„Nobody calls Han Solo a bitch!“
Filme sind nichts ohne Fans, die sie goutieren. Ein Genuss, der zum Teil in einem waschechten Spektakel mündet. Wer unter uns kann sich heute etwa noch eine
Twilight-Premiere vorstellen, in der es ruhig und gesittet zugeht? Ernsthaft? Willkommen im Hier und Jetzt. Der Hype um einen Film trägt nämlich nicht erst seit kurzem mitunter deutlich imposantere Blüten als das eigentliche Werk, aus dem er einst erwuchs. Warum das so ist? Darüber streiten sich bereits die Gelehrten. Erfolglos, wohlgemerkt. Denn so wie es quasi unmöglich ist, alle bereits gedrehten Filme dieser Welt zu orten, ohne den Überblick zu verlieren, lässt sich auch das Fan-Dasein in seiner unterschiedlichen Ausprägung nicht vollends erfassen. Man nimmt es mehr oder minder stillschweigend hin, verdreht vielleicht hier und da die Augen und denkt sich insgeheim:
Wartet doch erst einmal ab, ob euch der Film überhaupt gefällt. Ein Gedanke, der dann im Fantrubel zwischen stilecht Kostümierten und lautstark Jubelnden untergeht wie die Titanic in James Camerons gleichnamigem Blockbuster. Wie viele Zuschauer hatte der doch gleich noch mal?
Die filmbegeisterten Fans sind die Essenz, daran gibt es nichts zu rütteln. Und auch ein Kult entsteht bestimmt nicht von alleine. Exemplarisch sei hier die mittlerweile legendäre <
i>Star Wars-Saga genannt, deren Ursprung, die spätere
Episode IV, es zunächst gar nicht leicht hatte, sich vor den skeptischen Kritikern weltweit zu behaupten. Der Rest ist bekanntlich Filmgeschichte:
Das Imperium schlug erfolgreich zurück, und die
Rückkehr der Jedi-Ritter komplettierte schließlich die bis dato weltweit erfolgreichste Filmreihe. Damit hatte wahrlich niemand gerechnet. Niemand außer den selbsternannten
Star Wars-Jüngern natürlich. Denn es waren schließlich sie, die die Trilogie erst unter enormer Kraftanstrengung in die noch heute fortbestehenden Kult-Sphären gehievt und damit den Kampf gegen vormals bestandende Vorurteile klar für sich entschieden haben.
Star Wars wurde so über all die Jahre ein beeindruckendes Denkmal gesetzt. Für die Ewigkeit. Von echten Fans geboren.
Den Umstand, dass die Ankündigung einer filmischen Aufbereitung der noch unerzählten
Star Wars-Vorgeschichte gut geeignet ist, bei den unzähligen Fans akutes Hyperventilieren durch schlicht nicht anders zu artikulierende Begeisterung auszulösen, hat
George Lucas, der
Star Wars-Schöpfer, sehr wahrscheinlich unter „in Kauf genommene Kollateralschäden“ abgelegt. Ja, das Filmgeschäft ist hart. Aber es geschieht nun einmal alles im Dienste der Fans. Mutmaßlich. Und auf deren Seite begeben wir uns jetzt
stante pede, während wir einen Zeitsprung ins Jahr 1998 wagen. Zu diesem Zeitpunkt sehnen die vier Freunde Eric (Sam Huntington), Linus (Christopher Marquette), Hutch (Dan Fogler) und Windows (Jay Baruchel) bereits fieberhaft die anstehende Premiere von „
Star Wars: Episode I - Die dunkle Bedrohung“ herbei. Die unbeschreibliche Vorfreude erhält jedoch einen mehr als nur heftigen Dämpfer, als herauskommt, dass Linus derart schwer an Krebs erkrankt ist, dass er die Premiere in einigen Monaten mit hoher Wahrscheinlichkeit wohl nicht mehr erleben wird. Kurzerhand beschließen die Freunde daher, einen tollkühnen Kindheitsplan in die Tat umzusetzen: Sie wollen zu George Lucas'
Skywalker Ranch in Kalifornien fahren, dort einbrechen und eine Kopie des fertiggestellten Films mitgehen lassen. Wenn sie sich das aber mal nicht allzu einfach vorgestellt haben...
Bei
„FANBOYS“ unter der Regie von
Kyle Newman („
The Hollow“ [2004]) trügt der Schein. Denn was nach den ersten Trailern noch den Eindruck eines albernen Road-Movies ohne Sinn und Verstand erweckte, erweist sich bei genauerer Betrachtung als liebevoll-pointierte Huldigung der kultigen Sternensaga einer- und ihrer nicht minder kultigen Fans andererseits, hier überaus würdig vertreten durch Eric, Linus, Hutch und Windows. Vier Freunde, die kaum freakiger sein könnten, zusammengeschweißt durch ihre obzessive Liebe zu
Star Wars und den sich ankündigenden Schicksalsschlag, der die gute Laune überschattet. Ein menschliches Drama, das allerdings niemals komplett die Überhand gewinnt, obwohl es allgegenwärtig über dem Geschehen schwebt. Es ist die schlichte Leidenschaft für das Medium Film, die im vorliegenden Fall Einzug in eine menschliche Tragödie hält, um das Leiden etwas erträglicher zu gestalten. Mehr noch: Das Beispiel von
Star Wars zeigt, dass jeder Mensch etwas braucht, worauf er einmal zurückblicken kann:
„Greatest deed Luke Skywalker ever did was take down the Death Star, right? As far as I'm concerned, that's what everybody needs. You need that one bad-ass thing that lets you live on forever, you know.“
Und plötzlich ist
„FANBOYS“ trotz offenkundiger Albernheiten viel mehr als nur eine bloße Nummern-Revue. Die Reise zur
Skywalker Ranch gerät zur grundsympathischen Reflexion über Freundschaft, Filmleidenschaft und das dünne Band dazwischen, über Filme, die ohne Fans nichts wären, und schließlich die Frage, was im Umkehrschluss die Fans ohne ihre Filme wären. Antriebslos? Ein schwacher Schatten ihrer selbst? Vielleicht. Jedenfalls wäre
„FANBOYS“, der nach wie vor als amüsante Komödie verstanden und wahrgenommen werden will, deutlich weniger unterhaltsam. Denn wenn alteingesessene
Star Wars-Mimen wie
Carrie Fisher (auch bekannt aus „
Meine teuflischen Nachbarn“ [1989]) oder
Billy Dee Williams („Batman“ [1989]) mit passionierten
Star Wars-Jüngern vom Schlage eines
Kevin Smith („
Clerks 2 - Die Abhänger“ [2006]) zusammentreffen, bleibt aufgrund der zahlreich eingestreuten Anspielungen wahrlich kein Auge trocken. Den Kenner freut's.
„These Trekkies are everywhere!“
Dass ein Film über eine ganz bestimmte Spezies von Fan es natürlich nicht lassen kann, hart, aber herzlich gegen andere, „verfeindete“ Gruppierungen zu schießen, liegt darüber hinaus auf der Hand. Und so entbrennt auf dem Bildschirm ein herrlich überspitzt inszenierter Kampf mit
Star Trek-Fans (den
Trekkies), dessen Absurdität nur noch von dem wohl besten Gastauftritt des gesamten Films übertroffen wird: T.J. Hooker a.k.a.
William Shatner a.k.a. der altehrwürdige Captain James T. Kirk himself stattet unseren Freunden einen kurzen irdischen Besuch ab und lässt in dieser Zeit keinen Zweifel daran aufkommen, dass er ein wahrer Meister der Selbstironie ist. Ein einziger markanter Satz, und schon ist der ein oder andere zuvor nicht gezündete Gag vergessen. Faszinierend. Der Rest des Films pendelt sich dann liebevoll-gekonnt zwischen parodistischen Elementen und der harten Realität ein, immer mit einem Augenzwinkern, immer mit der Hoffnung auf ein filmisches Happy End. Ob es aber auch eins gibt? Dies weiß neben George Lucas, der – „
Spaceballs“ lässt grüßen – die Rohfassung des Films persönlich abgenickt hat, letztlich nur derjenige, der für 86 Minuten selbst zum echten Fanboy wird (Realisierung nach eigenem Belieben). Es lohnt sich durchaus.
Fazit: Ein Film für Fans von Fans, der sich zuweilen genauso verrückt wie diese gibt – und damit an Ehrlichkeit fast nicht zu überbieten ist. So abgedreht und skurril das tollkühne Geschehen rund um die vorgezogene Premiere von „Episode I“ hier und da letztlich erscheinen mag, so liebevoll wird damit auch zugleich der kompletten
Star Wars-Reihe gehuldigt. Denn nur derjenige, der eine Sache wirklich liebt, schafft es, diese gekonnt zu karikieren. Vielleicht kein Überflieger in dem Sinne, aber allemal ein kleiner, feiner Film über Freundschaft, die Liebe zum Film und den ganzen obligatorischen Rest, der sich ernst genug nimmt, um nicht an Bodenhaftung zu verlieren, demgegenüber aber auch genug Humor aufweist, um nicht vollends am Boden zu kleben. Der Mittelweg ist das Ziel im soliden
„FANBOYS“, der uns trotz allem traurigerweise die Antwort auf eine gestellte Frage vorenthält:
What if the movie sucks?! Michse dabei leider auch nicht helfen können.