Der Italo-Western scheint sich wieder größerer Beliebtheit zu erfreuen: die Reaktionen auf Quentin Tarantinos „Django“-Film sind ziemlich gut, die Trailer sehen interessant aus (auch wenn ich bisher im Kino irgendwie immer der einzige, der bei Franco Nero schmunzeln musste), und immer wieder erscheinen weitere „vergessene Western“ von verschiedenen Labels neu auf DVD – von Repacks bereits veröffentlichter Filme mal ganz abgesehen. Und doch gibt es da draußen in der Wüste von Almeria noch weitere Streifen, die bisher in Deutschland nicht veröffentlicht wurden – weder auf Video, noch auf DVD. Da ist zwar bestimmt viel Käse dabei, aber auch so manche Perle fehlt noch. Eine solche Perle ist „Um sie war der Hauch des Todes“; und der hat immerhin mit Oscar-Preisträger Ernest Borgnine sogar waschechte Starpower!
John Warner kämpft im amerikanischen Bürgerkrieg auf Seiten der Südstaaten. Er erweist sich als patenter Späher und kann so eine Artilleriestellung der Yankees erkunden. Als er Bericht erstattet, wird nicht nur der Entschluss gefasst, im Morgengrauen anzugreifen, sondern John bekommt vom Bruder seiner Freundin die Nachricht übermittelt, dass diese seinen Sohn geboren hat aber im Sterben liegt. John bleibt nur eine Möglichkeit: um seine Freundin zu heiraten, desertiert er. Seine Flucht endet jedoch alsbald, er wird festgenommen und zum Tode verurteilt. John kann erneut flüchten, nachdem er seinen Vorgesetzten umgebracht hat – ni
cht zuletzt dank der Hilfe von Lucky, einem kriminellen Soldaten. Als John bei der Familie seiner Freundin ankommt, ist diese tot, ihr Vater beschimpft ihn, übergibt das Kind in seine Obhut, und wirft ihn aus der Stadt – die zu allem Überfluss von der Cholera geplagt wird. John zieht mit Lucky und seinem Sohn durch die Wüste...
...und mehr wird nicht verraten! Kleinere Spoiler folgen zwar noch, aber ich versuche allzuviele Details zu vermeiden. Wer bei Start des Films George Hilton erblickt und eine weitere Westernkomödie des Stars erwartet, der sei gleich an dieser Stelle beruhigt bzw. gewarnt: „Um sie war der Hauch des Todes“ entpuppt sich als bierernster, grimmiger und verflucht düsterer Western ohne jeglichen Humor, ohne dabei in plumpe Gewaltorgien abzudriften. Ja, richtig: „Um sie war der Hauch des Todes“ ist einer der freudlosesten Filme eines Genres, dass vor nihilistischen Filmen nur so strotzt. Dabei orientiert sich der Film von Julio Buchs stark an griechischen Tragödien. Sowohl John Warner als auch der Antagonist Don Pedro Sandoval (Borgnine) sind eigentlich gute Menschen, die durch ihre Umwelt und die Umstände ihres Lebens in die Gewalt getrieben werden. Denn eigentlich ist „Um sie war der Hauch des Todes“ ein klassischer Rache-Western, in dem sich unser Hauptdarsteller (Held will ich ihn nicht nennen) wegen seinem erlittenen Unrecht rächen will. Selbstverständlich nimmt er ganz Spaghetti-Western-like das Gesetz bzw. den Revolver in die eigene Hand und schießt (im besten Falle) die Menschen, die ihm Unrecht getan haben, eiskalt über den Haufen.
Und obwohl „Um sie war der Hauch des Todes“ sehr gewalttätig und extrem düster ist, ist die Gewalt vor allem in der Stimmung und der Geschichte zu spüren, während die Schießereien einerseits einzigartig andererseits recht zahm inszeniert wurden. Sicherlich: in wenigen Italo-Western fließt Blut, wenn jemand erschossen wird – das geben allein die begrenzten Budgets kaum her; Julio Buchs allerdings beschränkt sich oftmals auf Großaufnahmen der feuernden Waffen, und zeigt erst danach Berge von Leichen, ohne die eigentlichen Erschießungen zu präsentieren. Das mag seltsam und holprig klingen, fällt aber tatsächlich nicht negativ auf. Allerdings spart der Film auch nicht mit expliziteren Brutalitäten. Da ertränkt John einen Farmer in einem Trog Milch, was recht genüsslich ausgekostet wird; und das Finale (was hier nicht verraten wird) ist nicht nur blutig, sondern auch mit exzellentem Stuntwork versehen – das hat mich doch ziemlich beeindruckt, wie sie das gemacht haben. Ich vermute einfach mal: der Stuntman kann einem nach dem Dreh leid tun.
Das sind jetzt zwar ziemliche Lobeshymnen, aber der Film ist natürlich nicht fehlerfrei. Es gibt mitten im Film einen ziemlichen Bruch, als John seine Bande auf einmal von drei auf sechs Mitglieder verdoppelt hat; das ganze wird uns nach einem rumpeligen Schnitt per Expositionsdialog aus dem Off mitgeteilt. Umso verwunderlicher ist das, da sich der Film für das Anwerben der ersten zwei Mitglieder durchaus Zeit lässt. Allerdings: ich habe die deutsche Fassung im Nürnberger KommKino gesehen (danke dafür), die wohl gekürzt ist. Ich weiß allerdings nicht, ob die Originalfassung genau an dieser Stelle länger ist. Ebenso ist der Plot des Films ziemlich gehetzt und vermischt derart viele Motive anderer Western, dass man sich manchmal wünschte, Buchs hätte drei oder vier Filme daraus gemacht. Zuerst wird das Motiv des desertierten Soldaten recht flott über den Haufen geworfen (hätte ein eigener Film sein können, wenn auch ungewohnt für Italo-Western), dann die bereits erwähnte Rachegeschichte, die Geschichte um eine kriminelle Bande, das Familiendrama, der elegische Zug durch die Wüste, etc. pp.; da fehlt manchmal die Fokussierung auf ein Subgenre des Western. Manchmal hätte der Film auch problemlos gestrafft werden können: so ist die erste, misslungene Flucht von John eigentlich relativ sinnbefreit. Vielleicht ist diese ganze Problematik dem Fakt anzurechnen, dass der Streifen immerhin vier Drehbuchautoren aufweist.
Positiv sei aber noch anzumerken, dass der Film wunderschön fotografiert und der Score von Gianni Ferrio ganz herausragend ist. George Hilton überzeugt auch in dieser ernsten Rolle, und Ernest Borgnine ist natürlich eine Bank als Don Pedro. Die Laufzeit vergeht trotz der angegebenen Schwächen wie im Fluge, auch wenn ich hier wieder betonen muss: ich habe die (wahrscheinlich) gekürzte deutsche Kinofassung gesehen. Oh, und Leo Anchóriz als Laienbruder reißt so ziemlich jede Szene an sich, in der er ist; grandios!
Bleibt zu sagen: „Um sie war der Hauch des Todes“ ist eine vergessene Perle, die dringend in anständiger Qualität veröffentlicht werden muss. Wer auf extrem grimmige Western steht, findet hier ein tolles Werk mit guter Besetzung, das mehr als nur einen Blick wert ist!