Im Jahre 2019 ist die Menschheit nahezu ausgestorben. Die letzten Überlebenden einer Krankheit, die jeden Infizierten ohne Möglichkeit einer Heilung in einen Vampir verwandelt, werden entweder von der neuen Erdbevölkerung als Nahrungsquellen genutzt oder verstecken sich vor ihren Jägern an abgelegenen Plätzen.
Doch selbst für einen Vampir kann irgendwann sein Dasein endgültig vorüber sein – wenn dieser z.B. mit Sonnenlicht in Berührung kommt oder seine regelmäßige Blutration längere Zeit nicht einhalten kann. Letzterer Punkt ist dann auch das Hauptproblem, das das untote Imperium sehr bald auf ewig in die Knie zu zwingen droht: Die übermäßige Gier nach dem roten Lebenssaft und die fehlende Reproduktion der lebendigen Quellen (Stichwort: Geburten) haben dafür gesorgt, dass sich die Blutreserven rapide dem Ende zuneigen und bei einem Teil der Bevölkerung bereits Anzeichen des Mangels sichtbar sind. Wer zu lange kein Menschenblut konsumiert, verwandelt sich bald in einen
Subsider, eine fledermausartige und extrem aggressive Spezies, die im Untergrund ihr Unwesen treibt.
Der Hämatologe Edward Dalton (Ethan Hawke), der als Vampir immer noch Mitgefühl für die Letzten seiner ehemaligen Art empfindet, forscht verzweifelt nach einem synthetischen Blutersatz, um einerseits das drohende Aussterben der Nachtwesen zu verhindern und andererseits die notwendige Jagd nach den Menschen obsolet zu machen.
Als er eines Nachts nach einem Autounfall an eine kleine Gruppe warmblütiger Rebellen gerät, wird er von der attraktiven Audrey (Claudia Karvan) gebeten, ihnen bei der Rettung der Menschheit zu helfen: Wie der verdutzte Wissenschaftler später von dem raubeinigen „Elvis“ (Willem Dafoe) erfährt, gibt es tatsächlich eine Heilung gegen das ewige Schattendasein.
Da sich die meisten Blutsauger aber an ihr schönes, unsterbliches Nicht-Leben gewöhnt haben, muss sich Edward nun mit seinen neuen Mitstreitern nicht nur gegen seinen Auftraggeber und Blutbank-Betreiber Charles Bromley (Sam Neill), sondern auch gegen seinen eigenen Bruder (Michael Dorman) und die gesamte Vampirarmee stellen…
Das
Vampir-Thema genießt ja momentan dank der Teenie-Schmonzetten-Welle um „Twilight“ wieder einen erhöhten Status in den verschiedenen Medien. Verschwunden von der Bildfläche ist das Subgenre über die untoten Blutsauger allerdings – z.B. aufgrund der unsäglichen „Underworld“-Streifen – eigentlich nie wirklich. Wer nun aber schon lange mal wieder auf einen qualitativ hochwertigen und inhaltlich smarten
Vampir-Film gewartet hat, sollte sich den an dieser Stelle zu besprechenden „Daybreakers“ auf keinen Fall entgehen lassen.
Das Zweitwerk der australischen Regie-Brüder Spierig, die sich mit dem
No Budget-Vorgänger „Undead“ (2003) bereits einen kleinen Platz in den Herzen der Horror-Fans gesichert haben, entpuppt sich als ein bemerkenswert rundes Filmvergnügen, das neben seiner (in diesem Fall endlich mal wieder positiv gemeinten) effektgeladenen Blockbuster-Qualitäten auch mit vielen tollen Story-Ideen aufwarten kann, in denen die Erschaffung einer neuen
Vampir-Welt nicht lediglich mit ein paar dunklen Bildern und langen Schneidezähnen abgetan wird.
Die einzelnen Einfälle hier aufzuzählen käme schon fast einem Spoiler gleich, weshalb der Rezensent nur kurz anmerken möchte, dass die Blutsauger (bis auf die
Subsider natürlich) nicht gerade in irgendwelchen dunklen Katakomben hausen, sondern sich tatsächlich eine eigene, moderne Kultur geschaffen haben.
Viele Zuschauer werden nach den Trailern hier möglicherweise eher einen reißerischen Actionfilm erwartet haben, doch eigentlich dominiert bei „Daybreakers“ vor den Adrenalin-haltigen, wirklich blutrünstigen Einlagen eher der Science-Fiction-Aspekt der Geschichte: Wie würde eine Welt, die von Vampiren beherrscht wird, wohl wirklich aussehen? Wie würde sich ihre Bevölkerung entwickeln?
Man merkt dem Werk deutlich an, dass das Spiel mit dem Thema den jungen Regisseuren, die sich im Übrigen auch für einen Teil der visuellen Effekte verantwortlich zeigen, großen Spaß bereitet hat und sie ihr Herzblut in die passende Umsetzung der Ideen gesteckt haben, denn das Resultat sieht trotz dem vergleichsweise geringen Budget von 20 Millionen Dollar nicht nur verblüffend gut aus, sondern wirkt auch absolut unverkrampft inszeniert. Die Spierigs hatten eine Vision ihrer Welt, und genau diese haben sie umgesetzt.
„Daybreakers“ erhebt bestimmt keine großen Ansprüche darauf, kontroverses Kino zu sein (obwohl die Vergleiche zwischen der gierigen
Vampir-Welt mit unseren aktuellen Zuständen natürlich sofort auffallen und auch gewollt sind), aber man hat bei der Sichtung auch nicht – wie bei den meisten Studio-Produktionen heutzutage – das Gefühl, dass hinter den Regisseuren die ganze Zeit ein Produzent auf einem Stuhl gesessen und ihnen in ihr Handwerk gepfuscht hat, um ein besser vermarktbares, glattes Produkt zu erhalten.
Dass der Film mit charismatischen Schauspielern wie Ethan Hawke („
Before Sunrise“), Willem Dafoe („
Antichrist“), Sam Neill („
Possession“) oder dem zuletzt auch in „
Die Erpresser“ (2008) sowie „
Triangle“ (2009) vertretenen, australischen Newcomer Michael Dorman besetzt ist, und man nicht auf irgendwelche aktuell angesagten Serienstars zurückgegriffen hat, stellt neben der nahezu makellosen Inszenierung ein weiteres dickes Plus von „Daybreakers“ dar.
Der einzige Kritikpunkt, den man diesem ansonsten sehr empfehlenswerten Vergnügen entgegenbringen muss, ist, dass das Geheimnis um die Heilung des Vampirismus ein wenig flach ausfällt, und man in Anbetracht der vorherigen Ideen schon etwas mehr erwartet hätte. Letztlich ist es aber im Prinzip egal, in welcher Form das Wundermittel präsentiert wird, da wohl niemand eine wirklich logischere Alternative zu solch einer nicht gerade realen „Krankheit“ parat hat. Oder etwa doch? (Vorschläge bitte in den Kommentaren!)
Fazit: Was „Underworld“ oder „
I Am Legend“ gerne gewesen wären, ist den Brüdern Michael und Peter Spierig mit ihrem „Daybreakers“ geglückt: Ein fantasievoller und intelligenter Kinospass (der hierzulande völlig unverständlich leider gar nicht regulär in die Kinos kommt), der ein altes Thema endlich mal ein paar Schritte weiter bringt, als die üblichen, langzähnigen Verdächtigen oder Würgreiz-erzeugenden Gruftie-Teens.
Peter Jackson hat seine Karriere mit billigen aber sympathischen Splatterstreifen wie „Bad Taste“ begonnen und später ein extrem unterhaltsames, effektbeladenes Grusical mit dem Namen „
The Frighteners“ nachgelegt. Weitere Parallelen mit den Spierigs?
Warten wir es ab.