Ich habe es ja befürchtet, aber wirklich umgehen kann man bzw. ich sowas dann auch nicht: die Anfrage, ob wir denn Interesse an „Das Geheimnis der Zauberpilze“ hätten, kann ich natürlich unmöglich ausschlagen, auch wenn sich schnell herausstellte, dass es sich dabei tatsächlich um einen deutschen Amateurstreifen, in diesem Fall aus dem Hause P.S.Y.C.H.O. PRODUCTIONS, handelt. Amateurstreifen oder auch gerade semiprofessionelle Filme aus good ol' Germany sind ja eigentlich überhaupt nicht mein Fall;
The Call of Cthulhu und
The Hunt for Gollum zeigen ganz wunderbar, wie man mit beschränkten Mitteln eine Geschichte erstklassig umsetzen kann – im Gegensatz dazu erinnere mich aber mit Grausen an meine gesichteten deutschen im-weitesten-Sinne Amateurwerke, und dabei ist die Rede ausdrücklich nicht von Maestro Dr. Yours-truly Boll, sondern an die Machwerke aus den Werkstätten von Schnaas, Ittenbach, Bethmann und wie die üblichen Verdächtigen halt alle heißen. Brrrrr.
Aber schreiten wir doch mal zu dem epischen Versuch, die Handlung näher zu erläutern. Im Film im Film (dazu später mehr) geht es um den Langen und den Kurzen, die gemeinsam eine Tour durch den Wald machen, nachdem der Kurze in der Nacht zuvor im Rausch auf einen Zwerg traf, der ihm irre Pilze gab. Im Wald angekommen betrinkt man sich, und durch ein dummes
Spiel und einen dummen Zufall haucht der Kurze sogleich sein Leben aus: klarer Fall von Bierflasche über den Kopf gezogen. Schon taucht auch der Zwerg auf, gibt ihm aber keine Pilze zum Wiederbeleben, sondern lieber den Auftrag, die Pilze selber zu suchen. Dazu einfach einen Hippie quäle, den Einsiedler finden, durch den Tunnel, und da sind die dann. Oder so. Bla.
Ja, es geht eigentlich um gar nichts. Dementsprechend ist natürlich auch eines der Merkmale von teutonischen Amateurgenrebeiträgen wieder sichtbar: der örtliche Wald als Schauplatz, dazu endloses Marschieren durch eben jenen. Die Geschichte ist natürlich schwerlich vorhanden, die Dramaturgie glänzt ebenso wie die Spannung durch Abwesenheit, und sonderlich witzig ist die Chose leider auch nicht. Dazu kommen etliche überlange Sequenzen, unnötige Füllszenen und absolut keinerlei Charakterzeichnung – fertig ist der übliche Amateurquark. Dass man die Sache dann auch noch auf volle 90 Minuten aufblasen muss, erscheint umso verwunderlicher: eigentlich müsste man ja längst gemerkt haben, dass die Geschichte allerhöchstens als Kurzfilm funktionieren könnte. Gerade der extrem redundante Ablauf lassen den Zuschauer dazu neigen, entnervt zur Fernbedienung zu greifen oder gleich ganz aufzugeben. Am schlimmsten dabei dürfte wohl die überlange Szene mit dem verwirrten Soldaten seien, der noch mit einem extrem nervigen Nazi-Akzent samt rrrrrollendem R durch den Wald stapft und keine Ruhe gibt. Dabei muss man aber auch sagen, dass Master W (so das Pseudonym) in seinen etlichen Rollen durchaus eine gewisse Wandlungsfähigkeit beweist.
Nach so viel Negativem und allgemeinem Herziehen über den deutschen Amateurschmodder (und damit auch über diesen Film) kommen wir doch dann aber endlich mal zu den positiven Aspekten. Sehr witzig ist die Idee des Film im Film. Kam mir bisher in diesem Sektor noch nicht unter, und ist hier überraschend witzig und selbstironisch gelöst. Zwei „Freunde“ sitzen am Anfang des Films auf der Couch um sich eben jenen mit reichlich Alkohol anzuschauen. Einer davon hält P.S.Y.C.H.O. PRODUCTIONS für die Amateurklitsche die sie letztendlich auch ist, einer verteidigt sie. Dabei unterbrechen sie ab und an mal den Film, um ihn niederzumachen bzw. zu diskutieren, und treffen dabei über weite Strecken durchaus ins Schwarze. Und gerade am Ende ziehen sie selbst das Fazit, dass der Film Scheisse ist. Hätte ich nicht mit gerechnet! Nur: warum dreht man dann überhaupt sowas? Ansonsten hat der Film durchaus noch ein paar witzigere Ideen, nur leider reichen die 3 ½ guten Einfälle leider bei weitem nicht, um die Laufzeit von satten 90 Minuten erträglich zu machen, geschweige denn sie zu füllen. Dabei ist die Musik nichtmal so übel, und gerade im Abspann gibt es beim Cast und Crew noch ein paar lustige Einträge. Überhaupt funktioniert der Film in „leiseren“ Szenen humoristisch deutlich besser als sonst.
Leider ist „Das Geheimnis der Zauberpilze“ ansonsten durchdrungen von elendig langen und szenenweisen unverständlichen, und darüberhinaus wie gesagt nichtmal lustigen, Dialogsequenzen, so dass sich der Film manchmal wie Kaugummi zieht. Das ist insofern schade, da man handwerklich bis auf einen deutlich sichtbaren Blutschlauch dem Film bei dem Budget eigentlich kaum einen Vorwurf machen kann. Die Musik bringt nicht die Ohren zu bluten, „schauspielerisch“ geht das ganze mit den Abziehbildern von Charakteren auch irgendwo in Ordnung, und gerade die Kameraarbeit muss gelobt werden. Das schaut nicht unbedingt nach Heimvideo aus, sondern dem Team gelingen durchaus ein paar nette Bilder, schöne Einfälle, und auch der Schnitt sitzt. Talent scheint also auch hier durch.
Sicherlich, irgendwo ist es verständlich, dass die Jungs ihre gruppeninternen Witze vielleicht lustiger finden als Außenstehende; geht mir ja nicht anders. Nur funktionieren Insider-Witze leider nicht auf 90 Minuten gestreckt, und das ständige „Alter!“ nervt leider auch schon nach wenigen Minuten. Doch muss man ebenso auch sagen, dass es lobenswert ist, dass hier eben nicht stundenlang geschmoddert und gesuppt wird, wie es sonst im teutonischen Wald-und-Wiesen-Splatter so üblich ist. Neue Wege sind immer gut – nur leider stimmt hier die Umsetzung nicht so ganz, da Inhaltsleere über allem regiert. Verschenktes Potential, denn vorhanden ist es durchaus. Man darf also schon gespannt sein, was die Master W und Crippler Criss noch so produzieren in Zukunft.
Richtig super ist aber nicht nur die Kameraarbeit, sondern auch die DVD des Films! Professionell erstellt, gepresste DVD, dazu ein handgebrannter Rohling, und beides vollgestopft mit Extras (die ich mir nicht alle angeschaut habe). Auf der DVD finden sich neben einem 80-minütigem (!) Making-Of auch noch Interviews, ein Musikvideo, ein Spenden- und Mitarbeitsaufruf für den nächsten Film (schickt ihnen Drehbücher!), ein Kurzfilm, Nicht verwendete Szenen, Trailer, sowie ein Audiokommentar! Das ist klasse, das ist liebevoll, und: den Film gibt’s sogar mit einer englischen Synchronisation! Kein Wunder, da heutzutage eh alles international veröffentlicht wird, ist das eine wunderbare Idee. An dieser Stelle vielen Dank für das Rezensionsexemplar!
Wer also mehr mit Amateurtrash anfangen kann als ich sollte dem Film durchaus eine Chance geben. Mein Fall wars jetzt nicht wirklich, aber die DVD ist lobenswert, die Optik gut, und es gibt schon einige gute Ideen. Nur reicht mir das alles nicht bei diesem nicht vorhandenen Inhalt, da sich einfach Langeweile breit macht. Aber Talent haben die beiden.
Allerdings: Ein Kurzfilm mit dem Titel „Spasti II – Der Krüppel“?! DAS geht leider gar nicht.