Zunächst beginnt alles ganz harmlos: Detektiv Tom Welles (Nicolas Cage) ist unterwegs zu seinem nächsten Auftrag. Die Witwe Mrs. Christian bittet ihn, sich ein Video anzusehen, das sie im Safe ihres kürzlich verstorbenen Mannes gefunden hat. Tom willigt ein – und bereut es sichtlich, als er schließlich schweißüberströmt und mit der Faust im Mund vor dem Bildschirm hockt. Was er zu Gesicht bekommt, ist ein abartiger Porno, in dem ein junges Mädchen augenscheinlich auf brutalste Weise ermordet wird. Unglaublich, was man in der Filmbranche alles stellen kann – oder sind die Aufnahmen etwa echt? Toms Aufgabe ist es, genau das herauszufinden und festzustellen, ob das Mädchen noch lebt oder nicht.
Kaum zu glauben, aber diese Handlung basiert auf einem wahren Hintergrund. Um was es sich bei dem auffälligen Video dreht ist ein sogenannter Snuff-Film, ein Porno, bei dem die Gewaltszenen echt sind und Menschen zur Befriedigung eines perversen Publikums tatsächlich umgebracht (passender Ausdruck: „abgeschlachtet“) werden. Ob es diese Art von Film wirklich gibt, ist unklar, de facto gab es hierfür wohl noch nie einen Beweis und die Sache wird von einigen Quellen als Fantasie oder Hirngespinst abgetan, während sich auf der anderen Seite Vermutungen über ein wirkliches Vorhandensein solcher Snuff-Filme häufen. Was die Wirklichkeit offen lässt, wird in „8mm“ eindeutig beantwortet.
Mit diesem Hintergrundwissen wird dem Zuschauer die T
ragik des Films erst richtig bewusst. Weiterhin wird er mit moralischen Fragen konfrontiert, die kaum beantwortet werden können. So will Tom nämlich von der Mutter des seit Jahren verschwundenen Mädchens wissen, was ihr lieber wäre: zu wissen, dass ihre Tochter tot ist oder weiterhin und für immer in Unklarheit zu leben.
Im Laufe der Handlung fühlt sich der Zuschauer immer mehr mit der dunklen Seite der Wirklichkeit konfrontiert, denn Tom taucht in eine Welt ein, von der er wohl nie etwas wissen wollte und dennoch muss er sich damit auseinandersetzen, dass es sie gibt. Das Publikum findet sich wahrscheinlich in der Hauptfigur des Films wider, da auch der Detektiv aus einer heilen Welt mit einer liebevollen Ehefrau und einem süßen Baby kommt, aber etwas gegenübersteht, dass ihn zu zerstören vermag.
Emotionen werden hierbei wahrscheinlich nicht nur durch die Ernsthaftigkeit der Thematik, sondern auch durch die beeindruckende Musikwahl hervorgehoben. Wenn man darauf achtet, fällt einem auf, dass die Musik fast ununterbrochen im Hintergrund läuft und von orientalischen Klängen bis zu leisen Klaviertönen eine Bandbreite an Vielseitigkeit darbietet.
Ein weiteres Plus in diesem Film ist die Rolle des Pornovideothekars Max, der den Film zeitweise mit ein wenig Humor auflockert. So sieht man Schauspieler Joaquin Phoenix in einem bauchfreien Oberteil und einer engen Lederhose wie er Tom immer mal wieder eine „batteriebetriebene Vagina“ verkaufen will. Max stellt einen etwas verplanten, aber dennoch liebenswerten Kumpel dar, der Tom lustigerweise „Paps“ nennt und schließlich auch das Thema für den Film liefert: „Wenn du dich mit dem Teufel einlässt, veränderst du nicht den Teufel, sondern er verändert dich!“
Ein kleine Ungereimtheit im Film fällt als Minuspunkt auf: Detektiv Tom befindet sich in der Wohnung des vermissten Mädchens, die schon von der Polizei und dem FBI durchsucht wurde, um irgendwelche Spuren nach der unauffindbaren jungen Frau zu finden. Allerdings ergab dies sich wohl als vergeblich. Tom hingegen muss nur fünf Minuten in den fremden Räumlichkeiten zubringen, um schließlich das Tagebuch des Mädchens samt Abschiedsbrief zu finden.
Darüber kann man, sofern es einem überhaupt aufgefallen ist, getrost hinwegsehen. Das Ende allerdings ergibt sich als etwas enttäuschend und das wiederum lässt einen nicht so schnell los. Da Tom schließlich herausgefunden hat, dass das vermisste Mädchen für einen Snuff-Film tatsächlich ermordet wurde, sich die einzige Zeugin, die Witwe Mrs. Christian aber selbst das Leben genommen hat und zudem auch noch das einzige Beweisstück, nämlich der Film, ein Unikat, zerstört wurde, sieht sich der besorgte Ehemann und Vater außerstande, unternehmungslos zu bleiben und schreitet zur Selbstjustiz. Weil es also sinnlos wäre, die Polizei einzuschalten, bringt Tom die Verantwortlichen am Tod des Mädchens selbst zur Strecke.
Das erscheint einem nach fast zwei Stunden packender Intensität des Films als ein eher unbefriedigendes Ende. Warum geht dieser Film so aus? Die eine Antwort wäre, dass sich die Macher von „8mm“ ihrem Wunsch nach einem Helden, der – im Namen der Gerechtigkeit selbstverständlich – eigens Hand anlegt und die Mörder des getöteten Mädchens spüren lässt, was sie ihrem Opfer antaten. Oder aber ist das Ende eine Anspielung auf Max’ Theorie, dass der Teufel einen verändert, wenn man sich zu sehr auf ihn einlässt? Ist es der Teil einer Hölle, die Tom so verabscheute und die dann doch von ihm Besitz ergriff?
Während man darüber nachdenkt, kann man sich eingestehen, dass „8mm“ selbst in der geschnittenen 16er Version sicherlich keine leichte Kost ist und das nicht unbedingt wegen der brutalen Szenen, die man – geschnitten oder unzensiert – zu sehen bekommt, sondern aufgrund der sehr ernsten Thematik. „8mm“ ist spannend und mehr als das – er ist aufrüttelnd und schockierend, irgendwie auch belastend, kurzum: ein Film, den man so schnell nicht vergisst.