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Die große Liebe meines Lebens

Die große Liebe meines Lebens

Ein Film von Leo McCarey

von Asokan Nirmalarajah

Der Clou liegt bereits im Titel. Mit An Affair to Remember (1957) ist nicht nur die ›erinnerungswürdige Affäre‹ gemeint, die sich zu Beginn des Films zwischen dem weltbekannten amerikanischen Playboy Nickie Ferrante (Cary Grant) und der britischen Sängerin Terry McKay (Deborah Kerr) an Bord eines Luxusliners auf der Überfahrt von Europa nach New York anbahnt. Mit dem Titel wird der Zuschauer auch an den damals noch in Schwarzweiß gedrehten Originalfilm von 1939 erinnert, das Premake zu diesem opulenten Farbremake in Technicolor und Breitwandformat: Leo McCareys Love Affair mit Charles Boyer und Irene Dunne in den Hauptrollen. McCarey, der zu der Zeit bereits dreimal Oscar-prämierte, aber seit fünf Jahren in der Filmindustrie inaktive Erfolgsregisseur des klassischen Hollywoodkinos der 1930er und 40er Jahre, beschloss – wie nicht wenige seiner Zunftgenossen in den 50ern und 60ern – angesichts mangelnder neuer Ideen einen seiner eigenen Klassiker neu aufzulegen. Die große Liebe meines Lebens, so der deutsche Titel des Remakes, wurde bei Erscheinen trotz verhaltener Kritikerstimmen nicht nur zu einem Kassenhit, dank eines hoffnungslos vor sich hin schmachtenden, vornehmlich weiblichen Publikums avancierte der Film auch zu einem der populärsten Liebesfilmklassiker der letzten zwei
Jahrzehnte – was wiederum zu einer positiven Neueinschätzung des Films auch auf Seiten der Kritiker führte. Schuld an dieser unverständlichen Nobilitierung einer doch etwas schwerfälligen, hölzernen Romanze, das mal souverän, mal plump zwischen dem cleveren Wortwitz der Screwball Comedy, der großen Dramatik des Melodrams und den kitschigen Gesangsnummern des Musicals pendelt, hat in erster Linie Nora Ephrons Sleepless in Seattle (1993) Schuld. Den wiederholt zitierten Prüfstein für die Geschlechterunterschiede in Ephrons Film – zwischen der Sehnsucht der Frauenfiguren nach der großen Romantik und dem Unverständnis der Männerfiguren angesichts der emotionalen Bindung ihrer Frauen zu einem kitschigen Liebesfilm aus den 50ern (sie bevorzugen dann doch eher den ergreifenden männlichen Pathos von Robert Aldrichs Söldnerfilm-Klassiker The Dirty Dozen, 1967) – bildet nämlich McCareys Remake, das im Anschluss an den Kinoerfolg von Sleepless in Seattle selbst zu einem Verkaufsschlager auf Video wurde. 2002 wurde er schließlich vom American Film Institute sogar zu einem der fünf besten Liebesfilme aller Zeiten gewählt. Nun ja, Romantik hin oder her, man sollte nicht gleich so übertreiben…
Die große Liebe meines LebensDie große Liebe meines LebensDie große Liebe meines Lebens
Da McCarey bei seinem Remake auf das ursprünglich von Delmer Daves und Donald Ogden Stewart geschriebene Drehbuch von 1939 zurückgriff, nur minimale Änderungen vornahm und beim Dreh offen war für die Improvisationen seiner Stars, handelt es sich bei An Affair to Remember um eine von Szene zu Szene nahezu identische Kopie des Originals. Grant, der es stets bereut hatte, die ihm damals angebotene Hauptrolle in Love Affair nicht angenommen zu haben, darf im Remake nun die Rolle eines talentierten Malers spielen, der sich seine Existenz lieber als Liebhaber reicher Frauen finanziert. Auf dem Weg zur Hochzeit mit seiner letzten Eroberung begegnet er der ebenfalls vergebenen Terry, mit der er sich zunächst befreundet. Als Terry Nicky auf einem Besuch zu seiner Großmutter an der Mittelmeerküste begleitet, erscheint der Playboy ihr in einem neuen Licht und sie verlieben sich ineinander. Als die beiden schließlich in New York einschiffen, versprechen sie einander, sich in sechs Monaten auf dem Dach des Empire State Buildings wieder zu sehen, sofern sie bis dahin ihre jetzigen Beziehungen beendet und ihre individuellen Berufswünsche als Maler respektive Sängerin realisiert haben. Doch dann kommt ihrer lang ersehnten Begegnung der Verkehr von New York dazwischen…

In den 50er und 60er Jahren, als das Fernsehen vorübergehend den Siegeszug gegen das Kino einläutete, wärmten gleich mehrere Hollywood-Regisseure ihre eigenen Werke auf, oft weil sie mit ihrer früheren Arbeit unzufrieden waren oder weil sich ein aufwendiges, starbesetztes Farbremake eines unscheinbaren, mittlerweile fast vergessenen Schwarzweißfilms als eine lukrative Geldeinnahmequelle anbot. So re-inszenierte Cecil B. DeMille 1956 seinen Stummfilm The Ten Commandments (1923) als gleichnamiges Ausstattungsepos mit Charlton Heston und Yul Brynner, Alfred Hitchcock amerikanisierte im selben Jahr seine britische Produktion The Man Who Knew Too Much (1934) mit James Stewart und Doris Day, William Wyler wollte den homosexuellen Subtext der Dramenvorlage zu These Three (1936) in The Children’s Hour (1961) mit Audrey Hepburn und Shirley MacLaine stärker ausformulieren, während Frank Capra sein meisterliches Märchen aus der Zeit der Großen Depression, Lady for a Day (1933), zu dem ermüdend lethargischen Lustspiel Pocketful of Miracles (1961) mit Glenn Ford und Bette Davis missgestaltete. McCareys Remake An Affair to Remember streckt nun die knackigen 88 Minuten des Originalfilms auf satte 119 Minuten und überlädt die bereits zerbrechlich dünne Handlung der Vorlage mit einer ganzen Fülle an set pieces, die für sich genommen ganz unterhaltsame Variationen von Genre-Versatzstücken sein mögen (der hintergründig-ironische Schlagabtausch zwischen Grant und Kerr, die hochmelodramatischen Szenen lauten Schweigens, die Gesangsszenen von Kerr und den anstrengenden Schulkindern, denen sie Gesangsunterricht gibt), aber die Handlung wiederholt stagnieren lassen.
Die große Liebe meines LebensDie große Liebe meines LebensDie große Liebe meines Lebens
Doch wer lässt sich schon vom lethargischen Nachmittagsfilmtempo, den langweiligen Breitwandkompositionen und der besonders kitschigen Musik und Ausleuchtung der Szenen beirren, wenn man doch nur schöne Stars beim gemeinsamen Balztanz sehen möchte. Das kann man haben, wobei wieder auffällt, dass George Clooney sein weltmännisches Gehabe von Cary Grant geklaut hat, der hier in den Screwball-Comedy-Szenen wie gewohnt glänzt, aber vom Melodram etwas überfordert ist. Den charmanten Playboy kauft man ihm ohne Frage ab, den hölzern gespielten strauchelnden Künstler nicht so sehr. Kerr ist recht adäquat, die ursprünglich für die Rolle vorgesehene Ingrid Bergman hätte aber vielleicht für etwas mehr Intelligenz und spröde Erotik gesorgt. Cary Grant selbst soll einmal in einem Interview gesagt haben, er erinnere sich von den beiden Filmen bevorzugt an den seiner Meinung nach besseren Originalfilm Love Affair, der seitdem auch schon zweimal von Bollywood (von Kalidas als Bheegi Raat, 1965, und von Indra Kumar als Mann, 1999) und noch einmal von Hollywood (Glenn Gordon Carons Love Affair, 1994, mit Warren Beatty und Annette Bening in den Hauptrollen) neu aufgelegt wurde. Recht hat er.

Winkler Film bringt An Affair to Remember in einer neuen Special Edition auf den DVD-Markt, gefüllt mit tollem Bonusmaterial. Auch wenn das Making of nicht aufhören kann, Parallelen zwischen der (un)glücklichen Leinwandromanze und dem jeweiligen Liebesleben der beiden Hauptdarsteller zu ziehen, ist es ebenso voller interessanter Informationen zur Entstehung des Films wie die einzelnen Porträts der Beteiligten. Hier war es eine kluge Idee, die letzten Lebensabschnittsgefährten von Grant und Kerr über die Stars als Privatmenschen erzählen zu lassen. Das Porträt zu McCarey ist von großem Wert für eine Neueinschätzung des Regisseurs und seiner Filme. Zudem finden sich noch ein Ausschnitt aus der Movietone Wochenschau von 1957, ein Featurette zur visuellen Gestaltung des Films, ein Trailer und eine Bildergalerie auf der rundum gelungenen DVD.

Eine Rezension von Asokan Nirmalarajah
(04. August 2010)
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Daten zum Film
Die große Liebe meines Lebens USA 1957
(An Affair to Remember)
Regie Leo McCarey Drehbuch Leo McCarey, Delmer Daves
Produktion Jerry Wald Kamera Milton R. Krasner
Darsteller Cary Grant, Deborah Kerr
Länge 110 FSK 12
Filmmusik Hugo Friedhofer
DVD-Start: 10.09.2010
Kommentare zu dieser Kritik
Renee TEAM sagte am 25.10.2010 um 19:01 Uhr

In der Tat, wenn man "Schlaflos in Seattle" einmal gesehen hat, bekommt man schnell den Eindruck, "An Affair to Remember" wäre der großartigste Liebesfilm aller Zeiten. Und wenn man ihn sich mit diesen Erwartungen ansieht, ist man zwangsläufig enttäuscht. Die Geschichte an sich ist nett erzählt, die Figuren sympathisch, das ganze Hin und Her zwischen den beiden Liebenden doch insgesamt recht romantisch. Doch richtig mitreißend ist es nicht, der entscheidende Funke will einfach nicht überspringen, und zum Schluss greife ich dann doch lieber immer wieder zu Nora Ephrons "Schlaflos in Seattle". Hier bekommt man wenigstens, was man erwartet. :)

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