DER SOUND DER GROßSTADT.
„CAN A SONG SAVE YOUR LIFE?" – Diese in der deutschen Filmfassung titelgebende Frage, die uns Autorenfilmer
John Carney („
Once“ [2006]) mit seinem zweiten Langfilm stellt, ist nicht ganz so einfach zu beantworten. Doch netterweise präsentiert er uns die Antwort direkt im Anschluss in den nachfolgenden 104 Minuten, welche aufzeigen, dass der Originaltitel
Begin Again vielleicht weniger sperrig als der „deutsche“ Verleihtitel erscheint, welcher die gefühlvoll präsentierte Geschichte aber – und das ist selten – trotz Fragestellung gekonnt auf den Punkt zu bringen vermag. Carneys Musik-Komödie mit Dramaeinschüben gibt Antworten, ohne sie bewusst auszusprechen; sie erzählt durch Musik, was sonst nur Worte zu vermitteln in der Lage sind; und sie trifft den Zuschauer genau da, wo sie einst entstand: im Herzen. Mit Herz, Gefühl und ganz viel guter Laune.
Die Geschichte ist zunächst einmal schnell angerissen: Der heruntergekommene Musikproduzent Dan (Mark Ruffalo) trifft in New York auf die talentierte junge Musikerin Greta (Keira Knightley) und wittert die Chance, durch sie wieder auf die Beine zu kommen. Doch wie produziert man ein Album, wenn man so gut wie mittellos ist? Dan wagt kurzerhand ein originelles, aber auch äußerst gewagtes Experiment und ahnt freilich noch nicht, dass er damit das Leben aller
Beteiligten von Grund auf verändern wird.
Sagen wir es frei raus:
„CAN A SONG SAVE YOUR LIFE?" ist ein erkennbar einfach gestrickter, noch dazu vorhersehbarer Kinospaß, der das Rad bestimmt nicht neu erfindet. Dies muss aber ja auch nicht immer der Fall sein. Denn abseits der simplen Ausrichtung gelingt es dem Film wirklich vortrefflich, sowohl die Liebe
zur Musik als auch die Liebe
durch Musik und damit einhergehend ein ganzes Lebensgefühl
mit Musik auf die Leinwand zu transportieren. Carneys romantisch angehauchte Musik-Dramödie beschreibt mit diesem Musik-Dreisatz nicht mehr oder weniger als den Soundtrack des Lebens, gefühlvoll orchestriert durch des Meisterregisseurs Hand und dargeboten durch talentierte Individuen, die zum Teil wirklich überraschen. Die erste Geige in diesem musikalisch-bunten Reigen übernimmt hierbei ein zunächst noch stark heruntergekommener
Mark Ruffalo („
Ein einziger Augenblick“ [2007]), der seine besten Zeiten als Musikproduzent schon lange hinter sich gelassen hat. Als jedoch plötzlich eine mit einer engelsgleichen, glasklaren Stimme gesegnete
Keira Knightley („
Stolz und Vorurteil“ [2005]) mehr oder minder freiwillig die Bühne des Lebens betritt und ihre Gefühle in musikalische Form presst, kreiert das Kopfkino des Produzenten Dan mit einem Mal Großes aus Einfachem, lässt ein ganzes Orchester dort entstehen, wo in Wahrheit doch nur die hinreißende Knightley mit ihrer Gitarre sitzt. Mit ausreichend Vorstellungskraft ist scheinbar, zumindest in der heilen Welt von
„CAN A SONG SAVE YOUR LIFE?", alles möglich.
Dass sich diese filmische Sichtweise wahrscheinlich nur begrenzt auf das reale Dasein im heutigen Musikbusiness übertragen lässt, ist angesichts des Wissens um eine schwer umkämpfte Branche, in der du heute noch Alles und morgen schon Nichts sein kannst, stark zu vermuten. Nichtsdestotrotz sollte man dem Film diese zugegeben etwas laxe
Wenn du willst, schaffst du alles-Betrachtungsweise nicht allzu krumm nehmen. Denn Regisseur Carney erhebt mit seinem Werk zu keinem Zeitpunkt Anspruch auf eine wirklichkeitsnahe Dokumentation, sondern erzählt mit einfachen, aber umso effektiveren Mitteln eine Wohlfühl-Geschichte, die den schönen Schein feiert und das tatsächliche Sein mehr oder weniger vernachlässigt. Vielleicht ist Ruffalos desillusionierter Charakter Dan zu Beginn noch das echteste Element in dieser Dramödie, welche im Anschluss auf sicher abgesteckten Pfaden verläuft, die man zwar jedem Menschen wünscht, dass er sie einmal beschreiten möge, die jedoch im echten Leben wohl mit deutlich mehr Stolpersteinen ausstaffiert sind.
Dass am Ende trotz berechtigter Kritik noch die Höchstwertung winkt, stellt die vielleicht größte Überraschung in diesem an sich doch eher einfachen Sommer-Film dar. Der Grund hierfür liegt in der Leichtigkeit, mit der das Einfache präsentiert wird. Selbst als schon relativ früh klar wird, wie der Dirigent den Taktstock schwingt, sorgt die Geschichte mit obligatorisch-romantischen Einschüben und einem der schönsten Filmenden dieses späten Kino-Sommers für ein Gute-Laune-Gefühl, wie man es viel zu selten im Kino erlebt. Und soviel sei verraten: Bei
„CAN A SONG SAVE YOUR LIFE?" geht die Liebe durch den Gehörgang und von dort aus direkt ins Herz. Insoweit spielt der musikalische Film gekonnt auf einer Klaviatur der Liebe, die weniger von klassischen
Rom-Com-Motiven, sondern vielmehr dem Leben als solchen inspiriert wurde. Denn ausgerechnet die in diversen Filmen immer nach demselben Muster ablaufenden Liebesangelegenheiten lassen sich hier einmal eben nicht so problemlos regeln. Eine erfrischende Besonderheit in einem herrlich unaufgeregten Sommerfilm, in dem von der darstellerischen Leistung, über das filmisch transportierte Sujet bis hin zur Musik einfach so gut wie alles stimmt. Selten war es schöner, Gelingen auf der Leinwand zu betrachten, noch dazu, weil der Zuschauer quasi als Dreingabe den 100-minütigen Soundtrack eines (Großstadt-)Lebens spendiert bekommt.
Fazit: Can a movie save your day? Ja, denn John Carneys aktuellste Filmperle verdrängt jede Melancholie mit Leichtigkeit.
Zusatzbemerkung zur DVD- und Blu-ray-Auswertung: Der Film ist ab dem 29.12.2014 im Handel auf DVD und Blu-ray erhältlich. Neben dem kontrastreichen und klar abgemischten Hauptfilm (ca. 100 Minuten) in Dolby Digital 5.1 (Deutsch und Englisch mit optional zuschaltbaren deutschen Untertiteln) warten noch Musikvideos der eingängigsten Filmstücke (Ohrwurm-Alarm!), ein umfangreiches Making-of zu den Dreharbeiten, diverse Trailer zu kommenden Filmhighlights sowie ein Wendecover ohne FSK-Logo auf den geneigten Film- und Musikfan. Insgesamt eine wirklich schöne und in sich stimmige Auswertung dieser kleinen Filmperle, die defintiv mehr als nur einen Blick wert ist. An dieser Stelle noch einmal vielen herzlichen Dank für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.
Cover & Szenenbilder: © 2014 STUDIOCANAL GmbH