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von Bernard Rose




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The New York Ripper

The New York Ripper

Ein Film von Lucio Fulci

Viele Filme siedeln ihre Geschichte in dieser wohl bekanntesten amerikanischen Stadt der Ostküste an. New York scheint eine magische Anziehungskraft auszuüben, nicht nur auf die unzähligen Touristen-Massen.
Es ist wohl mitunter dieser Widerspruch in der Verschmelzung von Menschen in extremen sozialen Verhältnissen, das New York so besonders macht - stinkreich und bettelarm, weltberühmt und unbeachtet, sowie patriotisch und pathologisch.

Der italienische Splatter/Gore-Kultregisseur Lucio Fulci bringt in seinem Film “The New York Ripper“ genau diese Widersprüche zusammen.
Fulci verbirgt zu keinem Zeitpunkt seine Hochachtung gegenüber den beeindruckenden Plätzen New Yorks. Die berühmte Skyline mit der Freiheitsstatue, umgeben vom historischen Upper Bay, die Skyscraper und die überquellenden Straßen dominieren nicht selten in bildgewaltigen Aufnahmen den Film.
Fulcis Film birgt dabei selbst einen großen Widerspruch in sich – seine Kamera, meisterhaft geführt von Luigi Kuveiller, verbindet idyllische Stadtpanorama-Bilder mit den entrückten, perversen und ausbeutenden Machenschaften deren Bewohner.
The New York RipperThe New York RipperThe New York Ripper
Das wird schon im Intro deutlich. Ein älterer Mann führt an einem sonnigen Tag seinen Hund spazieren und ergötzt sich am beliebten Stock-Zurückbring-Spiel. Herrchen und Tier sind entzückt von dem Spiel und gehen vollständig auf – bis der trainierte Hund beim dritten Mal statt des Stocks eine halbverfaulte Hand aus den Büschen zerrt.
Eine attraktive und freizügig gekleidete Fahrradfahrerin frönt ihrer Vitalität und Jugend in der Natur und beschließt spontan einen Ausflug auf die Liberty Island über den Upper Bay. Auf der Fähre wird sie aber durch ungünstige Umstände von einem Autofahrer angemotzt und beleidigt und sinnt auf Rache mittels einer abfälligen Botschaft auf dessen Windschutzscheibe. Bei ihrem Vorhaben gerät sie jedoch an den titelgebenden Psychopathen und wird grausam aufgeschlitzt.
Schönheit und Brutalität stehen in einem direkten Zusammenhang – das Eine bedingt in diesem Film das Andere.
Die Tat führt natürlich zu einer polizeilichen Untersuchung und Leutnant Fred Williams (Jack Hedley als abgehalfterter, müder Polizeiinspektor) wird auf den Fall angesetzt. Zusammen mit dem Psychologen Dr. Paul Davis (Paolo Malco als überzeugender Intellektueller) und einem alten erfahrenen Pathologen begibt sich Williams auf die Spur des Psychopathen.

Doch die Ermittlungen erweisen sich als äußerst verzwickt und der Fall birgt viele Irrwege und zwielichtige Verdächtige. Da ist zum einen die krankhaft zwanghafte Neigung des Täters, sich nach jeder Tat beim Leutnant Williams zu melden und mit einer gänsehauteinjagenden Donald Duck Stimme sich der Verbrechen zu rühmen. Die Opfer der Gewalttaten sind zunächst auffallend attraktive Frauen, die entweder durch eingebildetes Verhalten, Prostitution, Ehebetrug oder Lüsternheit in den öffentlichen Fokus geraten. Die grauenhaften Morde sind damit eng gekoppelt an den prüden moralischen Konventionen der New Yorker und die Tatorte in den meisten Fällen öffentliche Plätze.
Williams stoßt auch schon bald auf ein Opfer, das einem Angriff entkommen konnte, und erste Hinweise kommen ans Tageslicht. Daraufhin wird auch nach einem südländischen, muskulösen Mann im mittleren Alter (Howard Ross), der offensichtlich der sozialen Unterschicht entstammt und durch das körperliche Merkmal von zwei fehlenden Fingern hervorsticht, gefahndet.
Dieser Frauen-Stalker steht auch mit allen Morden in Verbindung und scheut auch vor der Anwendung von Gewalt nicht zurück. Doch dank der exakten, analytischen Fähigkeiten des Psychologen Davis ergeben sich immer mehr Widersprüche, die die vermeintlichen Beweise gegenüber diesem obskuren Verdächtigen in Zweifel ziehen. Die psychotischen, übertrieben brutalen Tathergänge bedingen viel komplexere pathologische Motive als die Erfüllung einer überschäumenden sexuellen Triebbefriedigung.
Viel zu spät merkt Williams, dass er es hier nicht mit einem primitiven, skrupellosen Lüstling zu tun hat, sondern den Täter in der intellektuellen Gesellschaftsschicht suchen muss.
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“The New York Ripper“ ist neben den Splatter-Klassikern wie “Zombi 2“, “The Beyond“ und “The House by the Cemetery“ nicht nur durch seine explizite, schnörkellose Gewaltdarstellung der bekannteste Film von Fulci, sondern brilliert mit einem gut aufgebauten und geschickt ausgebauten Plot, überzeugenden Schauspielern, dramaturgisch elegant gesteigerten Spannungseinlagen, vielschichtiger musikalischer Untermalung und zahlreichen Wendungen um viele Klassen gegenüber den Filmen, die Lucio Fulci bekannt gemacht haben. Um es auf den Punkt zu bringen, Lucio Fulci schafft es mit “The New York Ripper“ seinem Genre (dem Splatter und Giallo) treu zu bleiben und seine die Karriere durchziehenden produktionstechnischen Schwächen (unterdurchschnittliche Schauspieler, zu geradlinige, schnell durchschaubare Story und miese Dialoge) fast komplett auszumerzen.

Dieser Film profitiert dabei hauptsächlich durch einen gelungenen Genre-Mix. Er trägt zu einem großen Teil die Markenzeichen eines Polizeikrimis, denn den roten Faden legen die Ermittlungen des Polizeiinspektors und der Zuschauer weiß bis zum Schluss im Grunde nicht mehr als der Polizist. Die musikalische Untermalung, der rasante Schnitt, zahlreiche Nebenstränge, beschwingter Wechsel von subjektiven und objektiven Perspektiven und die vielen Story-Wendungen identifizieren auch den Psychothriller-Charakter alá David Finchers “Sieben“. Und natürlich fehlen hier auch nicht die Zutaten aus der italienischen Spannungsfilm-Kultur: der Giallo. Die markanten Subjektiven bei den Tötungsszenen versetzen den Zuschauer in die Mörderposition, die Tötungsakte sind sehr genau dargestellt und äußerst brutal, dabei jedoch auch sehr einfallsreich. Die Musik ist ein unverzichtbarer Begleiter bei den krankhaften Zwangshandlungen des Antagonisten. Und die Kamera bietet in den spannungsgeladenen Szenen so spektakuläre Bilder und Perspektiven, sowie stilistische Feinheiten (wie Übergänge von Traum und Wirklichkeit, täuschender Schnitt, Rückblenden und Rückgriff auf Hinweise, die in der Handlung vorher subtil angedeutet wurden), dass man Fulcis Film sogar in einem Atemzug mit Alfred Hitchcocks Meisterwerken wie “Psycho“ und “Frenzy“ und dem perfektionistischsten aller Giallo-Regisseure, Dario Argento (mit seinen Werken wie “Suspiria“, “Tenebre“ und “Sleepless“ – wobei “The New York Ripper“ in seinem Einfallsreichtum und komplexerer Dramaturgie letzteren Argento-Film weit in den Schatten stellt) nennen kann.
The New York RipperThe New York RipperThe New York Ripper
Jedoch lassen einige wenige, jedoch nicht übersehbare Schnitzer den Ripper von New York nicht so groß und virtuos werden wie die oben genannten Vorbilder. Das wäre zum einen die mittelmäßig bis schlechte Nachsynchronisation in den Dialogszenen (die Diskrepanz von Lippenbewegung und Ton ist nur zu oft ärgerlich auffällig) und zum anderen eine, im Vergleich zu den einfallsreichen und visuell verspielten Tötungsszenen, eher konventionelle Erzählweise des dominierenden Handlungsstrangs der Ermittler.
Viele Szenen mit Williams und Dr. Davis vor allem in der ersten Hälfte des Films hätten weggelassen werden können, ohne dass wichtige Informationen verloren gingen. Der Rhythmus hätte davon profitiert und den Zuschauer geistig mehr gefordert.

Nichts desto trotz bleibt “The New York Ripper“ ein herausragendes Beispiel von einem technisch sehr gut inszenierten, spannungsgeladenen, inhaltlich abwechslungsreichen, bildgewaltigen und brutalen Slasher-Klassiker.

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Visuelle Bildgewalt: 8 (die Kamerafahrten sind an den spannendsten Stellen quälend lang, verlangsamen die Handlung und vermitteln dadurch noch viel mehr an Intensität und Spannung)
Gruselfaktor: 6 (vom Konzept ist der Film einem Giallo-Genre am nächsten, doch die Szenen, in denen der Mörder seinen Opfern zusetzt, gehen tief unter die Haut)
Sex & Gewalt-Anteil: 9 (immerhin ist es ein italienischer Exploitation-Film, der sich keinen Deut schert um die Konventionen des Anstands)
Bösewicht-Faktor: 8 (schon nach der ersten halben Stunde kennt man die Projektion des Bösen - Schritt für Schritt baut sich um diesen eine Atmosphäre des Schreckens auf)

Eine Rezension von Eduard Beitinger
(28. Oktober 2009)
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Daten zum Film
The New York Ripper Italien 1982
(Lo squartatore di New York)
Regie Lucio Fulci Drehbuch Lucio Fulci, Gianfranco Clerici, Vincenzo Mannino, Dardano Sacchetti
Produktion Fulvia Film Kamera Luigi Kuveiller
Darsteller Jack Hedley, Almanta Suska, Paolo Malco, Howard Ross, Andrea Occhipinti, Alexandra Delli Colli, Cinzia de Ponti, Daniela Doria
Länge ca. 87 min. (director’s cut: 92 min.) FSK keine Jugendfreigabe (in Deutschland indiziert)
Filmmusik Francesco De Masi
Kommentare zu dieser Kritik
Tubepower sagte am 13.07.2011 um 17:17 Uhr

Ich liebe dieses Teil,habe noch 2 Originale-Beta und 2000-er- zuhause

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