Als in Michael Manns exzellentem Film „Heat“ im Jahre 1995 die beiden Ausnahmeschauspieler Robert De Niro und Al Pacino zum ersten Mal in der Filmgeschichte eine gemeinsame Szene hatten, war es für jeden auch nur ein klein wenig kinobegeisterten Menschen eine unglaubliche Genugtuung, dies sehen zu dürfen. Es entfaltete sich eine Magie von ungeheurer Intensität, die Mann auch gut zu inszenieren wusste.
13 Jahre später wurde der persönliche Wunsch der beiden Darsteller, endlich wieder gemeinsam einen Film zu drehen, Wirklichkeit und zwar im Thriller „Kurzer Prozess – Righteous Kill“ vom „Inside Man“-Autor Russell Gewirtz und mit „Grüne Tomaten““-Regisseur Jon Avnet auf dem Regiestuhl.
Nun liegt über diesem erneuten Zusammentreffen dieser beiden Schauspieltitanen natürlich ein dicker Schleier der Erwartungshaltung. Zum einen haben beide einzeln Kultfilme geschaffen und auch mal den ein oder anderen schwächeren Film veredelt. Zum anderen ist „Heat“ ein Meilenstein der Filmgeschichte, dessen Qualität auch ohne die Darsteller Substanz hatte und durch jene Darsteller dann eben in dem Olymp befördert wurde. Es ist also kaum in Worte zu fassen, wie hoch die Erwartungen an „Righteous Kill“ sind.
Die Story klingt altbekannt: die beiden Cops Fisk (Al Pacino) und Turk (Robert De Niro) sind langjährige Partner und auch die besten Freunde. Dabei sind sie in einigen Belangen doch recht unterschiedlich: Turk ist nämlich ei
ne aufbrausende Zeitbombe, die gern mal die Grenzen der Legalität überschreitet, um Gerechtigkeit walten zu lassen. Fisk ist derjenige, der ihn oft davor bewahrt, sich zu vergessen. Nun haben es die beiden mit einer Mordserie zu tun, allerdings tötet der Killer nur Verbrecher, Kriminelle und Mörder, die bisher ungestraft davon kamen. Bald wird klar: der Killer muss jemand in den eigenen Reihen sein, doch mit der Zeit kommen viele dafür in Frage…
Wie gut diese beiden Protagonisten miteinander klarkommen, wird den ganzen Film über deutlich. Sie scherzen, klopfen Sprüche, gehen zusammen was trinken – und verfälschen sogar Tatorte, damit das Urteil nicht aus Beweismangel zu milde ausfällt. Gleich im Vorspann kann man die stimmende Chemie betrachten: beide absolvieren ein Schießtraining und man merkt sofort, dass diese beiden Kerle freundschaftlich miteinander zu tun haben.
Dann schlägt man dem Zuschauer gleich einen Hammer vor den Kopf: ein Videoband läuft, auf dem Cop Turk gesteht, in seiner polizeilichen Laufbahn 14 Menschen getötet zu haben. Im folgenden Lauf des Films hört man dies nun oft im Voice-over und erfährt, wie einzelne Menschen hingerichtet wurden, es handelt sich genau um die Opfer besagter Mordserie. Doch natürlich ahnt man als aufmerksamer Zuschauer, dass irgendwas daran faul sein muss. Kleinere Zeichen deuten darauf hin. Das ist dann auch Ausgangspunkt der Spannung in „Kurzer Prozess“: die Frage nach dem „Wer-war-es?“ ist hier stets präsent und somit kann der Zuschauer die einzelnen (manchmal vielleicht etwas sehr großen) Brocken, die ihm hingeworfen werden, versuchen, zusammen zu setzen, was den Spannungsbogen aufrecht erhält. Sonst gibt es nämlich nicht viel, was passiert: kaum Schießereien etc., zum Großteil kann man sich hier auf Dialoge einlassen, die oft sehr pointiert sind. Die Darsteller lassen viele lockere Sprüche ab, die mal zum Schmunzeln, mal auch zum Lachen sind. Natürlich erreicht das Niveau der Dialoge nie die Qualität jener in „Heat“, das war abzusehen, aber einige nette Zeilen lassen sich doch schon verzeichnen.
Die Leistungen von De Niro und Pacino sind gewohnt souverän. Zwar stellen die Rollen der beiden Cops keine sonderlich hohen Anforderungen. Turk ist zwar ein netter Part, aber nicht ansatzweise so anspruchsvoll wie z.B. De Niros Rollen in „Zeit des Erwachens“ oder „Die durch die Hölle gehen“. Genauso Cop Fisk: Pacino spielt ihn mit der ihm gegebenen Genialität und Sympathie, aber an Charaktere wie Vincent Hanna aus „Heat“ oder John Milton in „Im Auftrag des Teufels“ reicht diese dann doch nicht heran. Somit geben beide eine wie immer gute, aus den Rollen das Beste herausholende Vorstellung ab, bei der es einfach schon allein Spaß macht, zuzusehen. Selbst, wenn der Film also völlig spannungsarm wäre, was er nicht ist, könnte man sich an dem Spiel beider Darsteller nicht satt sehen.
Auch die Nebendarsteller machen ihre Sache ziemlich gut. Brian Dennehy fällt zwar als Polizeichef nur wenig auf, dafür aber Carla Gugino umso mehr. Curtis „50 Cent“ Jackson in einer Nebenrolle zu listen, hat vielen von Anfang an Angst und Bange gemacht, im Endeffekt hat er aber erfreulich wenig Screentime und passt glücklicherweise in seine Rolle, auch wenn er natürlich kein sonderlich guter Darsteller ist.
Nun ist Jon Avnet allerdings ein Verpflichtungs-/Auftragsregisseur. Leider merkt man dies „Kurzer Prozess“ in vielen Belangen an. Es werden stereotype filmische Mittel benutzt, Rückblenden z.B. gibt es wie Sand am Meer, die Kamera in der Ich-Perspektive ist zu finden und hin und wieder wird auch durch hektische Kameraführung versucht, Tempo in das Geschehen zu bringen. Letztgenanntes fällt vor allem zu Beginn auf, danach legt es sich glücklicherweise. Der Film ist routiniert gemacht, einige Split-Screen-Effekte sind sehr unterhaltsam und verfehlen nicht ihre Wirkung, allerdings ist seitens der Regie nicht sonderlich viel Herzblut zu spüren.
Über die Spannungskurve kann man sich allerdings nicht beklagen. Sie wird beständig aufrecht erhalten und wenn sie mal abflacht, passiert etwas, was sie wieder hochschießen lässt. Es ist kein Hochgeschwindigkeitsthriller, in dem Schock auf Schock folgt, es ist eher ein leiser Spannungsmacher, der zwar kaum Höhepunkte hat, dafür aber beständig spannend bleibt.
Wie die Story im Endeffekt ausgeht, mag für den ein oder anderen vorhersehbar wirken, allerdings lässt sich sagen, dass die Fährten gut gelegt wurden. Wie bereits erwähnt ist die eine oder andere davon vielleicht etwas sehr eindeutig, generell aber bleibt das Rätsel, wer denn nun diese Morde begeht, stetig spannend und bis zum Ende relativ im Dunkeln. Nach der Auflösung kann man sich dann noch auf ein gelungenes Ende freuen, das sogar gewisse Anspielungen und Erinnerungen wachruft, die jetzt hier allerdings nicht verraten werden sollten.
„Kurzer Prozess – Righteous Kill“ ist insgesamt gesehen natürlich kein zweiter „Heat“. Und es ist auch nicht der Film, der den beiden Schauspielgrößen gerecht wird. Aber es ist ein solider Thriller, vollgepackt mit Starpower. Man kann also seine Erwartungen runterschrauben und sich einfach einen nicht sonderlich außergewöhnlichen, aber außergewöhnlichen besetzen Thriller zu Gemüte führen, der spannend, unterhaltsam und in jedem Fall auch ziemlich cool ist.