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50 Dead Men Walking

50 Dead Men Walking

Ein Film von Kari Skogland

Der Krieg gegen den Terror mitten in Europa; doch nicht etwa Osama bin Laden plant einen Anschlag. „50 Dead Men Walking“ erzählt die Lebensgeschichte von Martin McGartland, einem ehemaligen Terroristen, V-Mann und letztlich IRA-Aussteiger. Im Belfast der ausgehenden 80er Jahre geraten Martin und sein bester Freund Sean immer wieder mit den britischen Truppen aneinander, die für Sicherheit im vom Terrorismus zerrütteten Nordirland sorgen sollen, von den Iren aber vor allem als Besatzungsarmee wahrgenommen werden. Schon bald wird „Fergus“ auf den jungen Iren aufmerksam. Fergus arbeitet für den britischen Geheimdienst und ist einer der Ansprechpartner für V-Leute. Nach anfänglichen Zögern arbeitet Martin nicht nur mit Fergus zusammen, sondern tritt auch als Freiwilliger in die IRA ein und arbeitet sich in der Hierarchie immer weiter nach oben. Doch nachdem sich missglückte Anschläge in seinem Umfeld häufen, wird die Führungsriege der IRA misstrauisch, und auch Fergus muss gegen Widerstände in seinen eigenen Reihen angehen; mittendrin steht Martin und seine junge Familie, der um sein Leben fürchten muss...

Erneut verfilmte Regisseurin Kari Skogland nach The Stone Angel eine Literaturvorlage, diesmal jedoch die wahre Geschichte und Biographie des echten Martin McGartland, einem IRA-Aussteiger. Doch im Gegensatz zu The Stone Ang
el
vermag „50 Dead Men Walking“ deutlich mehr zu überzeugen, da er eben keine so durchschnittliche und austauschbare Geschichte erzählt, auch wenn das Thema eines Spitzels zwischen den Fronten nun auch nicht das allerneueste darstellt. Und doch gelingt Regisseurin Skogland ein spannender Thriller über den Terror der IRA Ende der 80er Jahre, sowie eine Parabel auf den modernen Krieg gegen den Terror, der zwar manchmal etwas zu offensichtlich zitiert wird, aber mangels Kenntnis des Buches kann ich kaum beurteilen, inwiefern sich Regisseurin Skogland hier künstlerische Freiheiten herausgenommen hat.

Im Jahr 1999 beginnend, um dann in die ausgehenden 80er Jahre zurückzublenden (über diesen Sinn man wie bei jedem Film, der mit einem Vorgriff beginnt, nur um dann in einer Rückblende weiterzulaufen, man streiten kann) erzählt Skogland die Geschichte von Martin McGartland. Martin, ein irischer Kleinganove und Hehler, der bevorzugt Frauenwäsche und -schuhe an Haustüren in Belfast verkauft, hat eigentlich weder mit Politik noch mit den schwelenden Glaubenskonflikten zwischen Katholiken und Protestanten viel am Hut. Vielmehr möchte er in Ruhe leben, ein bisschen Geld mit seinen krummen Geschäften verdienen, und vielleicht auch noch die hübsche Lara näher kennen lernen. Doch mit der Ruhe sollte es bald vorbei sein: immer wieder geraten er und sein Freund Sean mit den Briten in Konflikt, und immer wieder kreuzen sich die Wege mit denen der IRA. Der Hintergrund der IRA wird von Skogland zu Beginn nur knapp erläutert, damit der unbedarfte Zuschauer zumindest ein gewisses Hintergrundwissen hat, und nicht etwa erst bei wikipedia sich einen Artikel durchlesen muss. Doch die IRA und ihre Funktionsweise, der politische Hintergrund sowie die Entstehung des bewaffneten Kampfes interessiert den Film nicht wirklich. So handelt der Film eher fast nur von Martin, und aus seiner Sicht wird dann auch das meiste erzählt. Knappe Texteinblendungen bei erstmals auftretenden Terroristen nennen kurz Namen und Beruf, doch in die Struktur erhält weder Martin noch der Zuschauer einen Einblick.

Dies könnte man einerseits als Kritikpunkt anführen, dass die IRA, ihre Motive und ihre Methoden kaum hinterfragt werden. Andererseits ist der konsequente Ansatz von Skogland zu loben, da sie dem Zuschauer diese Informationen bewusst vorenthält und die Geschichte eben aus Martins Sicht erzählt, einem unpolitischen Kleinganoven von der Straße, der in der Sache der IRA vor allem eine gute Verdienstmöglichkeit (auch durch Bestechung von den Briten) wittert, als sich tatsächlich zu politisieren und vor allem zu radikalisieren. Auch wirkt der Ein- und Aufstieg Martins in der IRA etwas gehetzt, während die Betonung in der zweiten Hälfte des Films vor allem auf Martins Familienleben mit seiner Freundin Lara und dem gemeinsamen Sohn liegt. Gerade in dieser zweiten Hälfte gestaltet sich der Ablauf dann auch manchmal etwas redundant, wobei hier keine Langeweile aufkommt.

Wenn man denn schon keine Einsicht in die IRA enthält, so könnte das auch daran liegen, dass im Subtext des Films die IRA eine austauschbare Organisation ist: die Örtlichkeiten, Menschen, Anschläge und Motive sind beliebig, der Film könnte genauso in Tschetschenien wie im Irak spielen, oder in den 70er Jahren in Deutschland oder im arabischen Raum. Denn die Geschichte ist grundlegend: unbedarfter Junge gerät an eine Terrororganisation, kämpft für nebulöse Ziele und mit seinem Gewissen. Dementsprechend universell sind dann auch viele Dialogzeilen, vor allem von „Fergus“ (Ben Kingsley kaum wiederzuerkennen mit vollem Haar!), die sich häufig mit der Frage nach Recht und Gerechtigkeit beschäftigen, sowie dem Thema, wie weit ein sogenannter Rechtsstaat gehen darf, um sich selbst zu verteidigen. Dabei schenken sich beide Seiten nicht viel an Brutalität, die IRA geht mit den britischen Feinden genauso schonungslos um wie mit Verrätern in den eigenen Reihen, und auch die Briten aus dem Geheimdienst MI5 scheinen kein Problem mit eiskalten Morden zu haben. Vor allem in einer gelungenen Parallelmontage, in der beide Seiten über die Verhörmethoden der anderen aufklären, verschwimmt die Grenze zwischen Gut und Böse. Zu viel wird es dann aber, wenn ein weiteres, hochrangiges IRA-Mitglied in einer Szene als Spitzel vom Zuschauer enttarnt wird, und das dem Geschehen rund um Fergus und Martin eine neue, doppelbödige Note gibt – von den Texttafeln am Ende zwar historisch verbürgt, aber trotzdem gerade durch die Kürze vielleicht eine Spur too much.

Insofern ist „50 Dead Men Walking“ (der Titel bezieht sich auf die Schätzung von Martin, wieviele Leben er gerettet hat) ein spannender, sehr schön fotografierter und eher behutsam inszenierter Thriller, mit spielfreudigem Cast, der zwar nicht unbedingt Einblicke in die Methodik des irischen Terrorismus gibt, aber dies auch nicht will; er interessiert sich vielmehr für seine Figuren, was vielleicht der weiblichen Regisseurin mehr als der literarischen Vorlage zu verdanken ist.

Diesen gelungenen Film beschert uns dann auch wieder Ascot Elite auf DVD. Ein sehr gelungenes Bild wird von einer eher zweckmäßigen deutschen Synchronisation begleitet (immerhin reden wir aber von einer direct-to-DVD-Veröffentlichung), was aber insofern kein Problem darstellt, da sich auch der O-Ton auf der DVD befindet. Und gegen den FSK-Klotz-Wahn wird dann auch noch das probate Mittel des Wendecovers benutzt.Vielen Dank für das Rezensionsexemplar an dieser Stelle!

Eine Rezension von David Kugler
(06. September 2009)
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Daten zum Film
50 Dead Men Walking Großbritannien, Kanada 2008
(Fifty Dead Men Walking)
Regie Kari Skogland Drehbuch Kari Skogland, Martin McGartland, Nicholas Davies
Produktion Brightlight Pictures, HandMade Films Kamera Jonathan Freeman
Darsteller Jim Sturgess, Ben Kingsley, Kevin Zegers, Natalie Press, Rose McGowan, Tom Collins
Länge 112:44 FSK 16
Filmmusik Ben Mink
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