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Total Recall (2012)

Total Recall (2012)

Ein Film von Len Wiseman

Wer erinnert sich noch? Damals, genau genommen im Jahre 1990, schickte Regisseur und Provokateur Paul Verhoeven im zweifach oscar-nominierten Zukunftsspektakel „Total Recall“ einen Mann namens Arnold Schwarzenegger auf eine filmische Odyssee, die neben der Frage nach dessen Identität auch diverse andere von Belang stellt(e): Warum genau wurde der nach einer Vorlage von Philip K. Dick entstandene charmant-trashige Film, der nach FSK-Neuprüfung mittlerweile ab 16 Jahren freigegeben ist, eigentlich seinerzeit indiziert? Werden etwa alle Frauen in der Zukunft drei Brüste haben? Und warum nur hat es über 20 Jahre gedauert, bis jemand endlich auf die Idee kam, den Kultfilm wieder neu aufzulegen? Nur soviel: Manchmal ist Ironie mehr wert als jede noch so gute Antwort.


„Feig, wirklich feig ist nur, wer sich vor seinen Erinnerungen fürchtet.“ (Elias Canetti)


Was ist Realität, was Erinnerung? Fabrikarbeiter Douglas Quaid (Colin Farrell) weiß es im vorliegenden Remake schon bald nicht mehr. Denn was für ihn noch als interessanter Mind-Trip bei der Firma Rekall begann, die angeblich jeden Traum à la Ich wäre gerne ein Superspion in echte Erinnerungen umwandeln kann, entwickelt sich schnell zu einem Alptraum allererster Güte, als die Programmierung unerwartet fehlschlägt. Ab sofort gnadenlos gejagt von der Polizei, immer auf der Flucht, gerät Quaid mitten hinein in eine Verschwörung
gigantischen Ausmaßes, die die Welt vollends aus dem Gleichgewicht zu bringen droht...


Einige Änderungen durchziehen das Remake von Regisseur Len Wiseman („Stirb langsam 4.0“) und versuchen, die Neuauflage nach über 20 Jahren nachhaltig zu rechtfertigen. Doch abgesehen von der Lokalisierung des Geschehens auf der Erde anstatt auf dem Mars entspricht der Grundgedanke des Films immer noch Philip K. Dicks Kurzgeschichte „We Can Remember It For You Wholesale“, die bereits die Basis für das Schwarzenegger-Vehikel Anfang der 90er Jahre geliefert hatte. Alles beim Alten also? Ja und Nein. Denn zunächst einmal ist der 2012-Quaid Colin Farrell („Fright Night (2011)“), der seine Rolle durchaus solide mit Leben zu füllen weiß, nun einmal schon von der körperlichen Verfassung her kein Schwarzenegger, sondern eher ein Jedermann, der unversehens in ein explosives Abenteuer stolpert. Dies, zusammen mit der Verortung auf dem heimischen Planeten, lässt das Remake im wahrsten Sinne des Wortes erdiger daherkommen, was man im Grunde als Vorteil verbuchen könnte. Doch leider stellt sich damit zwangsläufig auch eine gehörige Charme-Einbuße ein, die dem Science-Fiction-Thriller zwar nur bedingt schadet, ihn aber auch nicht sonderlich gegenüber dem kultigen Original aufwertet.

„The past is just a mental construct.“


Das ist im Übrigen mehreren Gründen geschuldet. Denn so gut gemeint der Vorsatz, einen Film im düsteren Stile eines Meilensteins wie „Blade Runner“ [1982] zu kreieren, am Anfang noch erscheinen mag, so unsanft landet „TOTAL RECALL (2012)“ letzten Endes auf dem harten Boden der Tatsachen, gescheitert an der eigenen Zielsetzung. Warum? Weil es das aufwendige Remake weder schafft, die philosophischen Aspekte der literarischen Vorlage in das Drehbuch einzuflechten, noch gelingt es den Verantwortlichen, ihrer Geschichte ein gesundes Maß an Anspruch zukommen zu lassen. Stattdessen wird ohrenbetäubend laut herumgeballert, gekämpft und sich mit der Polizei unter anderem eine schnelle, tricktechnisch perfekte Verfolgungsjagd im Hovercraft geliefert. Bei diesem atemlosen Geschehen bleibt wahrlich nicht viel Zeit zum Luftholen. Weder für Quaid noch für den Zuschauer. Das ist zweifelsohne unterhaltsam und versiert in Szene gesetzt, dabei aber leider längst nicht so kurzweilig wie das Original von 1990. Denn was damals vielleicht noch bahnbrechend-revolutionär wirkte und das leicht trashig anmutende Geschehen gekonnt auflockerte, sorgt heute in der effektreichen und makellosen Machart eines Len Wiseman nur noch für wenig Begeisterungsstürme, obwohl die Bilder allesamt ein optischer Hochgenuss sind. Wahrscheinlich gerade deshalb bleibt auch „TOTAL RECALL (2012)“, der sich bereits jetzt Jedem mit krampfhaftem Esprit in gute Erinnerung zu rufen versucht, trotz aller Vorfeld-Ambitionen letztlich nicht vor dem Fluch des Blockbuster-Zeitgeistes gefeit. Leider. Da kann die literarische Vorlage noch so gut sein. Selbst im zweiten Anlauf.

„If I'm not me, then who the hell am I?“


Len Wisemans „TOTAL RECALL (2012)“ ist sicherlich kein schlechter Film, sondern, wenn man so will, nur ein überflüssiges Remake, das das Original lediglich in Sachen Effektegewalt aussticht. Wer den Ursprungsfilm kennt, wird dem 2012er-Nachklapp trotz solider Umsetzung und optischer Brillanz nur recht wenig abgewinnen können. Wiseman zelebriert zwar zu jeder Sekunde düster-actionreiches Blockbuster-Popcorn-Kino, das es ordentlich krachen lässt. Leider begräbt er dabei aber unter meterdick aufgehäuftem Schutt auch jeden Anflug von Charme, der dem Original noch anhing. Was bleibt, ist somit passenderweise die totale Erinnerung an Arnold Schwarzeneggers Kultfilm von 1990 und die leidige Erkenntnis, dass zumindest manche Sachen früher einfach besser waren. Tja...


Eine Rezension von Stefan Rackow
(21. August 2012)
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Daten zum Film
Total Recall (2012) USA 2012
(Total Recall)
Regie Len Wiseman Drehbuch Kurt Wimmer & Mark Bomback
Produktion Columbia Pictures / Original Film / Rekall Productions Kamera Paul Cameron
Darsteller Colin Farrell, Kate Beckinsale, Jessica Biel, Bryan Cranston, Bill Nighy, Bokeem Woodbine, John Cho, Will Yun Lee
Länge 118 Minuten FSK ab 12 Jahren
http://www.welcometorecall.com/
Filmmusik Harry Gregson-Williams
Bundesweiter Kinostart: 23.08.2012
Kommentare zu dieser Kritik
Brandywine sagte am 21.08.2012 um 22:52 Uhr

Das liest sich alles so wie ich es erwartet hatte. Zweifelsfrei einer jener Filme die ich noch nicht einmal im Fernsehen schauen würde wenn er zufällig mal käme.

Was mich persönlich schon stark am Trailer gestört hat war das Stromlinienförmige Produktionsdesign. Die Optik ist gänzlich austauschbar. Da könnte man Szenen aus "Minority Report" und "I Robot" zwischen schneiden ohne das es irgendjemand bemerken würde. Das "Original" (zweifellos eine schlechte Dick Verfilmung) hatte Ecken und Kanten, schlicht einen eigenen Stil.

Das vermisse ich bei aktuellen Filmen immer häufiger.

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