Die zwei amerikanischen Tramper David (David Naughton) und Jack (Griffin Dunne) werden im nebeligen Wales von einem Werwolf angegriffen. Während Jack dabei ums Leben kommt wird David nur durch eine Bisswunde verletzt. Nach einem mehrwöchigen Krankenhausaufenthalt, bei welchem er sich (welch Überraschung!) in die junge und hübsche Krankenschwester Alex (Jenny Agutter) verliebt, wird er aus dem Hospital entlassen. Obwohl ihm Jack als Geist erscheint und ihn vorwarnt, dass er bei Vollmond zum Werwolf werde, will David dies zunächst nicht wahrhaben. Als er schließlich tatsächlich zum Monster wird, und sich die Todesfälle häufen, scheint es nur noch einen Ausweg zu geben…
Ganz in der Tradition von „Wolfsmensch“ spielt auch „American Werewolf“ in Großbritannien, ja sogar in Wales in welchem bereits 1941 Talbot als ‚Wolfsmensch’ die Gegend unsicher machte. Der Film ist eine Mischung aus Horrorsplatter, Slapstick, schwarzem britischem Humor und einer Prise Tragik.
Landis’ Regiearbeit erinnert zeitweise an die Hammer Produktionen der 60er und 70er Jahre. Diesen Eindruck gewinnt man vor allem zu Beginn, der eine kalte, unwirtliche, verregnete, graue und nebelige Landschaft zeigt. Die Dorfbewohner im „Slaughtered Lamb“ haben sich alle wider die Rucksacktouristen verschworen und stehen ihnen sehr feindlich gesinnt gegenüber. Die Atmosphäre ist äußerst spannend und das Untier wird nicht gezeigt sondern lediglich durch sein unheimliches Heulen angedeutet.
Doch nachdem David gebissen wurde distanziert sich der Film vom klassischen britischen Horrorfilm und geht in eine völlig andere Richtung, indem er den Werwolf in der pulsierenden Metropole sein Unwesen treiben lässt.
Die Morde sind zum Teil angedeutet, zum Teil werden sie aber auch exzessive gezeigt, sodass man viel Blut, herausgerissene Kehlen, abgetrennte Köpfe und Gliedmaßen sowie zerquetschte Unfallopfer (vgl. das Splatter-Finale mit der Massenkarambolage am Piccadilly Circus) zu sehen bekommt, die in Relation zu anderen Filmen dieser Zeit sehr überzeugen. Zudem wird in Davids Alpträumen seine ganze Familie samt Kindern mit MGs (man war damals wohl noch nicht so krampfhaft darum bemüht politisch korrekten Mainstreamhorror zu produzieren) niedergemetzelt.
Auch die Transformationsszene ist heute noch immer ein Augenschmaus, und das Monster sieht besser aus als jede Computeranimation (egal ob in dem dummen „American Werewolf in Paris“ oder in „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“), die Masken sind äußerst gelungen.
„American Werwolf“ ist aber auch eine Komödie mit sehr hohem Unterhaltungsfaktor. Es gibt sowohl Slapstick und Situationskomik, als auch ein Lustigmachen über die Vorurteile, Klischees und Stereotypen, welche Briten und Amerikaner voneinander haben. So stellt bereits der Englische Filmtitel „An American Werewolf in London“ die amerikanische Kultur der englischen entgegen.
Die Briten werden unaufgeschlossen, steif und überspannt dargestellt, die zwei Amis leger, eher dümmlich und cool. Die sarkastischen Dialoge und Ratschläge, wie David sich am besten umbringen sollte, und das in der Originalfassung sehr überakzentuierte British English verleihen dem Streifen zusätzlichen Charme.
Es gibt einige provokante Angriffe auf die englische Kultur, die unter die Gürtellinie gehen. Wenn z.B. David, der soeben realisiert hat, dass er als Werwolf sechs Menschen gerissen hat, von einem perplexen Polizisten um jeden Preis verhaftet werden will und schreit „Queen Elizabeth is a man! Prince Charles is a fag!“ (und letzteres lange vor dementsprechenden Gerüchten), tut das so manchem Einwohner des Königreiches sicherlich weh. Andererseits kommen aber auch die Amerikaner nicht gut davon, etwa wenn David dem Jungen im Tierpark die Luftballons klaut, und dieser seiner Mutter erzählt, ein nackter Amerikaner habe ihm seine Ballons gestohlen.
Zunächst nervt die plakative Einführung der Charaktere. Vor allem die Reduzierung der Krankenschwester auf ihre äußeren Reize wirkt zu eindimensional. Im Laufe des Films entwickeln die Personen jedoch sogar ein bisschen mehr Tiefe als man das vom Genre gewohnt ist.
Gegen Ende wird der Film ernster und stellt ganz die Tragik Davids und sein Dilemma in den Mittelpunkt. Hier werden dann auch die Schauspieler erst so richtig gefordert und erweisen sich plötzlich viel talentierter, als man zu Beginn gedacht hätte. Der Schluss ist ja nun wirklich nicht jener einer amerikanischen Komödie, sondern kommt unerwartet und schnell. Hier endet dann auch die zunächst vorhersehbare und am Anfang lästige Liebesgeschichte.
Als Genre Kenner wird man die vielen Anspielungen und Zitate auf „Der Wolfsmensch“ sowie die Übernahme seiner Symbolik und des Archetyps des Werwolfs zu schätzen wissen. Das Ende ist dem des Schwarzweiß Klassikers ähnlich, und es scheint für einen Werwolf keinen anderen Ausweg zu geben als den Tod.
„American Werwolf“ ist eine gelungene und originelle Mischung aus britischem und amerikanischem Kino und verschiedenen Genres. Der Film ist zwar ein zeitloser Kultstreifen mit einem genialen Soundtrack (hauptsächlich Oldies der 60er, die den Mond besingen), ich halte ihn allerdings für etwas überschätzt. Bis aufs seine hohe Gewalt und einige Shockeffekte ist der Film zu unterhaltsam und zu sehr Komödie, weswegen die manchmal sehr gelungene Atmosphäre und spannende Szenen viel zu schnell aufgelockert werden.