Wem ging es nicht schonmal so, dass man Heißhunger auf drei Delikatessen – sagen wir als Beispiele: Chilli con carne, Pizza Funghi und Schwarzwälder Kirschtorte – gleichzeitig verspürt hat?
Was macht man in solch einem Fall?
Wahrscheinlich zunächst abwägen, nach welcher der Speisen der Feinschmecker-Gaumen am meisten begehrt und die übrigen Leckereien nach Einsetzen des Sättigungsgefühls lieber erstmal vertagen.
Der Regisseur John Simpson („Freeze Frame“) und sein Autor Jake Wade Wall kennen dieses Sättigungsgefühl offenbar nicht und klatschen in ihrem schrägen Horrorstreifen „Amusement“ munter alle in den Sinn kommenden Genrezitate in einen Topf, was dann – wenn wir auf unsere Gaumenfreuden-Beispiele vom Anfang zurückkommen – ungefähr in ein ähnliches Fiasko ausartet, als wenn man das Gehackte und die Chillischoten unter den Kuchenteig gemixt und das Ergebnis mit Käse überbacken hätte.
Leider ist es so, dass die Elemente des Werkes für sich allein betrachtet eigentlich sehr souverän in Szene gesetzt worden sind, es aber dann nicht schaffen, sich am Ende zu einem stimmigen Ganzen zusammenzufügen.
Man merkt Simpson zwar ein ordentliches Gespür für Dynamik und Atmosphäre an, muss aber leider auch anfügen, dass dessen Talent in dem irgendwie bodenlos überambitionierten Handlungsaufbau völlig verpufft.
Gerade wenn die Spannung und der Nervenkitzel auf Hochtouren laufen, wechselt der Film ganz abrupt und episodenhaft seine Richtung und beginnt ähnlich vielversprechend mit einem neuen Thema, welches dann aber auf ebenso ärgerliche Weise unterbrochen wird.
Drehbuchschreiber Wall, der sich zuvor für die Vorlagen zu den überflüssigen Remakes „Unbekannter Anrufer“ (2006) und „
The Hitcher“ (2007) verantwortlich gezeichnet hat, hat mit seiner sehr eigenwilligen Verschmelzung altbekannter Gruselstoffe – wie zum Beispiel erneut Robert Harmons „Hitcher - Der Highway Killer“ (1986), Slasher-Klassikern wie „
Halloween - Die Nacht des Grauens“ (1978) oder diversen Spukhaus-Storys – vermutlich tatsächlich einen sehr vielversprechenden, innovativen Ansatz vor Augen gehabt, aber diesen letztlich doch nicht so zufriedenstellend und homogen wie geplant zu Papier bringen können.
Das Ergebnis fühlt sich wie eine gut gemeinte Ideen-Masse an, die dann schließlich nicht wirklich in die zu eng bemessene Form passen will, in die sie gegossen worden ist.
Diese Form, das nimmt im Prinzip schon der Vorspann vorweg, ist dem Publikum nicht zuletzt seit Jamie Blanks missglücktem Neo-Slasher „Schrei, wenn Du kannst“ (2001) bekannt und lässt den zwar zerfahrenen aber dennoch irgendwie gruseligen Streifen gegen Ende zu einer (gewollten?) Lachnummer mutieren, die zusätzlich Erinnerungen an wenig brauchbare Vertreter wie Manny Cotos „Dr. Giggles“ (1992) hervorruft.
„Amusement“, der seinem Titel in besagtem Finale eindeutig zu penetrant Rechnung trägt, hätte ein schicker Episoden-Grusler im Stil von
Geschichten aus der Gruft werden können, aber verbaut sich mit seinem arg zusammengeschusterten Rahmen-Konzept um drei ehemalige Schulfreundinnen, die nacheinander schrecklichen Ereignissen zum Opfer fallen, deren Ursache irgendwo in ihrer gemeinsamen Kindheit verwurzelt zu sein scheint, die Möglichkeit, seine Spannungselemente wirklich auszuspielen und zumindest einen Schuss sicher im Tor zu platzieren - die Bälle prallen stets knapp am Pfosten (oder in diesem Fall besser: am Rahmen) ab.
Dabei gibt sich John Simpson alle Mühe, seine Zuschauer bei der Stange zu halten:
Finstere Truckfahrer, lebensgroße Clown-Puppen mit einem offensichtlichen Eigenleben, recht ungemütliche Schauplätze, mysteriöse Geräusche vom oberen Stockwerk sowie Regen, Blitz und Donner – das sind alles Zutaten, die den Genre-Fan bei vernünftiger Umsetzung durchaus in Entzückung versetzen.
Und tatsächlich würde man dem Regisseur großes Unrecht tun, wenn man behaupten würde, dass diese Elemente bei ihrem Einsatz ihre gewünschte Wirkung verfehlt hätten.
Wenn der Rezensent zur Bewertung nun keinen Spielfilm mit dem Titel „Amusement“ vor sich liegen, sondern das Resultat einen knapp 90-minütigen Horror-Videoclip dargestellt hätte, wäre dessen Betrachtung bezüglich des wirren Aufbaus vermutlich auch deutlich unkritischer ausgefallen.
Da man es hier aber leider durchaus mit einer äußerst brüchigen Story zu tun hat, deren lose Enden später in Form einer geradezu peinlichen Psycho-Zirkusnummer verknüpft werden, helfen auch die guten Ansätze und das ganze Arsenal an Zitaten aus mehr als vierzig Jahren Genre-Geschichte nicht aus, um dem Kuddelmuddel doch noch zu einem zufriedenstellenden Ergebnis zu verhelfen.
Sehr, sehr schade um all das verschenkte Potential!