„He always takes one“
Mal ganz ehrlich: Spätestens seit dem völlig überflüssigen „
Saw 5“ (2008) dürfte die extrem lukrative Horrorreihe um den diabolischen
Jigsaw-Killer eigentlich nur noch absolute Hardcore-Fans mit zwei zugedrückten Augen in den dunklen Kinosaal locken.
Während alles sehr vielversprechend mit James Wans Sensationserfolg begonnen hat, lief bereits mit den ersten Sequels die Story ein wenig aus dem Ruder - wenn auch bis zu Teil 3 zumindest noch auf einem recht hohen Spannungsniveau. Ab „
Saw IV“ (2007) gab dann Leigh Whannell, der Autor der Originaltrilogie, seine Schreibfeder an die Newcomer Marcus Dunstan und Patrick Melton ab, welche sich zuvor für die albernen „Feast“-Gurken verantwortlich gezeigt haben.
Diese Entscheidung hat der Reihe, welche durch die Anhäufung an Charakteren inzwischen den Geist einer brutalen
Soap-Opera versprüht, bisher nicht sonderlich gut getan – Teil 6 steht trotzdem bereits für 2009 auf den Belegungslisten der weltweiten Multiplex-Kinos…
Wie ist also nun wohl die Neugier des Rezensenten ausgefallen, als er die Nachricht vernahm, dass sich das Schreiber-Duo nach den bisherigen, missratenen Ergebnissen jetzt an ein neues Projekt wagt, mit welchem Marcus Dunstan zugleich seinen Einstand als Regisseur feiert? Nun,
verhalten könnte man sagen.
Umso überraschter ist dieser dann natürlich von dem Ergebnis gewesen – denn „The Collector“, so der Titel des Streifens, ist bestimmt kein großes Meisterwerk, aber dennoch ein äußerst fesselnder Schocker geworden, der mit Sicherheit in kurzer Zeit zu einer eigenen Horrorsaga expandieren wird…aber fangen wir doch vorne an:
Der Ex-Sträfling Arkin (Josh Stewart, „
Der seltsame Fall des Benjamin Button“) versucht durch ehrliche Arbeit mit seiner kriminellen Vergangenheit abzuschließen. Ironischerweise installiert der frühere Dieb inzwischen Sicherheitssysteme in den Häusern wohlhabender Leute.
Allerdings hat er auch ein handfestes Problem am Hals – oder vielmehr: seine Ex-Frau, mit welcher er eine gemeinsame Tochter hat, hat eins. Diese steckt nämlich in einem unangenehmen Schuldenberg und wird von den rücksichtslosen Geldeintreibern bedroht.
Um ihr aus der Misere zu helfen, fasst Arkin einen schweren Entschluss – er lässt sich auf einen Einbruch bei seinem aktuellen, reichen Geldgeber ein, welcher ohnehin mit seiner Familie einen Kurzurlaub unternehmen wollte.
Als er allerdings in das üppige Gebäude eindringt, muss er feststellen, dass er keineswegs allein ist.
Die dort wohnhafte Kleinfamilie hat bereits zuvor Besuch von einem ungebetenen Gast erhalten, der diese im Keller mit allerhand Folterwerkzeugen quält und außerdem das Haus mit diversen „Überraschungen“ bestückt hat, die unwissenden Neuankömmlingen Schmerzen oder den Tod bringen sollen.
Die Jagd ist eröffnet…
Schon klar, die Idee zu „The Collector“ ist im Prinzip auch nur eine Variation bereits bekannter Geschichten. Ganz platt könnte der Film als „
Saw“
meets „
The Strangers“ mit einer Prise „
Hostage“ (2005) bezeichnet werden. Nur kommt es wie so oft auch hier nicht unbedingt auf das
was, sondern vielmehr auf das
wie an.
„The Collector“ lebt in erster Linie von seiner straffen und technisch absolut makellosen Inszenierung. Nach der obligatorischen Einführung der Charaktere, wird im Prinzip jeglicher inhaltlicher Ballast abgeworfen und der Streifen entwickelt sich zu einer gut einstündigen, albtraumhaften
tour de force durch das mit fiesen Fallen ausgestattete Haus – den mysteriösen, mit einer Ledermaske vermummten Psychopathen stets im Nacken.
Das Tolle an diesem zugegebenermaßen wenig intellektuellen Schocker ist, dass sich die Spannungsschraube trotz bekannter Zutaten wie geölt unaufhaltsam in die Köpfe der Zuschauer vorbohrt, ohne auch nur eine Verschnaufspause einzulegen. Dass auf diesem Weg einige weniger appetitliche Bilder zu Tage gefördert werden, soll an dieser Stelle als Warnung für Zartbesaitete verstanden werden. Marcus Dunstans Erstling steht in Sachen
Splattereinlagen den „Saw“-Filmen in nichts nach. Während in besagter Reihe außerdem die hektischen Schnitteskapaden mit der Zeit ein wenig nervten, schlägt „The Collector“ in dieser Hinsicht einen eher altmodischen Weg ein, obwohl auch hier vereinzelt optische Spielereien zum Einsatz kommen.
Dass man als Zuschauer überhaupt bei dem Überlebenskampf von Arkin und der Familie mitfiebern kann, liegt vor allem an der gekonnten Vorstellungsrunde zu Beginn und dem bisher eher unbekannten Schauspieler Josh Stewart, der als widerwilliger Held eine souveräne Leistung abliefert.
Über den titelgebenden
Sammler erfährt man so gut wie nichts – lediglich der kurze Prolog lässt die Zuschauer wissen, dass er sein „Hobby“ nicht zum ersten Mal betreibt und am Ende immer einen Überlebenden als „Trophäe“ mitnimmt. Verkörpert wird dieser beunruhigende, Spinnen-artige Zeitgenosse von Juan Fernández, der während der gesamten Laufzeit kein einziges Wort von sich gibt. Wer sich den Film allerdings aufmerksam ansieht, kann den Killer zumindest für einen kurzen Moment ohne seine Maske erhaschen…
Während auf der Haben-Seite die bereits genannten Punkte sowie die düstere Atmosphäre und der geschickt eingesetzte Soundtrack verbucht werden können, gibt es leider auch kleinere Mängel festzustellen, über die wohl einige Zuschauer großzügiger hinwegsehen werden als andere – um es kurz zu fassen: Wer sich auch bei Horrorfilmen dieser Art während Logiklöchern die Haare rauft, könnte am nächsten Tag mit Bischofskranz bei der Arbeit antreten. Wie es der
Sammler geschafft hat, seine mannigfaltigen und teils hochkomplexen Fallen in der kurzen Zeit a) in das Haus zu schaffen und b) anzubringen, wird wohl den meisten Leuten ein Rätsel bleiben (Theorien bitte als Kommentar unter die Rezension).
Allerdings ließe man sich mit einer zu verbissenen Einstellung einen ziemlich fesselnden Genrebeitrag entgehen, der ganz offensichtlich unterhalten will - und sonst nichts! Jetzt mal Hand aufs Herz: Wer hat sich denn z.B. bei den „
Stirb langsam“-Filmen über so manch hirnrissigen Einfall aufgeregt? Eben.
Dass es sich laut einiger Foren bei dem Streifen um den „Horrorfilm des Jahres“ handeln soll, erscheint vielleicht aufgrund der nationalen und internationalen Konkurrenz ein wenig übertrieben, dennoch überzeugt die
Low Budget-Produktion in überraschend vielen Punkten.
„The Collector“ schon bald eine zweite Runde zu prophezeien erfordert nach dem ansehnlichen Erfolg an den Kinokassen dann auch nicht wirklich eine Wahrsagerkugel...