Mehr als drei Jahrzehnte mussten Filmfans darauf warten, dass das durch einen imposant klingenden Titel gegebene Versprechen eingelöst wird und endlich wirklich die mächtigen Titanen den Weg aus der antiken griechischen Mythologie auf die moderne Leinwand fanden. Denn in Desmond Davis’ "
Kampf der Titanen" waren diese Götter, die einst über die alte Welt herrschten, bis sie schließlich von Zeus, Hades und Co. – ihren eigenen Kindern! – bekämpft, entmachtet und verbannt wurden, weit und breit nicht zu entdecken. Und auch Louis Leterriers
Remake aus dem Jahr 2010 änderte an diesem Umstand nichts, wobei hier zumindest der Versuch einer Erklärung unternommen wurde, indem man kurzerhand die finale Konfrontation des Kraken mit dem todbringenden Haupt der Medusa mit den Worten „ein Titan gegen einen Titan“ versah – Ein halbherziger Ansatz, allerdings, da in der antiken Mythologie keines der beiden phantastischen Wesen diesen Titel tatsächlich tragen durfte. Nun aber ist es soweit, die Titanen… nun ja, zumindest ein Titan erhebt sich erneut und bringt die Helden unserer Geschichte in arge Bedrängnis. Kann er aber den Olymp zurückerobern oder zumindest den zeitweiligen Kinothron besteigen?
Zehn Jahre ist es her, dass Perseus (Sam Worthington) den gigantischen Kraken besiegt und damit die Prinzessin Andromeda (Rosa
mund Pike) vor dem Verderben gerettet beziehungsweise das Königreich Argos vor dem Untergang bewahrt hat. Doch statt sich im Ruhm seiner Heldentaten zu sonnen, widmet sich der halbgöttliche Sohn des mächtigen Zeus (Liam Neeson) lieber seinem kleinen Sohn Helius (John Bell) und dem einfachen Leben eines Fischers. Leider währt sein Frieden nicht lange, denn im Olymp werden die Götter einer Bedrohung gewahr, die auch das sterbliche Leben auf der Erde in höchste Gefahr stürzen könnte: Die vor langer Zeit verbannten Titanen drohen, ihre Ketten zu sprengen und ihrem Gefängnis in der gefürchteten Unterwelt, dem Tartarus, zu entkommen.
Aber damit noch nicht genug: Die Götter Hades (Ralph Fiennes) und Ares (Édgar Ramírez) haben sich gegen Zeus und den Olymp verschworen. Sie sind es, die den Titan Kronos bei seiner Flucht unterstützen wollen, um in einer Welt, in der sie von den Menschen vergessen wurden und so langsam ihre Macht einbüßen, ihre eigene Unsterblichkeit zu retten. Sie nehmen Zeus gefangen, und so ist es plötzlich Perseus, der als Einziger die Welt vor dem Untergang zu bewahren vermag. Gemeinsam mit dem Halbgott Agenor (Toby Kebell) und der mittlerweile als Königin auf dem Schlachtfeld regierenden Andromeda macht er sich auf die gefährliche Reise in die Unterwelt, um seinen Vater zu befreien. Doch wird das Vorhaben gelingen, bevor der fürchterliche Kronos seine Fesseln sprengen kann?
Sind wir ehrlich: Wer schon dem ersten Teil mit seiner Bildgewalt und seinem leichten (?) Trash-Einschlag nichts abgewinnen konnte, der wird am Sequel ebenfalls keinen Gefallen finden. Wer jedoch Spaß am Vorgänger hatte, wird sich auch dieses Mal gut unterhalten fühlen, denn
"ZORN DER TITANEN" macht da weiter, wo zwei Jahr zuvor eine kurze Pause eingelegt wurde. Trotz des Wechsels auf dem Regiestuhl, auf dem nun
Jonathan Liebesman ("World Invasion: Battle Los Angeles") Platz genommen hat, gibt es nämlich erst einmal nicht viel Neues zu berichten, was aber ganz und gar keine Kritik sein soll. Der Film besinnt sich auf die vorhandenen Stärken seines Vorgängers, die schlichtweg in seiner bombastischen Inszenierung, dem gelungenen Spagat zwischen ernsthaftem Fantasy-Drama und humorvollem Action-Abenteuer sowie der anhaltenden Faszination um mythische Monster und Fabelwesen bestand. Von Letzteren gibt es auch dieses Mal wieder mehr als genug, Chimären, Zyklopen und Co. werden gewohnt gekonnt in Szene gesetzt und mit dem gewaltigen Titan Kronos erreicht das Phantastische vollkommen neue Dimensionen. Keine Frage: Die Tricktechnik des Films ist
state of the art und verbreitet diesmal sogar in der 3D-Fassung überzeugenden Götterglanz.
Wobei dieser merklich geringer als noch vor zwei Jahren ausfällt. Liebesmans „göttliche Komödie“ weist ein nunmehr geerdeteres, den Kinderschuhen entwachsenes Aussehen auf, präsentiert sich in seinen vielen Action-Sequenzen jedoch genauso knackig-kurzweilig wie sein Vorgänger. Die zwar solide, im direkten Vergleich aber weitaus simplere Geschichte, die sich grob in zwei Sätzen erzählen ließe, ist wie erwartet nur schmückendes Beiwerk des pompösen Spektakels, fällt diesem aber auch nicht negativ in den breiten Rücken. Dazu sind die actionreichen Momente, die trotz dynamischer Kameraführung niemals den Überblick vermissen lassen, einfach zu zahlreich gesät und in ihrer ausgefuchsten Choreographie zu mitreißend inszeniert. Dies geht teils sogar so weit, dass sie den brachialen Score von Oscar-Nominee
Javier Navarette ("
Pans Labyrinth") übertönen, der nach ruhigen, melodischen Klängen nun einen auf Hans Zimmer macht und eine passende, wenngleich überraschend austauschbare Musikuntermalung vorlegt. Wenig variantenreich wird wirklich der allerletzte Staubkrümel aus den Surround-Boxen gepustet, aber ansonsten hallt leider gar nichts nach. Schade angesichts eines so großen Namens.
Zumindest halten die Namen
vor der Kamera, was sie versprechen. Niemand fällt negativ auf, Hauptdarsteller
Sam Worthington ("
Avatar") zeigt hinter seinem gewohnt minimalistischen Mimikspiel sogar erstaunlich viel Emotionen,
Rosamund Pike ("
Das perfekte Verbrechen") kann als kampferprobte Königin überzeugen, wobei ihre Rolle mit der ursprünglichen von Alexa Davalos verkörperten Andromeda nur noch wenig gemein hat,
Bill Nighy ("Radio Rock Revolution") gibt einen herrlich überzogenen Kurzauftritt als geistig verwirrter, gefallener Gott und
Édgar Ramírez ("
Carlos - Der Schakal") liefert einen wunderbaren neuen Bösewicht, dem man gern bei seinem schurkischem Treiben zusieht. Glück hatten die Darsteller der olympischen Götter, denn wo sich Zeus und seine Mannen im Vorgänger überwiegend noch bedeutungsschwangere Wortgefechte in einer kitschig überzeichneten Umgebung lieferten, dürfen nun zumindest einige von ihnen in der eindrucksvollen Kulisse des finsteren Tartarus sowie inmitten des Schlachtengetümmels agieren und zeigen hier eine ganz neue Seite ihrer vormals teils steril wirkenden Figuren. Doch obwohl die Geschichte aus der göttlichen Sphäre herausgehoben und nun sehr viel irdischer geworden ist, hat sie insgesamt einen deutlich epischeren Charakter angenommen, ganz wie es sich für die sagenumwobene Welt der griechischen Mythologie geziemt. Diese ist übrigens auch mit diesem Film noch nicht einmal in Ansätzen ausgeschöpft und hält weiterhin ein gigantisches Potenzial für mögliche zukünftige Heldenerzählungen bereit.
Fazit: Wer nicht mehr als einen spaßigen Actionkracher mit exzellenten Effekten erwartet und darüber hinaus bereits den Vorgänger mochte, kommt in diesem Jahr am äußerst kurzweiligen
"ZORN DER TITANEN" nicht vorbei. Die dreidimensionale Variante muss vielleicht nicht unbedingt sein, macht aber ganz sicher mehr Spaß und entschädigt so möglicherweise für das vielfach bemängelte 3D-Desaster des ersten Teils. Denn statt auf verwaschene Distanz gehalten zu werden, wird der Zuschauer in diesem Fall mitten hinein gezogen in ein optisch phantastisches Spektakel, das die Jahrtausende alte Sagenwelt des antiken Griechenlands auf eindrucksvolle Weise reanimiert.