Kaum ein Ort ist in unseren Köpfen so eng mit der Geschichte der Hexenverfolgung verbunden wie Salem, Massachusetts. Als einer ihrer prominentesten Schauplätze ist die Stadt wie geschaffen dafür, als Bühne für düstere, von Magie erfüllte Geschichten zu fungieren. Ebenso erscheint Halloween – jene Nacht, welcher seit so vielen Jahrhunderten nachgesagt wird, dass in ihr die Grenzen zwischen Dies- und Jenseits, zwischen Realität und der Welt der Magie verschwimmen, sogar nahezu gänzlich abhanden kommen – als der ideale Zeitpunkt, um solche Geschichten lebendig werden zu lassen. Diesen Beobachtungen voll und ganz Rechnung tragend hat
Kenny Ortega ("
High School Musical") eben jenes Setting für seinen abgedrehten Zauberstreifen
"HOCUS POCUS" ausgewählt. Möge der Halloween-Spaß beginnen:
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts herrschen Angst und Schrecken in dem kleinen Städtchen Salem. Die Sanderson Schwestern Winifred (Bette Midler), Sarah (Sarah Jessica Parker) und Mary (Kathy Najimy) sind Hexen der altmodischen, gemeinen Art. Sie streben nach ewiger Jugend, wozu sie keine geringere Grausamkeit verüben, als Kindern buchstäblich das Leben auszusaugen. Ihr neuestes Opfer ist die junge Emily Binx (Amanda Shepherd). Ihr großer Bruder Thackery (Sean Murray) eilt zwar noch zu ihrer Rettung heran, kann das Unglück jedoch nicht verhindern und wird zudem von den bösen Hexen in eine
unsterbliche schwarze Katze verwandelt, dazu verdammt, für alle Zeit mir der Schuld des Versagens zu leben. Zu spät für Emily, Thackery und viele andere Kinder werden die Sandersons schließlich vom wütenden Mob auf den Scheiterhaufen gezerrt...
300 Jahre später in einer dunklen Halloween-Nacht landen Teeanger Max (Omri Katz), seine kleine Schwester Dani (Thora Birch) und seine Angebetete Allison (Vinessa Shaw) in jenem geheimnisumwitterten Haus, welches ehemals der Schauplatz der finsteren Hexentaten war. Unfreiwillig – aber dafür umso erfolgreicher – erweckt Max durch das Anzünden einer magischen schwarzen Kerze das unheilbringende Trio erneut zum Leben. Und abermals ist es das oberste Ziel der Schwestern, Jugend und Schönheit wiederzuerlangen, wobei sie nur bis Sonnenaufgang Zeit haben, ihre erneute und diesmal endgültige Vernichtung zu verhindern. Ihr ausersehenen Opfer, Dani, erweist sich jedoch als schwierig einzufangen, vor allem da sie stets von ihrem Bruder, Allison und schließlich auch Thackery Binx, der noch immer in Katzengestalt umherwandert, umgeben ist. Um in der Stadt ungestört auf Kinderjagd gehen zu können, legen die Hexen einen Zauber über die Halloween-Party der Erwachsenen, auf dass sie – wortwörtlich – bis zum Umfallen tanzen mögen. Und so ist es allein an Max, Dani, Allison und Samtpfote Binx, die bösartigen Pläne der Sandersons zu durchkreuzen...
"HOCUS POCUS" ist zwar ein Disney-Film, birgt als solcher aber einige dunkle Überraschungen für den Zuschauer. Immerhin wird gleich zu Beginn ein kleines Mädchen von fiesen Hexen ihrer Lebensenergie beraubt, ihr Bruder zu einem unsterblichen Leben in Tiergestalt verdammt. Auch im weiteren Verlauf des Films finden sich immer wieder Momente, die für eine Disney-Produktion ungewöhnlich düster scheinen. Diese werden selbstverständlich von den Hexen selbst heraufbeschworen, wenn sie die Kinder der Stadt buchstäblich erschnüffeln (Marys erschreckend wirkungsvolle Spezialität), sie mit betörendem Gesang in ihre Fänge locken (Sarahs finsteres Hobby), Blitze aus ihren Fingerspitzen feuern (Winifreds liebster Zeitvertreib) und unheilvolle Zauber sprechen, welche sogar einen längst zu Grabe getragenen Liebhaber wiedererwecken können. Dank dieser Fähigkeiten sind die Zauberschwestern das eine oder andere Mal tatsächlich regelrecht furchteinflößend. Aber bevor der Schrecken allzu groß werden kann, wird doch wieder in typischer Disney-Manier eingegriffen und dem Grusel reichlich absurd schräge Situationskomik als Ausgleich gegenübergestellt. Diese ergibt sich vorwiegend aus der Unwissenheit, mit welcher die Geschöpfe des ausgehenden 17. Jahrhunderts der Halloween-Gegenwart begegnen. Die erste Busfahrt ihres Lebens, das Ersetzen eines Besens durch einen Staubsauger als fliegender Untersatz oder die Audienz beim vermeintlichen Herrscher der Unterwelt, der jedoch in Wirklichkeit nur ein Bürger der Stadt im – offenbar gelungen realistischen – Teufels-Kostüm ist, sind nur einige der vielen urkomischen Einzelelemente, die sich schließlich zu einem großartigen Gesamtbild zusammenfügen.
Die vollkommen überspitzt gezeichneten Hexenschwestern wirken dabei wie Karikaturen der schrägen Kürbisgesichter und der unzähligen kostümierten Gestalten, welche alljährlich in der letzten Oktobernacht die Straßen bevölkern, und spiegeln so – vielleicht zufällig, vielleicht mit voller Absicht – die mitunter sehr bizarre Formen annehmende Ausschmückung des modernen Halloween wider, welche aus der Kommerzialisierung des Feiertags im späten 20. Jahrhundert resultierte. Aber vor allem bringt das wahrlich zauberhafte Trio
Bette Midler ("Der Club der Teufelinnen"),
Sarah Jessica Parker ("Sex and the City") und
Kathy Najimy ("Sister Act - Eine himmlische Karriere") durch eine herrlich schräge Performance und jede Menge Unsinn jene liebenswerte Verrücktheit in den Film, die so typisch für Disneyproduktionen ist. Weniger schräg, aber nichtsdestotrotz gelungen sind auch die Umsetzungen jener Figuren im mutigen, wenn auch mitunter sehr holprigen Kampf gegen die magischen Geschwister durch den jüngeren Teil des Ensembles. Das Zusammenspiel der sich nicht allzu ernst nehmenden Geschichte, der teils sehr extravaganten Figuren und der bunten Bilderwelt machen den Streifen zu einem wahren Abenteuer, welches ob seiner mitunter doch recht unheimlichen Momente vielleicht nicht unbedingt für die ganz kleinen Zuschauer geeignet ist, aber trotzdem den Stempel Familienfilm verdient. Und somit ist Kenny Ortegas
"HOCUS POCUS" im Endeffekt vor allem eines: ein Heidenspaß mit Gruseleffekt, besonders – jedoch bei weitem nicht ausschließlich! – zu Halloween.