Rein auf dem Papier klingt der vorliegende „Bulletproof Gangster“ (aka „Kill the Irishman“) doch sehr interessant und könnte ein guter Film sein: die wahre Geschichte eines irischen Gangster in den 70er Jahren in Amerika, ein moderner Robin Hood und Selbstinszenator, ein stargespickter Cast voller großer Namen wie Ray Stevenson, Christopher Walken, Val Kilmer, Vincent D'Onofrio, Paul Sorvino, Vinnie Jones, Robert Davi sowie Mike Starr und viele, viele andere! Auch die literarische Vorlage von Rick Porrello wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Was soll da denn noch schiefgehen? Soviel sei verraten: fast alles! Ein gelangweilter Cast, schwache Regie, ein katastrophales Drehbuch sowie szenenweise unverschämte Spezialeffekte können dem Zuschauer das Endergebnis gar komplett madig machen.
Danny Green wächst in Cleveland auf und schuftet als Hafenarbeiter, nachdem er in seiner Jugend immer wieder mit sizilianischen Gleichaltrigen aneinander geriet. Schnell und mit ein wenig krimineller Energie gelingt es ihm, den Vorsitz der örtlichen Gewerkschaft zu bekommen. Immer weiter verstrickt er sich mit den Machenschaften verschiedener Mafiafamilien und wird selbst zum Gangster. In seinem irischen Viertel hat er viele Unterstützer, doch die Mafia will ihn trotzdem tot sehen, nachdem es zu verschiedenen Verwicklungen kommt. Es folgen rekordverdächtig viele Bombenanschläge im Raum Cleveland, doch trotz zahlreicher Toter im Mafiakrieg, will einer nicht kre
pieren: Danny Greene ist einfach nicht totzukriegen...
Kann ein Film ermüdend sein? Sicherlich. Zahlreiche Beispiele – viele auch Geschmacksfrage – beweisen dies immer wieder.
Kann ein Film selbst müde sein? „Bulletproof Gangster“ zeigt, dass dies überraschenderweise wirklich der Fall sein kann.
Der Film fährt quasi mit angezogener Handbremse durch die Gegend, nie kommt er wirklich in Tritt; Episode reiht sich an Episode, Langeweile stellt sich ein, sein großartiger Cast voll bekannter Gesichter wird gnadenlos verheizt. Jonathan Hensleigh beweist erneut, dass er kein großer Regisseur ist, und in Verbindung mit seinem Drehbuch ist der Film erzählerisch die reinste Ruine. Umso mehr verwundert es mal wieder, wie es dieser Film auf 7,1 Punkte bei der imdb (Stand 30.5.) schaffen kann. Völlig einfallslos hakt der Film verschiedene Szenarien aus anderen Gangsterfilmen ab, ohne diese auch nur auf irgendeine Weise sinnvoll verbinden zu können. Ray Stevenson versucht zwar das beste aus seiner Rolle zu machen (theoretisch ist sowas ja klassisches Oscarfutter), und D'Onofrio zeigt sich sichtlich motiviert (möglicherweise weil er im Film ständig essen darf), aber die restlichen Darsteller sind größtenteils überaus gelangweilt und wollen scheinbar nur den schnell verdienten Lohn mitnehmen.
Dabei ist schon der Einstieg des Films äußerst unglücklich gewählt: wir sehen Danny schon als erfolgreichen Gangster, wie er gerade noch so einem Bombenattentat entgeht, indem er die Fehlfunktion seines Autoradios bemerkt und gerade noch aus dem Fahrzeug hechten kann. Prinzipiell kein schlechter Beginn, daran will ich auch gar nicht rummeckern. Allerdings ist bereits die erste Explosion im Film billigster CGI-Schund, dass sich wahrscheinlich sogar The Asylum damit nicht wirklich rühmen würde. Das betrifft übrigens ziemlich viele der Attentate in Hensleighs Streifen, und auch Stock Footage aus anderen Filmen wird verbraten. Und wenn Hensleigh dann nicht mehr viel zu seiner Geschichte einfällt, und er merkt, dass er ja ein Gangsterepos erzählen will, ergeht er sich in wenigen Szenen in selbstzweckhafter und ziemlich fieser Brutalität: so sticht D'Onofrio einem gefesselten Jugendlichen etliche Male mit einem Messer in den Oberkörper – tricktechnisch zwar äußerst durchsichtig, aber trotzdem ziemlich widerlich und derbe überflüssig. Völlig sinnbefreit ist dann auch das Voice-Over des Films. Ja, „Kill the Irishman“ hat einen Erzähler, und zwar Val Kilmer als Polizist. Seine Monologe und Erläuterungen könnte man aber ebenso ersatzlos streichen, wie sie auch manchmal für so lange Zeit nicht mehr zu hören sind, dass man schon wieder fast vergessen hat, dass es denn einen Erzähler gibt.
Mit diesem inszenatorischen „Kniff“ möchte Hensleigh wohl von seinem Drehbuch ablenken. Dieses ist wenig mehr als der englische Wikipedia-Artikel, eben eine Auflistung von Geschehnissen aus dem Leben Greenes; ja, man bekommt den Eindruck, dass da doch mehrere Stunden von Material auf dem Boden des Schneideraums gelandet sein müssen, nur so scheint dieses filmische Stückwerk erklärbar. Ironischerweise finden sich auf der DVD von Universal (vielen Dank für das Rezensionsexemplar!) sogar nicht verwendete Szenen: ganze vier Minuten!
Um mal exemplarisch einen Eindruck zu vermitteln: da schneidet der Film zu Danny Greene, der abends in seinem Haus sitzt, während seine Freundin ein neues Kleid anprobiert. Sie zeigt es ihm und fragt ihn, wie er es findet; ihm gefällts. Schnitt, Ende, nächste Szene. Dieses Kleid taucht nie mehr auf!
Oder: ein alter und ein junger Mafiosi sitzen in einem Auto und treffen sich mit einem Auftragskiller. Der junge Mafioso fragt den Killer, wie er Greene umbringen will, er könne doch nicht sagen „Hier bin ich“ und den Abzug drücken. Des Killers Antwort: „Doch, kann ich.“ und schießt dem jungen Mann in den Hinterkopf. Wer der Typ war? Man weiß es nicht, er war vorher genau einmal zu sehen!
Komplementiert wird das ganze von komplett blödsinnigen Subplots wie der Tatsache, dass sich Greene als alter keltischer Krieger sah und diesen Kult pflegte; zwar historisch korrekt, aber "einfach so da" und ebenfalls überhaupt nicht in den Filmkontext eingebaut.
Nicht nur werden Szenen völlig zusammenhangslos aneinander gereiht, auch werden keinerlei Charaktermotivationen erläutert, etliches verläuft im nichts, und der Film rieselt einfach so dahin, ohne jemals zwingend zu wirken. Die wikipedia-artige Faktensammlung geht soweit, dass in zwei Szenen eine persönliche Freundschaft zwischen dem Cop Val Kilmer und dem Gangster Ray Stevenson gezeigt wird – aber hätte wie so alles ersatzlos gestrichen werden können, da es völlig aus dem nichts kommt und ebendort wieder endet. Ganz ähnlich übrigens wie das Image des modernen Robin Hood, was genau einmal eingebracht wird. Einzig Val Kilmer ist das heimliche Highlight des Films. Nicht dass dieser hier etwa überzeugen könnte oder ein kleines Comeback feiert. Im Gegenteil! Kilmer ist grotesk aufgedunsen, so schlimm, dass man fast eine Fat-Suit vermuten könnte. Wie alle ist er komplett desinteressiert am Geschehen und bekommt zu allem Überfluss noch einige schlimme Dialogzeilen wie etwa „
Drohst du mir etwa? Wenn es auch nur den kleinsten Hinweis gibt...ob ich nun Bulle bin oder nicht, ich werde dein verdammtes Herz rausschneiden mit einem rostigen Buttermesser und während es noch schlägt verspeisen.“ Den Part mit „verspeisen“ nimmt man Kilmer sogar ab.
Es bleibt ein vergessenswürdiges Drehbuch, dass die Bezeichnung nicht verdient hat; verworrene Regie gepaart mit geistig abwesenden Darstellern; unverschämte Spezialeffekte; und als Bonus obendrauf ist auch die deutsche Synchronisation noch bestenfalls unmotiviert. Das war nichts.