der Film wird zwar hirnerweichen dämlich wenn er versucht, IRGENDWAS zu erklären, aber Italien ist mal ein anderer Schauplatz, das Ende eine schöne Hommage (oder Rip-off ...) von King Kong, aber am aller wichtigsten: die Animation von Harryhausen ist einfach grandios! Ich glaub das war das erste mal, dass ich von ihm nen Stop-Motion Mensch gesehen habe!

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