Am Ende macht "2 Tage in Paris" doch noch den Sprung. Denn da erklärt Marion (Julie Delpy) aus dem Off, dass ihre größte Angst an einer Beziehung immer war, dass man bei einem Konflikt nicht weglaufen kann, sondern ihn austragen muss.
Zuvor sehen wir vor allem eine Komödie. Julie Delpy erzählt uns in ihrem Regiedebüt, das sie auch selbst geschrieben hat, die Geschichte von Jack (Adam Goldberg) und Marion, beide um die dreißig und seit 2 Jahren zusammen. Sie sind gerade auf einer Europareise und wollen in Paris, bei Marions Eltern, die letzten zwei Tage ihres Trips verbringen. Was für Jack alleine schon Stress genug wäre, denn Jack ist Amerikaner und gut mit sämtlichen Vorurteilen ausgestattet, die man so über Franzosen haben kann. Zusätzlich trägt er noch einige klassische amerikanische Klischees mit sich rum. Er ist paranoid und weigert zum Beispiel sich mit der U-Bahn zu fahren. Auf die Erklärung Marions hin, dass Frankreich total sicher sei, meint er nur: "Ja, das glaubt ihr nur". Natürlich spricht er kein Französisch und dass er und Marion an jeder Ecke einen ihrer Ex-Liebhaber treffen, macht Jacks Laune nicht besser. Und dass Marion das Ganze scheinbar nicht so ernst nimmt und immer eher witzig findet, hilft ihm genauso wenig weiter, wie ihre unvermittelten Wutanfälle im Taxi oder im Restaurant.
Sollte Sie, lieber Leser, diese etwas fahrige Inhaltangabe verwirren, grämen Sie sich nicht. Der Plot ist nicht so wichtig, oder besser gesagt, es gibt kaum einen äußeren Plot. Die Geschichte ergibt sich aus den Figuren. "2 Tage in Paris" beobachtet eine Beziehung, die nach 2 Jahren an dem Punkt steht, wo es ernst wird oder auseinander bricht. Jack und Marion haben beide genug, und zum Teil sehr konträre, Beziehungserfahrungen gemacht, um einerseits zu wissen was sie wollen und andererseits, um genug Angst, Sorge und Zweifel zu haben. Julie Delpy hat ein gutes Auge und Ohr für Menschen, die Vorgänge zwischen und innerhalb von Personen und die Kommunikationsschwierigkeiten, die sich zwangsläufig ergeben, wenn zwei Charaktere wie Jack und Marion aufeinander treffen. Obwohl Delpy über weite Strecken die lustigen Aspekte des alltäglichen Beziehungslebens herausstreicht, stehen dahinter immer die Eigenheiten ihrer beiden Figuren. Jacks Paranoia, Eifersucht und Unsicherheit, durch die fremde Sprache und Kultur nur noch gefördert, wurzelt in der Angst, verlassen und enttäuscht zu werden, während Marion eher Angst vor echter Verpflichtung hat. Womit wir wieder beim ersten Satz dieser Rezension wären.
Regisseurin Julie Delpy macht bei ihrem ersten Film eigentlich alles richtig. Sie verlässt sich auf die Figuren und vermeidet, bis auf einige sehr lustige Montagen, große visuelle Stunts. Dass sie bei Richard Linklater und den beiden "Before Sunrise/Sunset" Filmen gelernt hat, merkt man und dass der Film in einem Zugabteil beginnt, ist eine schöne kleine Verbeugung. Prinzipiell könnte "2 Tage in Paris" gut zwischen diesen beiden Filmen spielen, auch wenn er aufgedrehter, situationskomischer und leichter ist als die Linklater Filme. Die Pointen und das Timing sitzen und dass ohne mit der Wimper zu zucken, Klischees über Männer, Frauen, Franzosen und Amerikaner breitgetreten werden, macht ihn nur noch sympathischer.
Vor allem Adam Goldberg ist, wenn er zum Beispiel bei Marions Eltern am Tisch sitzt und ihnen minutenlang beim Streiten auf Französisch zusieht oder verkatert mit Marions Vater (Julie Delpys Vater Albert) tote Ferkel kaufen soll, in seiner Überfordertheit zum Schreinen komisch. Dass die französischen Passagen nicht untertitelt werden, ist ein zusätzlicher toller Kniff, weil es wohl den meisten Zuschauern in diesen Moment genauso geht wie Jack.
"2 Tage in Paris" ist eine romantische Komödie, im wahrsten Sinne des Wortes. Er ist schwer lustig, beschäftigt sich mit Beziehungen und ist romantisch. Ohne rote Sonnenuntergänge, Blumensträuße oder Liebeserklärungen auf der Feuertreppe und meilenweit weg von den Sandra Bullock/Hugh Grant Schnulzen, die dieses Schild normalerweise umgehängt bekommen. Vielmehr findet der Film die Romantik in alltäglichen Dingen, im langsamen und immer wiederkehrenden Zueinanderfinden und im Spaß, den man miteinander hat.