Nach seinem Film „Assault – Anschlag bei Nacht” hatte der 29 jährige John Carpenter die Idee einen Film über Babysitter zu drehen, die von einem Psychopathen beobachtet und verfolgt werden. Dem Regisseur gelang es den Produzenten Moustapha Akkad für sein Vorhaben für sich zu gewinnen, der ein geringes Budget von 300 000 Dollar zusammenkratze und so den Film ermöglichte. Auf diese Weise machte sich Carpenter gemeinsam mit seiner damaligen Freundin Debra Hill an die Arbeit, schrieb das Drehbuch, führte Regie und komponierte den Soundtrack selbst. Die Handlung sollte deswegen zu Halloween spielen, weil am Tag vor Allerheiligen in vergangenen Zeiten das keltische Samhain Fest gefeiert wurde, an dem die Geister der Verstorbenen umgehen sollen. Damit wollte der Regisseur zu den unheimlichen Wurzeln des heute karnevalartigen Volksfestes zurückkehren.
Die Handlung des Meisterwerks ist einfach gestrickt: am 31. Oktober 1963 ermordet der fünfjährige Michael Myers seine ältere Schwester und wird hierauf in einem Sanatorium eingesperrt. Am 30. Oktober 1978 gelingt ihm die Flucht, und alle Anzeichen sprechen dafür, dass er zu Halloween seine Heimatstadt Haddonfield heimsuchen wird. Da ihn die Polizei nicht ernst nimmt, ist Dr. Sam Loomis (Donald Pleasence), Myers ehemaliger Arzt, der einzige, der sich dem Psychopathen in den Weg stellt.
In Haddonfield bereiten unterdessen drei Teenager Mädchen, darunter Laurie Strode (Jamie Lee Curtis), ihre Hal
loween Party vor, nicht ahnend, dass sie bereits von jemandem beobachtet und verfolgt werden. In der Nacht vor Allerheiligen schlägt Michael Myers schließlich zu.
Mit „Halloween“ ist dem Regisseur ein äußerst innovativer Film gelungen. Erschienen in den 70ern immer blutigere Horrorfilme („Dawn of the Dead“, „Cannibal Holocaust“, „Suspiria etc.), und die Handlung verlor sich immer mehr in der dargestellten Gewalt, so kehrte Carpenter mit „Halloween“ zum klassischen Horrorthriller zurück, der lieber auf Spannung und Atmosphäre als auf Gewalt setzt. Insofern ist der Film auch kein Slasher- sondern ein Stalkerfilm.
Die Bedrohung hat hier (zunächst) nichts Übernatürliches an sich, denn Michael Myers ist weder Zombie noch Geist, sondern ein irrer und mordender Voyeur. Erst zum Schluss, wenn der von Kugeln durchsiebte Körper Michaels’ spurlos verschwindet, kommt ein übernatürliches Element hinzu. Das Ende stellt Myers, der im Abspann des Films auch als „The Shape“ bezeichnet wird, als einen übermenschlichen, besessenen und allgegenwärtigen Killer dar, der nicht zu töten ist und immer wieder aufersteht. Im Laufe der Jahre wurden diese Eigenschaften des wohl bekanntesten Filmmörders in den vielen „Halloween“ Sequels und anderen Teenie-Horrorthrillern (z.B. „Freitag der 13.“) unzählige Male kopiert, und zählen heute zu den abgedroschenen Stereotypen des Genre.
Das Innovative an der Darstellung Myers’ ist, dass seine Motive nie erklärt werden. Seine Person verbirgt sich hinter einer ausdruckslosen Halloween-Maske und wird nicht näher beleuchtet. Carpenter lässt dies bewusst offen, und der Zuschauer darf seiner Phantasie, wer oder was Michael denn nun eigentlich ist, freien Lauf lassen.
Auch andere Spezifika, wie der Charakter Laurie Strodes, die als Jungfrau zum Final Girl wird, und als einzige dem Killer entkommen kann (zumindest im Original) sind in zahlreichen anderen Filmen wieder zu finden und gehören heute zu jenen Klischees, die „Scream“ persifliert (die Jungfrau überlebt, die sexuell Ausschweifenden müssen sterben). Manche Kritiker behaupten deswegen Carpenter sei reaktionär. Ich selbst glaube, dass dies eine Überinterpretation sei. Wahrscheinlich wollte Carpenter Laurie Strode einfach anders und schüchterner als die übrigen Jugendlichen darstellen, ohne dabei (bewusste) puritanische Hintergedanken von Sexualität und Bestrafung zu haben
„Halloween“ löste jedenfalls eine Welle von Teenie-Horrorthrillern aus, die immer reaktionärer, brutaler und eindimensionaler wurden. Mit „Halloween“ können sie allerdings alle nicht mithalten.
Carpenters Film selbst erinnert zum Teil an den italienischen Giallo, besonders an die Thriller von Mario Bava und Dario Argento. Ich wage daher die These aufzustellen, dass der Regisseur sich mehr oder weniger bewusst von Bava und Argento beeinflussen ließ. Vor allem die lange Kamerafahrt in der Ego-Perspektive, welche Carpenter in der Anfangssequenz sehr wirkungsvoll einsetzt, erinnert sehr stark an Argentos „Die neunschwänzige Katze“ und zum Teil an „Rosso – Die Farbe des Todes“, in denen der Zuseher die Morde immer wieder durch die Augen des Killers sieht.
Auch die Figur Myers weist gewisse Ähnlichkeiten zu Bavas und Argentos Mörderfiguren auf, die meist maskiert (oder zumindest bis zur Auflösung unerkenntlich) bleiben, übermenschliche Kräfte besitzen und ihren Opfern immer und überall auflauern, also allgegenwärtig und blitzschnell sind. Michael hat jedoch, anders als die Mörder im Giallo, keinerlei Motiv und es gibt nie eine Auflösung.
Zu den übrigen Stilmitteln von „Halloween“ ist schon viel geschrieben worden. Mir gefallen besonders die langen ruhigen Szenen, der langsame Spannungsaufbau, geniale Bildkompositionen und der Angst machende Soundtrack.
Mittlerweile gibt es bereits mehrere DVD Editionen des Klassikers. Ich empfehle eine Auflage, die mit restauriertem Bild und Ton (wahlweise Mono/Stereo oder Dolby Digital 5.1, wobei hier Carpenter zwecks der akustischen Räumlichkeit den gesamten Soundtrack noch einmal neu eingespielt hat) aufwatet.