Da an dieser Stelle fast ausschließlich abendfüllende Spielfilme rezensiert werden, soll von meiner Seite auch einmal eine andere audiovisuelle Kunstform Erwähnung finden: Das Musikvideo.
Als erstes seiner Art wird wahlweise das 1975 gedrehte Video zu dem
Queen-Song „Bohemian Rhapsody“ oder der 1966 entstandene Kurzfilm zu „Dead End Street“ von den
Kinks genannt. Auch die
Beatles haben das Thema mit ihren Clips zu „Paperback Writer“ oder „Strawberry Fields Forever“ für die breite Masse interessant gemacht.
Inzwischen kann man sich die breite Musiklandschaft kaum noch ohne die auf VIVA (oder manchmal sogar noch MTV, wenn die mal zwischen Schund wie „Dismissed“ und „Pimp My Fahrrad“ Zeit für Musik haben…) gespielten Videos, in denen mehr oder weniger ernsthafte Künstler in bunten Fantasielandschaften den Hampelmann machen, vorstellen.
Um die breite Masse für sich zu gewinnen, hat der künstlerische Wert der meisten ausgestrahlten Clips zusehends nachgelassen. Viele für ihre interessanten Videos bekannten Bands, wie z.B. die Progressive-Rock-Band
Tool, verzichten heutzutage vermehrt auf diese oder werden von den auf Kommerz programmierten Sendern ignoriert.
Vor allem Anfang bis Mitte der 90er sind einige der genialsten Vertreter dieses Formats entstanden, wie der immer noch
gern gesendete Evergreen „Black Hole Sun“ von
Soundgarden oder das preisgekrönte Video zu „Tonight, Tonight“ von den
Smashing Pumpkins.
Heutzutage sieht man im Musik-TV eher Pop-Diven, die sich in ihren Clips besonders freizügig zeigen, um über die Mittelmäßigkeit der eigentlichen Musik hinwegzutäuschen oder mediokre „LaLaLa“-Rock-Bands, die in möglichst auf cool getrimmten Videos um Aufmerksamkeit buhlen.
Als ein besonders gutes Beispiel für ausschließlich hochwertige Musikvideos kann man die während des
Grunge-Booms Anfang der 90er aufgestiegene Rock-Band
Alice In Chains nennen. Die Clips der Band sind stets in düsteren Farben und einer bitteren Melancholie gehalten gewesen, die perfekt zu der vorgetragenen Musik gepasst hat.
In den Texten der Band um den 2002 an einer Überdosis Heroin gestorbenen Sänger Layne Staley, ging es auch größenteils um dessen fatale Abhängigkeit und die damit ständig präsente Todesnähe.
Die ersten Videos der Band wie „We Die Young“ oder „Man In The Box“ vom Debütalbum „Facelift“ (1990) sind noch eher unspektakulär und billig ausgefallen.
Das änderte sich mit den brillanten Clips zum Nachfolgewerk, dem musikalischen Meilenstein „Dirt“ (1992), die im Zusammenhang mit der schwermütigen und teilweise harten Musik den Zuschauer mitten in diese dunkle Zwischenwelt gerissen haben. Als beste Beispiele dafür dienen die Minikunstwerke „Them Bones“ oder der mit seiner Kriegsthematik brutal umgesetzte Clip zur Halbballade „Rooster“.
Weitere Höhepunkte in der visuellen Geschichte der Band sind die Inszenierungen zu „No Excuses“ (düster und dabei unglaublich atmosphärisch), der Puppen-Clip zu „I Stay Away“ und das zynische, in seiner Todesthematik fast schon vorausahnende, Video zum letzten Studioalbum „Alice In Chains" (1995), "Grind".
Der letzte Clip der Band zum exklusiv für das „Best-Of“-Album „Nothing Safe“ (1999) eingespielten Song „Get Born Again“ ist dann auch ohne den damals bereits angeschlagenen Staley entstanden und zeigt die Band selbst nur in einer Rückschau auf Monitoren während eines apokalyptischen Szenarios.
Dass es sich bei der Musikvideo-Sammlung „Music Bank“ um ein Muss für Fans der Band handelt, muss dann eigentlich auch nicht groß erwähnt werden. Doch auch Freunde dieser quasi Kurzfilm-Kunstform sollten mal ein Auge (und natürlich Ohr) riskieren.
In vielen Fachmärkten gibt es zudem eine recht preisgünstige Kombination der DVD zusammen mit dem „Best-Of“-Album.
Selten haben Musik und Clip so gut zusammen gepasst!