"Fast and the Furious 6" – wer hätte nach dem proletenhaften Erstling dachte man sich vielleicht, dass noch ein oder zwei Teile folgen würden, die Sache dann aber auch wieder erledigt wäre. Pustekuchen: spätestens mit "
Fast & Furious" belebte Regisseur Justin Lin die Reihe wieder, und verabschiedete sich mit Teil 5 endgültig von der doch recht einschränkenden Tuning-und-Autorennen-Prämisse. Die Chose ist inzwischen wieder so erfolgreich und beliebt, dass neben dem vorliegenden sechsten Teil sogar schon Teil 7 produziert wird, der im Juli 2014 anlaufen soll. Das ist umso erstaunlicher, da es der ähnlich konzipierte, und ebenfalls offensichtlich als Franchise gedachte "xXx" gerade mal auf zwei Filme brachte – dabei hätte dieser als James Bond Kopie doch eigentlich mehr Raum für Abwechslung und Vielfalt. Aber was solls: Dwayne Johnson in einem Actionfilm macht "Fast and the Furious 6" für mich ohnehin zum Pflichtprogramm, auch wenn ich nur Teil 5 kenne und Teil 1 vor ewigen Zeiten mal gesehen habe.
Agent Hobbs (Dwayne Johnson) und Agentin Riley (Gina Carano) sind hinter einer Bande her, die in verschiedenen Ländern der Welt hochprofessionelle Überfälle mit Autos ausführt; sie schrecken auch vor Polizei und sogar Militär nicht zurück. Hobbs ist schnell klar, dass Dom Torreto (Vin Diesel) und seine Crew zwar nicht dahinter stecken können, aber auch die einzigen sind, die die kriminelle
Bande aufhalten kann. Hinter den Taten steckt Shaw, ehemaliger Elitesoldat, der ganz großes vorhat. Das Team muss alles in Bewegung setzen, um Shaw und seine Söldnertruppe zu stoppen! Doch Teil der Truppe ist niemand anderes als die totgeglaubte Letty! Diese hat ihr Gedächtnis verloren und kann sich folglich nicht an ihre Liebesbeziehung zu Dom erinnern. Für Toretto wird die Sache persönlich...
Wie schon der Vorgänger hat "Fast and the Furious 6" also nur noch wenig mit der ursprünglichen Idee der Filmreihe zu tun. Zwar gibt es immer wieder keinere Bezüge zur Tuning-Szene und auch ein (überraschend gut organisiertes, "illegales") Straßenrennen findet den Weg in den Film – das hat natürlich nur rudimentär mit der eigentlichen Handlung zu tun, ist aber ein ganz netter Kniff und Rückgriff, um die Beziehung von Dom und Letty zu entwickeln. Da könnte man zwar kritisieren, dass die Straßen in London vielleicht etwas zu leer sind – aber mit Realismus braucht man dem Film ohnehin nicht zu kommen. Trotzdem bleibt es gerade für mich lobenswert, dass der Film – wie bereits erwähnt – nur noch wenig mit dem Tuning-Gedöns der ersten Filme zu tun hat. Erneut ist das Ganze wieder ein Krimithriller mit Autos, der zwar nicht mehr ein Heist-Film wie Teil 5 ist, dafür diesesmal eher an eine McGuffin-Jagd erinnert. Man darf gespannt sein, was sich die Macher für Teil 7 überlegen, der übrigens nicht mehr von Justin Lin, sondern von James Wan gerdreht wird. Interessanterweise versuchen die Macher trotzdem, die Filme miteinander zu verbinden, und einige Charaktere beizubehalten. Das hat Vor- und Nachteile, die gleich erläutert werden sollen.
"Fast and the Furious 6" ist immer dann richtig gut, wenn er sich auf seine größte Stärke verlässt: hochwertig produzierte, handgemachte und äußerst aufwändige Actionszenen mit einem überdeutlichen Hang zur kindlichen Zerstörungswut. Da fliegen Autos durch die Luft, überschlagen sich unzählige Male, kollidieren untereinander oder mit anderen Hindernissen, werden von ganzen Panzern überrollt, zerbröseln spektakulär in Einzelteile und krachen durch Glasscheiben, dass es nur so eine Freude ist. Ebenfalls sehr gut sind einige der Kampfszenen der Charaktere untereinander. Herausragend ist hier die Schlägerei von Gina Carano und Michelle Rodriguez in der Londoner U-Bahn. Zugegebenermaßen würde Carano ihre Gegnerin zu Hackfleisch verarbeiten, aber der Fight unterhält – und natürlich ist sich der Film mit einem Augenzwinkern bewusst, dass kämpfende Frauen vor allem das männliche Publikum ansprechen. Überhaupt ist der Film überraschend humorvoll, ohne zur Komödie zu werden. Die Sprüche der Figuren sitzen und vor allem das Hin-und-her von Tyrese Gibson und Ludacris sorgt für einige Lacher. Auch kleinere Details lassen das Publikum schmunzeln, ohne sich in den Vordergrund zu drücken; so ist etwa die Nummer von Hobbs unter "Samoan Thor" ins Handy eingespeichert – klar, er wird ja auch von Dwayne Johnson gespielt.
Aber natürlich hat "Fast and the Furious 6" auch einige Schwächen. Vor allem die Action und – Überraschung – das Drehbuch sind die größten Probleme des Films. Ganz nach dem unsäglichen Motto "Bigger, Louder, Better" muss man sich in dem sechsten Teil einer Actionfilmreihe natürlich immer weiter toppen. Wo im Vorgänger noch der Tresorklau für Begeisterungsstürme sorgte, packt Justin Lin hier mehrmals den Computer aus um immer absurdere Actionszenarien zu entwerfen – natürlich ließen sich diese nicht ohne Computerunterstützung umsetzen, aber sie besitzen halt niemals die Wucht der realen Zerstörungsorgien. Da stöhnt selbst der ausverkaufte Kinosaal, wenn Vin Diesel über eine Brücke springt, um seine Ex-Freundin zu retten. Und dass das finale Set-Piece eine Verfolgungsjagd auf dem sicherlich längsten Rollfeld der Welt ist, sorgt nur noch für Kopfschütteln. Das ist zwar technisch alles anständig gelöst, aber eben einfach zu viel. Beim Drehbuch schmerzen dann auch einige Aussagen, gerade von Vin Diesel, die vor Pathos nur so triefen. Überhaupt ist der Franchise inzwischen eine Art Soap mit dicken Autos; aber man kann dem Geschehen gut folgen, ohne die anderen Teile zu kennen. Ebenfalls störend fallen dann Details auf, wenn etwa Bösewicht Shaw reihenweise Autofahrer mit seinem Panzer tötet, und das mehr oder minder achselzuckend hingenommen wird – etwas zu düster, für diese Art von Film. Abgesehen davon ist der Film mit 130 Minuten natürlich viel zu lang! Den Gefängnissubplot hätte man ersatzlos streichen können, um nur ein Beispiel zu nennen.
Somit ist "Fast and the Furious 6" eine hochwertig produzierte Stuntshow, die mit einem gut aufgelegten Cast sowie spektakulärer Action für unterhaltsame 2 Stunden auf der großen Leinwand sorgt. Ich bin auf Teil 7 gespannt, da es in einer Post-Credit-Sequenz der neue Bösewicht enthüllt wird, der im Kino für spontane Jubelschreie und Beifall sorgte. Aufgrund der erwähnten Schwächen und gerade im Vergleich zum sehr guten Vorgänger gibt es dann 4 Sterne. Kann man sich auf jeden Fall mal anschauen!