„The extreme always seems to make an impression.”
An der kalifornischen Westerburg High wird auf dem Pausenhof der Takt von einer ziemlich gemeinen und oberflächlichen Mädchen-Clique vorgegeben, die von den drei Heathers - Heather Chandler (Kim Walker), Heather McNamara (Lisanne Falk) und Heather Duke (Shannen Doherty, „Beverly Hills, 90210“) – angeführt wird. Auch Veronica (Winona Ryder, „
Edward mit den Scherenhänden“, „Durchgeknallt“) gehört seit kurzer Zeit dem erlesenen Kreis an, und hat seitdem kaum noch Kontakt zu ihren alten, „unstylischen“ Freundinnen.
In Wirklichkeit ist sie jedoch von dem asozialen Treiben des Dreier-Gespanns zutiefst angewidert und wünscht sich kaum etwas mehr, als ihnen endlich den Mittelfinger ins Gesicht zu strecken.
Zu ihrem Glück lernt Veronica bald den neu in die Stadt gezogenen und rebellischen J.D. (Christian Slater, „Hart auf Sendung“, „Interview mit einem Vampir“) kennen, der so gar nicht in das Bild der Sportskanonen, Muttersöhnchen und Freaks passen will. Zusammen mit dem geheimnisvollen Außenseiter fasst sie den Entschluss, ihren ehemaligen besten Freundinnen für deren fiese Spielchen eine Lektion zu erteilen.
Und so schleichen sich die Beiden in das Haus der seit ei
ner Party verkaterten Heather Chandler, um ihr mit einer ekeligen Milch/O-Saft-Mischung den Magen völlig zu verderben.
Allerdings hat Veronicas düsterer neuer Freund ihre vorherigen gemeinsamen Mordgedanken an den Schulzicken ein wenig zu ernst genommen und gibt der ahnungslosen Heather einen Becher mit Desinfektionsmittel zu trinken - mit tödlichen Folgen.
Von der Tat noch völlig überrascht, entschließen sich J.D. und Veronica das Ganze wie einen Selbstmord aussehen zu lassen und hinterlassen einen Abschiedsbrief mit der gefälschten Handschrift ihres Opfers.
Kurz darauf muss das seelenverwandte Killer-Pärchen erfahren, was für Reaktionen ihre Handlung bei den Mitschülern veranlasst hat:
Durch die von Veronica verfassten letzten Zeilen wird die durchtriebene Heather fast schon zu einer Heiligen der High-School. Doch anstatt Gras über die Sache wachsen zu lassen, haben die Beiden Geschmack an ihrer „Aufgabe“ gefunden.
Und so müssen nach und nach die Heathers und auch die Testosteron-überfüllten Football-Spieler dran glauben, bis der „übermotivierte“ J.D. einen noch teuflischeren Plan fasst…
Wie der Leser bereits an der Inhaltsangabe gemerkt hat, handelt es sich bei Michael Lehmanns „Heathers“ in keinster Weise um einen fröhlich-heiteren Teenie-Film in der Tradition eines John Hughes („Ferris macht blau“), sondern um eine pechschwarze Komödie bzw. Satire mit tiefgründiger Story.
Der Humor ist zumindest sehr subtil gehalten, weshalb Zuschauer mit Lust auf ein
„Feel-Good-Movie“ lieber zu einem der Werke des zuvor genannten Kultfilmers greifen sollten. Mord, Suizid, Gruppenzwang und die Oberflächlichkeit in der Gesellschaft sind die Themen, mit denen sich Lehmann bei seinem Spielfilmdebüt beschäftigt, wobei der Streifen auch heute noch mit seiner bissigen Kompromisslosigkeit recht allein in seinem Genre dasteht.
Vor allem nach diversen Vorfällen an Lehranstalten in vergangener Zeit wirkt das Thema von „Heathers“ noch aktueller als zu seinem Erscheinen 1989. Nur handelt es sich bei dem Film nicht um eine nüchterne Darstellung tragischer Ereignisse – wie z.B. bei Gus Van Sants missglücktem „Elephant“ (2003) -, sondern um eine fast schon Comic-artig überzeichnete Inszenierung, die oft surreale Züge annimmt.
In der Darstellung des spießigen Kleinstadtlebens erinnert das Werk ein wenig an einen Tim Burton-Streifen, und in der Tat hat die spätere Produzentin des schrägen Bilderstürmers, Denise Di Novi, auch bei diesem Projekt ihre Finger im Spiel gehabt, und der „Batmans Rückkehr“-Autor Daniel Waters zeichnet sich für die Vorlage der morbiden Teenager-Satire verantwortlich.
So tragen z.B. während der Beerdigung eines von J.D. und Veronica getöteten Mitschülers alle Teilnehmenden 3D-Brillen, was als zynischer Seitenhieb auf eine abgestumpfte Gesellschaft verstanden werden kann, für die die Realität nur ein weiterer Abend vor der Flimmerkiste ist.
Selbstverständlich will Regisseur Lehmann mit „Heathers“ die Taten seiner Protagonisten nicht gutheißen, doch muss man bei dem Film schon ein wenig zwischen den Bildern lesen, um die Hintergründigkeit der Geschichte zu erkennen. In dieser Hinsicht kann man ihn bestimmt nicht mit ruhigem Gewissen jugendlichen Zuschauern empfehlen – im Prinzip schlägt er in eine ähnlich provokante Kerbe wie Oliver Stones umstrittener „
Natural Born Killers“ (1994), wobei das Alter der Protagonisten bei „Heathers“ die Gefahr einer Identifikation bei jüngeren Leuten verstärkt.
Obwohl Winona Ryders Figur natürlich Christan Slaters J.D. in Sachen Radikalität ein wenig abbremst, steht jener dennoch mit seiner nihilistischen Präsenz für vermutlich nicht gerade wenige gepeinigte Aussenseiter als Held des Films da.
Deswegen ist es vor allem wichtig, auch den Blick hinter den sich durch die Morde öffnenden Vorhang der spießigen Kleinstadt wahrzunehmen, in der Oberflächlichkeit das höchste Gebot ist und echte Gefühle – wie z.B. Betroffenheit – gar nicht zu existieren scheinen.
Im Übrigen kann man den Streifen sehr gut seiner Entstehungszeit, Ende der 80er, zuordnen:
Schließlich beinhaltet die Geschichte sowohl starke Elemente dieser zu Ende gehenden, eher dekadenten Dekade, als auch den antagonistischen Geist der pessimistischeren 90er, der damals teils auch im Musikstil
Grunge seine Entsprechung fand.
„Heathers“, der im deutschen Fernsehen gelegentlich unter dem Titel
„Lethal Attraction“ ausgestrahlt worden ist, genießt zwar leider keine grosse Popularität bei Filmfreunden, bleibt aber dennoch eine kleine Perle der späten 80er, die zudem die späteren Superstars Christian Slater und Winona Ryder in der fiesesten Rolle ihrer jeweiligen Karriere zeigt.