Paranoia trifft auf verschlafene Vorstadtidylle: In Anlehnung an Friedrich von Schiller offenbart
"HOUSE AT THE END OF THE STREET" von
Mark Tonderai ("
Hush" [2008]) einmal mehr, dass der Frömmste nicht in Frieden leben kann, wenn es dem mysteriösen Nachbarn nicht gefällt. Alles beim Alten also, wenngleich sich das
Haus am Ende der Straße redlich bemüht, mehr zu sein als nur ein weiterer Blick über den Gartenzaun des Nachbarschaftshorrors.
Die frisch von ihrem Ehemann geschiedene Sarah (Elisabeth Shue) hält es mit Tochter Elissa (Jennifer Lawrence) nicht länger in der großen Stadt. In einem ländlichen Ort beziehen die beiden daher eine neue Bleibe, wohl wissend, dass sich damals im Nachbarhaus eine grausame Familientragödie zugetragen hat. So soll dort ein Elternpaar von seiner eigenen Tochter ermordet worden und das Mädchen seitdem verschwunden sein. Sein Bruder Ryan (Max Thieriot) hat nach dem Tod der Eltern, die ihn im Alter von gerade einmal 7 Jahren aus der Familie verstoßen haben, das skandalumwitterte Haus wieder in Besitz genommen. Eher zufällig gerät Elissa in Kontakt mit dem zunächst mysteriösen, dann aber doch recht umgänglichen Jungen und beginnt, sehr zum Unmut ihrer Mutter, eine Beziehung mit Ryan, die nicht folgenlos bleibt. Denn hinter den Mauern des ominösen Hauses am Ende der Straße verbirgt sich, wie sich schon bald zeigt, ein schreckliches
Geheimnis, das Elissa in höchste Gefahr bringt...
Auch wenn die ersten Minuten des Films mit ihrem eigenwilligen Kamerafilter und der beängstigenden Musik die eingangs beschriebene Familientragödie als gekonnten, nachhallenden Flashback auf den Bildschirm projizieren, versandet die Hoffnung auf einen beklemmenden Schocker mit ordentlichem Psycho-Einschub im Folgenden allzu schnell, wenn erst einmal die Beziehung zwischen Mutter und Tochter mitsamt den Gründen für den gewählten Neuanfang näher beleuchtet wird. Außer einigen Kameraperspektiven, die das nahende Unheil ankündigen sollen, das dann doch noch länger auf sich warten lässt, passiert hier recht wenig. Da können sich
Jennifer Lawrence ("Silver Linings" [2012]) und ihre Film-Mutter
Elisabeth Shue ("
Leaving Las Vegas" [1995]) noch so viel Mühe geben, die treu dem Schema F folgenden Verwicklungen interessant zu gestalten: Am Ende ist Elissa doch nur ein weiterer gewöhnlicher Teenager, der sich in den mysteriösen Jungen von nebenan verguckt, was von ihrer Mutter natürlich nicht gutgeheißen werden kann. Mehr Charakterzüge bekommen die Figuren in dieser Geschichte, die immerhin auf einer Originalidee von
Jonathan Mostow (Regisseur von "
Terminator 3 - Rebellion der Maschinen" [2003]) basiert, nicht spendiert. Und mehr als Altbekanntes sollte der geneigte Zuschauer dann auch nicht erwarten, wenn er sich für den prominent besetzten Psycho-Thriller
"HOUSE AT THE END OF THE STREET" entscheidet.
Selbst als das Geschehen schlussendlich im Ton umschwenkt und sich zum reinen, klaustrophobischen Survival-Horror mit einzelnen Schockmomenten wandelt, offenbart sich die fehlende Doppelbödigkeit der Geschichte, die nur zu gerne schockieren und überraschen möchte, allzu deutlich. Denn am Ende werden wiederholt die üblichen, aufgewärmten Zutaten auftischt. Da darf eine Jennifer Lawrence dann schon einmal wild und nach Herzenslust schreiend im obligatorischen, dreckigen Achsel-Shirt durch die Gegend rennen, als wenn es kein Morgen gäbe. Für viele bestimmt ein schönes Bild, keine Frage. Die Sache hat jedoch einen gewaltigen Haken: Sie bringt der Geschichte rein gar nichts und ist, wie in so vielen gleichgelagerten Genrevertretern, allenfalls nur pure Effekthascherei. Sehr zum Leidwesen des zuvor groß angekündigten, überraschenden Twists, der sich unmittelbar vor dem Abspann zuträgt, aufgrund des allzu standardisierten Vorgeplänkels aber nicht die erwünschte Wirkung erzielt. In der Konzeption irgendwo zwischen
Ich hab es doch geahnt und
Das hab ich so nicht kommen sehen angesiedelt, zeigt
"HOUSE AT THE END OF THE STREET" viel zu spät den entfernten Hauch einer großartigen Idee, aus der man hinsichtlich des insgesamt eher ernüchternden Gesamtergebnisses weitaus mehr hätte machen können. Schade. So bleibt nicht nur vieles, sondern vermutlich sogar der Zuschauer etwas angekratzt, wenn er nach 98 Minuten resümiert, dass
"HOUSE AT THE END OF THE STREET" (und Jennifer Lawrence) zumindest schick aussieht, während hingegen der komplette Rest, den man in ähnlicher Form schon öfters sehen durfte, nicht gerade zu Begeisterungsstürmen hinreißt.
Fazit: Der versiert gefilmte
"HOUSE AT THE END OF THE STREET" betritt am Ende des Tages einmal mehr altbekanntes Terrain, ohne ihm wirklich neue Nuancen abzugewinnen. Sowohl Spannungsaufbau als auch die schauspielerischen Leistungen folgen treu dem Genrestandard, woran auch die mittlerweile oscargekrönte Jennifer Lawrence trotz vollsten Körpereinsatzes nichts zu ändern vermag. Gekrönt von einem obligatorischen Story-Twist, der dann doch irgendwie mehr gewollt als gekonnt daherkommt, degradiert sich
"HOUSE AT THE END OF THE STREET" letztlich selbst zu einem lediglich mittelprächtigen Psycho-Thriller, der leider weit hinter seinen tatsächlichen Möglichkeiten zurückbleibt. Kurzum: Ein klarer Fall für die Nachbarschaftshilfe.
Der Film ist in einer Extended Version über Universum ab jetzt auf DVD und Blu-ray im Handel / Verleih erhältlich. Vielen Dank für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!